„Trostfrauen“-Mahnmal in Berlin: Erinnerung unerwünscht
Die Zukunft der Trostfrauenstatue ist ungewiss. Gegen eine Räumungsverfügung des Bezirks Mitte wehrt sich der Korea-Verband.
Die Statue, auch Friedensstatue genannt, erinnert an Verbrechen durch das japanische Militär im Zweiten Weltkrieg. Rund 200.000 asiatische Frauen mussten den Soldaten als Sexsklavinnen, genannt „Trostfrauen“ zu Diensten sein. Viele überlebten das nicht. Sie kamen aus Korea, Japan, den Philippinen und weiteren asiatischen Staaten, einzelne waren auch Europäerinnen.
Wo auch immer so eine Statue in aller Welt daran erinnert, kann man auf Proteste der japanischen Regierung oder ihrer Auslandsvertretungen warten. Denn das Thema Erinnerungskultur ist in Japan schwierig. Im Falle der Berliner Statue hat Tokio sowohl bei der Bundesregierung, bei Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und im grün regierten Bezirksamt Mitte Protest eingelegt.
Zuständig für die Aufstellung von Denkmälern ist der Bezirk. Er begründet die Räumungsverfügung allerdings nicht mit den Protesten aus Tokio, sondern mit formalen Gründen: In Mitte dürfen privat initiierte Denkmäler nur maximal zwei Jahre im öffentlichen Raum stehen, es sei denn, sie sind aus einem Kunstwettbewerb hervorgegangen.
Geräumt werden sollen auch der Große Lastenbär, der vor der Zionskirche steht und an die Lasten der Coronazeit erinnert, die Kircheninstallation Lux Bethlehem, die an die von böhmischen Glaubensflüchtlingen zu Zeiten Friedrichs des Großen errichtete Bethlehemkirche erinnert sowie ein zerbrochenes Gewehr vor dem Antikriegsmuseum. Der angeordnete Bildersturm hat aber noch nicht stattgefunden. Alle Skulpturen stehen noch, juristische Verfahren laufen.
Protestmarsch von der Friedensstatue am Dienstag
Der Trostfrauenstatue hat der Bezirk einen Umzug nur wenige Meter weiter auf das Geländer einer Wohnungsgenossenschaft angeboten. Das lehnt der Korea-Verband ab, sagt deren Vorsitzende Nataly Jung-Hwa Han der taz. „Das Thema sexualisierte Gewalt in kriegerischen Konflikten gehört in den öffentlichen Raum und kann nicht auf ein privates Grundstück abgeschoben werden.“
Vor dem Denkmal finden zahlreiche Bildungsveranstaltungen und Konzerte statt, die nicht immer leise seien. „Auf privatem Grund müssten diese Veranstaltungen alle von der Wohnungsgenossenschaft genehmigt werden und da wäre die Genossenschaft in einer Klemme, wenn ihren Mietern die Veranstaltungen direkt vor ihrer Haustür zu laut sind.“
Am Dienstagnachmittag riefen 19 Organisationen zu einem Protestmarsch von der Friedensstatue zum Rathaus Tiergarten auf. Unter dem Motto „Erinnerung braucht Orte – keine Räumungsbefehle“ haben unter anderem SPD, Linke, Grüne, Omas gegen Rechts, die Japanische Fraueninitiative und weitere migrantische Gruppen ihre Teilnahme zugesagt.
Mitte besteht auf dem Abbau der Statue. Bezirksamtssprecherin Julia Mösch sagte der taz, der Bezirk könne ab Mittwoch Zwangsgeld festsetzen, falls das Verwaltungsgericht nicht bis dahin anders entscheide.
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