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Transgeschlechtlichkeit und MutterschaftKönnen Frauen alles sein?

Im Kampf um Selbstbestimmung schließt der Feminismus trans Frauen aus. Auch der Staat ist auf ein Kind mit zwei leiblichen Müttern nicht vorbereitet.

Ihr Kind hat zwei leibliche Mütter, ganz ohne Mann: Felicia Ewert Foto: Bernd Hartung

Mein Kind hat zwei leibliche Mütter. Meine Frau und mich. Als meine Frau noch schwanger war, kam es des Öfteren zu wundervollen Sätzen wie „Kennen Sie den Samenspender persönlich?“, „Ist die Blutgruppe des Vaters bekannt und gab es irgendwelche familiären Vorerkrankungen in dessen Familie?“. Wir sagten dann gerne: „Die SamenspenderIN steht vor Ihnen.“ Ich habe auf die Frage nach der Blutgruppe und nach Erkrankungen oft selbst geantwortet, was mir meist fragende Blicke einbrachte.

Zumindest sind wir aber einer Kinderärztin begegnet, die so weit sensibilisiert war, dass sie uns zunächst ohne große Erklärungen „gebärende und zweite Mama“ nannte. Auch nachdem wir mehr erklärt hatten, sagte sie nur: „Zwei leibliche Mütter? Wie praktisch, so ganz ohne notwendigen Mann.“ Wir sind immer noch ganz angetan von ihr.

Im restlichen Leben sind die Kommentare leider nicht immer so aufgeklärt. Zwei Mütter? Darf das sein? Natürlich blieben wir auch nicht von Vermutungen verschont, wie wohl die Zeugung vonstatten gegangen sein muss. Und nicht nur Hobbypsychologen, sondern auch der deutsche Staat ist, wenn es um eine trans Frau geht, schnell der Meinung: „Wenn sie sich für ein Kind entschlossen hat, zeigt dies ganz klar, dass sie mit ihrem Geschlecht wohl doch nicht so sicher war.“

Das Private ist politisch

Ich schreibe seit mehreren Jahren öffentlich auf Twitter über meinen Weg und lasse hierbei auch keine intimen Details aus. Auch mein Privates ist politisch. Frausein und Transgeschlechtlichkeit sind politisch. Auch wenn das verletzlich macht, gibt es mir die Möglichkeit, so über mich zu sprechen, wie ich es für richtig halte. Es geht um Selbstbestimmung.

Frauen*kampftag bei taz.de

Am 8. März veröffentlichen wir auf taz.de nur Beiträge von Frauen* und nicht-binären Menschen, und auch nur diese kommen darin vor: als Expert*innen, als Protagonist*innen, auf den Fotos. Trotzdem beschäftigen wir uns nicht primär mit dem, was im allgemeinen Sprachgebrauch gern als „Frauenthemen“ bezeichnet wird – sondern mit dem Tagesgeschehen.

Dass ich mich mit diesen Sprüchen überhaupt auseinandersetze, liegt daran, dass ich nicht nur für mich spreche, sondern auch für andere Eltern, die sich wünschen, mit ihren Geschlechtern und Titeln respektiert zu werden, bei leiblicher und nichtleiblicher Elternschaft.

Für meine Frau stellte sich zu keiner Zeit die Frage, ob ich „auch Mutter“ sein darf. Doch selbst vermeintlich aufgeklärte Menschen sagen Dinge wie: „Selbstverständlich ist Felicia eine Frau, aber in Bezug auf ihr Kind ist sie nun mal biologisch betrachtet der Vater.“

Das zeigt zwei Dinge. Erstens: Zu welch akrobatischen Verrenkungen cis Personen mitunter bereit sind, nur um alles in die ihnen bekannten Schubladen zu stopfen. Nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht. Sie wollen einerseits respektvoll erscheinen, aber ebenso dringend müssen sie ihre privilegierte cis Position als „Normalzustand“ verteidigen. Alles nur, damit sie sich nicht eingestehen müssen, dass sie selbst Teil einer lediglich von Menschen erdachten Ordnung, der Zweigeschlechtlichkeit, sind. Und zweitens: Viele cis Personen betrachten Dinge meistens gerne vor allem dann „biologisch“, sobald es um eine trans Person geht.

Aber meinetwegen: „Biologisch betrachtet“ bin ich ein leibliches Elternteil unseres Kindes. Nebenbei bin ich eine Frau, gemeinhin nennt man das dann Mutter. Es geht um geschlechtergerechte Sprache, ein ziemlich bekannter Anspruch des Feminismus, der aber selbst von leidenschaftlichen FeministInnen gerne mal vergessen wird, wenn es um trans Personen geht. In meinen Gesprächen mit cis FeministInnen kippt die Stimmung – online und offline – erfahrungsgemäß meist genau dann, wenn sie mitkriegen, dass eine transgeschlechtliche Frau ihnen gerade Misogynie vorwirft.

Ringen um Selbstbestimmung und Anerkennung

Dieses Ringen um Selbstbestimmung und Anerkennung ist in einem zwischenmenschlichen Kontext unangenehm, manchmal schmerzhaft. Was aber viel schlimmer ist: Die deutsche Gesetzgebung arbeitet gegen mich. Allein dass trans Personen einer eigenen Gesetzgebung unterliegen, ist schon ein Bekenntnis gegen jegliche Gleichstellung. Es geht ums sogenannte Transsexuellengesetz (TSG). Es ist seit Januar 1981 in Kraft und erreicht somit bald sein 40-jähriges Bestehen. Die Glückwünsche setze ich an dieser Stelle mal aus.

Zwei Mütter erwarten ein gemeinsames Kind Illustration: Xueh Magrini Troll

Für mich bedeutet das, dass es nur durch mein Geschlecht allein, nur durch meine Existenz, bereits nötig ist, dass ich mich mit diesem Gesetz beschäftige. Für die rechtliche Anerkennung meines Frauseins musste ich nicht nur acht Monate meiner Lebenszeit für eine gerichtliche Anhörung, zwei mehrstündige Gutachtensitzungen und viel Wartezeit investieren, sondern auch 1.200 Euro für Gutachten und Verwaltungsgebühren bezahlen und mit der völligen Offenlegung meines Privatlebens gegenüber fremden Personen umgehen.

In zwei ärztlichen Gutachten wurde unter anderem genau festgehalten, wie ich aufgewachsen bin, welche Schulbildung ich bekam, welche berufliche Entwicklung, was für familiäre Verhältnisse, welche sexuellen und romantischen Beziehungen ich hatte und ebenso weshalb ich mich kleide, wie ich es tue – und sogar wie meine Stimme klingt musste da festgestellt werden. Das Ergebnis: Meine Stimme klingt „weiblich“ und ich kann das durch lautes Lesen und Singen zeigen.

In den 40 Jahren wurden verschiedene einschneidende Passagen des Gesetzes mit dem Grundgesetz als unvereinbar eingestuft. Passagen wie der Operationszwang, also verpflichtende operative Eingriffe wie Vulva- und Vaginalplastik, Mastektomie oder auch der Zwang zur Sterilisation wurden 2011 nach verschiedenen Klagen aufgehoben.

Dennoch ist dieses juristische Ungetüm noch da. Ein Geschlechtsidentitätsgesetz, das die Anpassung des Geschlechtseintrags ohne Begutachtung ermöglichen könnte, wie es in anderen Ländern bereits existiert, lässt bei einigen Leuten aber die Sorge aufkommen, dass es cis Männer massenweise ermutigen könnte, ihren Geschlechtseintrag zu ändern, um Räume für Frauen zu betreten. Hier werden also mal wieder die Rechte von mehrfach marginalisierten Personen dem möglichen Handeln von cis Männern untergeordnet.

Geschlechtsneutrale Erfassung von Eltern existiert nicht

Für meine Frau und mich ist es aktuell ein Problem, dass das TSG auch nach den vielen „Lockerungen“ in der Praxis bedeutet, dass meine Frau in der Geburtsurkunde unseres Kindes neben einem nicht existenten Mann aufgeführt ist. Allein das zu erreichen, hat fast zwei Monate gedauert, da wir „ein Fall“ waren, den das Standesamt „so noch nie zuvor hatte“. Die Alternative wäre gewesen, so zu tun, als wäre ich nicht die Mutter meines leiblichen Kindes, um es dann in einem langen und aufwändigen Verfahren zu adoptieren, um dann als zweite Mutter mit meinem Namen erfasst zu werden. Andere Optionen gibt es rechtlich derzeit nicht. Eine geschlechtsneutrale Erfassung von Eltern und Erziehungsberechtigten existiert in Deutschland nicht.

Transgeschlechtliche Menschen werden ständig bewertet. Es wird stets über unsere Geschlechter geurteilt. Wir werden dafür kritisiert, mit welcher Unnachgiebigkeit wir Respekt für unserer Existenz einfordern. Das klingt irgendwie bekannt? Körperliche und geschlechtliche Selbstbestimmung fordern und fordern zu müssen, weil man sie von alleine nicht bekommt? Genau, wieder so ein Anspruch des Feminismus.

Doch wenn es „nur“ um Selbstbestimmung geht: Wieso ist es so vielen Cisgenders dennoch so wichtig, festzulegen, wer welches Geschlecht haben darf und wer nicht? Darauf gibt es zweierlei Antworten. Erstens: Transgeschlechtliche Menschen gelten als Störfaktor. Einfach, weil wir öffentlich existieren. Ja, das gilt auch für wichtige feministische Kämpfe, etwa um reproduktive Rechte. Bisher wird für das Frausein und die Mutterschaft aber immer noch das Gebären vorausgesetzt.

Doch wir wollen nicht als zwangsweises Neutrum irgendwo „mitgedacht“ werden und warten, bis wir dran sind. Wir existieren hier und jetzt. Wir wollen die feministischen Kämpfe ja nicht aufhalten, sondern ein Teil davon sein. Mit unseren Geschlechtern und nicht getrennt davon, für die Sache. Wir wollen diese Kämpfe inklusiver, geschlechtersensibler und besser machen.

Gewalt durch cis Personen

Ein weiterer Grund, wieso Cisgenders mir mitunter verhalten begegnen, ist, dass einige Männer Angst haben, irgendwann nur noch für die Zeugung notwendig zu sein. Durch Frauen wie mich scheint diese Angst einen Anlass zu bekommen. Das kann zu einem erheblichen Bedrohungspotenzial führen. Nicht für die cis Männer, sondern für mich – ich werden von solchen Männern beleidigt, erhalte körperliche, oft sexualisierte Drohungen. Doch auch cis Frauen sehen sich durch meine Mutterschaft herausgefordert und stellen sie in Frage, weil sie die Mutterschaft als ihr Vorrecht sehen.

Statt Menschen zu respektieren und die Fähigkeit zur Reproduktion für sich zu betrachten, wird sie stets in zwei Kategorien eingeteilt und vergeschlechtlicht – gegen jede Lebensrealität. Hier zeigt sich die Wirkweise von Transfeindlichkeit, nämlich Einschluss und Ausschluss. Transgeschlechtliche Frauen werden vom Frausein ausgeschlossen und als Männer definiert. Trans Männer und viele nichtbinäre Personen wiederum, werden als Frauen vereinnahmt, ohne welche zu sein. Oftmals wird auch von „Frauen*“ gesprochen, um Inklusion vorzugeben. Ja, auch zum „Frauen*(kampf)tag“.

Bei allen Attacken, ob Beleidigung oder gar Gewaltandrohung, geht es nie nur um den Titel „Mutter“, sondern um einen Angriff auf mein Frausein und meine Weiblichkeit. Doch Frauen können alles sein. Manche sind lesbisch, manche transgeschlechtlich und manche Mütter. Manche sind all das gleichzeitig. Und 8. März ist jeden Tag.

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26 Kommentare

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  • Also ich kann Frau Ewert nur zustimmen! Ich stehe vor genau den gleichen Problemen: Ich bin eine lesbische, transidente Frau und auch verheiratet. Und ich habe meine Ehefrau sicher nicht aus Spaß geheiratet, sondern weil wir eine Familie gründen wollen. Meine Frau will auch ein Kind mit mir, also einer Frau, und nicht mit irgendeinem Mann, der gar nicht existiert.



    Und das ist letztlich der Kern des Problems, aber das übersehen viele. Seit meiner Vornamens-und Personenstandesänderung ist die männliche Identität, die mir bei der Geburt zugewiesen wurde, juristisch tot; die existiert nicht mehr. Ich habe eine neue Geburtsurkunde und eine neue Sozialversicherungsnummer bekommen.



    Also welchen Sinn macht es, diese nicht existierende Identität in die Geburtsurkunde meines leiblichen Kindes einzutragen? Das macht gar keinen Sinn, außer dass nicht anerkannt wird, dass das Kind von mir abstammt, sondern stattdessen eine Person eingesetzt wird, die es im juristischen Sinne nicht gibt.



    Das halte ich rechtlich für äußerst bedenklich, da ich de-facto nicht Erziehungsberechtigte bin, weil das nämlich nur die Eltern. Also wenn man es genau nimmt habe ich in Erziehungsfragen und bei der Informationspflicht über mein Kind gar nicht zu melden, weil man meine Elternschaft nicht anerkennt. In der Zukunft sehe ich auch erhebliche Probleme beim Erbrecht: Wie soll mein Kind beweisen, dass es mein leibliches Kind, wenn ich sterbe und der Erbfall eintritt? Bestimmt nicht mit seiner Geburtsurkunde, daraus ist es nicht ersichtlich. Im schlimmsten Fall hält dann der Fiskus die Hand auf und kassiert die volle Erbschaftssteuer, weil mein Kind nicht als direkter Nachkomme zählt.

    Ich sehe massive Probleme, die weit über die Frage von Begrifflichkeiten wie "Vater" oder "Mutter" hinausgehen. Darum sollte man sich viel eher Gedanken, dass hier für die Kinder und die Eltern Rechtssicherheit geschaffen wird.

    • @Phoebe Klein:

      danke! auch in Verbindung mit dem Kommentar weiter unten sehr sehr wichtige Punkte!

      • @LajosH:

        Bitte, gerne! :-) Ich sage immer: Fragt uns Betroffene doch einfach nach unserer Meinung. Schließlich sind wir es, die mit diesen Gesetzen und Entscheidungen klar kommen müssen, auch wenn wir davon nicht begeistert sind und es uns das Leben schwer macht.



        Da wäre schon nett einen Dialog zu führen und zu mindestens zu fragen, ob man etwas anders verbessern kann.



        Wie gesagt, ich würde mir eine Verbesserung der Rechtslage wünschen, weil mir die aktuelle Konstallation viel zu unsicher erscheint.

  • Warum diese Verrenkungen? Wir sollten endlich aufhören, "Väter" und "Mütter" zu unterscheiden. Väter haben mit vielen Diskriminierungen zu kämpfen, wenn sie sich genauso selbstverständlich für ihre Kinder engagieren wie Mütter. Wenn wir also nach der Geburt aufhören hier künstliche Unterschiede zu machen, könnten wir einfach zwei Eltern haben. Wer dann das altmodische "Vater" und "Mutter" noch haben möchte, kann dann zu männlichen Elternteilen "Vater" und zu weiblichen Elternteilen "Mutter" sagen. Aber rechtlich sollte es nur noch Eltern geben.

  • Klar können Frauen alles. Frauen sind muttitasking! ;-)

  • Ich sehe das ein bisschen wie die Ostseefrau

    "Nebenbei bin ich eine Frau, gemeinhin nennt man das dann Mutter."

    Man kann nicht auf der einen Seite gegen traditionelle Bezeichnung und Rollen herziehen, aber auf der andere Seite diese für sich beanspruchen

    Genauso klar ist aber. Es brauch immer einen Mann und eine Frau (möge man es nennen wie man möchte) um Nachwuchs zu zeugen. Diese Biologie ist in keinster Weise vom Menschen gemacht, sondern die natürliche Grundlage dieser Welt.

    Wie das Kind dann erzogen und sozialisiert wird ist natürlich eine ganz andere Geschichte und hat mit dem Zeugungsakt nix zu tun.

    Ich beschäftige mich eher weniger mit dieser ganzen Problematik, weil es meiner Meinung auch sehr aufgeblasen und theoretisch ist. Man bekommt den Eindruck es wird im Elfenbeinturm an den Menschen vorbei gesprochen. Gender Diskussion als Hobby der modernen intelektuellen Frau...Früher haben sie mal für Wahlrecht, Befreiung der Unterdrückten gekämpft..... Und wehe man erlaubt sich auch nur die kleineste Kritik zu äußern, und dann noch als Mann. Meinungsfreiheit gilt eben auch nur für die eigene Meinung. Ich kann Frau Ewerts Unmut über die "elitären" Feministinnen verstehen

    Für mich gilt uneingeschränkt Artikel 1 des Grundgesetzes, für alle.

    Dennoch ein sehr interessanter Artikel. Ich möchte mir gar nicht vorstellen welchen Spießrutenlauf Frau Erwert täglich erlebt, wenn sie sich bei Ämtern vorstellen muss bzw. Außenstehenden die Dinge erläutert....Wie gesagt ARt 1

  • 9G
    93441 (Profil gelöscht)

    " Nebenbei bin ich eine Frau, gemeinhin nennt man das dann Mutter."

    Falsch.



    "§ 1591 Mutterschaft (BGB)



    Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat."

    Frau Ewert hat ihr Kind nicht geboren, sondern gezeugt und ist daher juristisch gesehen der biologische Vater, wenn sie es anerkannt hat, auch der juristische Vater.

    Ich habe btw. überhaupt kein Problem damit, Transfrauen sozial als Frauen zu sehen und anzusprechen, wenn sie das möchten (was immer das heißt im weiteren Sinne).

    • @93441 (Profil gelöscht):

      Das ist aber nur die deutsche Rechtsauffassung, andere Länder haben andere Bestimmungen. Gerade die Länder, in denen eine Leihmutterschaft legal ist.



      Hier gibt es dann zwei Möglichkeiten:



      1. Der Embryo mit dem genetischen Potential der (bestellenden) Eltern wird einer (anderen) Frau, der „Tragemutter“, in die Gebärmutter implantiert und führt dort zu einer Schwangerschaft. Die Frau trägt damit ein fremdes, nicht körpereigenes Embryo aus. Nach der Geburt ist sie lediglich die soziale, die „Sorgemutter“, die sich verpflichtet hat, das Kind an die biologische (genetische) Mutter oder den Vater, weiterzureichen. Die Auftrags- oder Tragemutter übernimmt damit allein eine „Gebärfunktion“ und ist erblich nicht verwandt mit dem Embryo bzw. dem Kind. Die rechtliche Situation ist abhängig von den Gesetzen des jeweiligen Staates.



      2. Die Eizelle einer Frau wird mit dem Sperma eines bekannten oder unbekannten Mannes inseminiert. Damit ist sie die leibliche, die genetische und austragende, gebärende Mutter. Gibt sie ihr Kind an den leiblichen genetischen Vater weiter, so übernimmt dessen Frau die Rolle einer sozialen Mutter.

      Allein daraus ergibt sich, dass Mutterschaft kein feststehender Begriff ist, sondern eine Definitionsfrage, aus der sich rechtliche Ansprüche ableiten lassen oder auch nicht.



      Deutsche Paare, die eine Leihmutterschaft im Ausland in Anspruch nehmen, sehen sich meistens einem juristischen Moloch gegenüber, da das deutsche Recht die Elternschaft u.U. nicht anerkennt.



      Juristisch ist eben nicht alles abgedeckt was medizinisch möglich ist.

      Und im letzten Absatz sehe ich einfach nur eine Schutzbehauptung. Ich mußte noch nie jemanden sagen, dass ich eine Frau bin, weil es einfach offensichtlich ist, dass ich wirklich eine bin. Aber manche Menschen begreifen Transgeschlechtlichkeit erst als real, wenn sie mich oder andere in Fleisch und Blut vor sich haben. Das sind zu mindestens meine Erfahrungen.

      • 9G
        93441 (Profil gelöscht)
        @Phoebe Klein:

        Da Leihmutterschaft in Deutschland nicht legal ist, stellt sich hier diese ganze Frage nicht.



        Und sollte es Bestrebungen geben, dies zu ändern, wäre für mich wirklich das feministisch ertragbare Maß voll.



        Frauen sind kein Zuchtvieh.

    • @93441 (Profil gelöscht):

      immerhin weißt du offensichtlich selbst, dass du kein tatsächliches Argument hast. weil ein Gesetzestext ist (genau wie Wörterbuchdefinitionen) alles andere als unendlich gültig oder gar eine unveränderliche Naturgewalt. sondern menschgemacht. also von Personen mit bestimmten Vorstellungen und Meinungen, die bei sowas ja auch mit einfließen (siehe: jedes veraltete Gruselgesetz, das irgendwann angeschafft/geändert wurde). Zumal ja auch gebärende Transmänner (vulgo: Männer) dieser Mutterschaftsdefinition widerspricht.



      zuletzt: wenn du ach so aufgeschlossen bist, kommt es dir dann nicht n bisschen merkwürdig vor, dass du einer Frau eine männliche Rolle zusprichst? und das auch noch ganz explizit gegen ihren Willen?

    • @93441 (Profil gelöscht):

      Eigentlich sind Sie ja tolerant :-)

  • auch die physische Realität ist, dass die Autorin Frau, Mutter und Lesbe ist. nur dass eben keine dieser Kategorien eine unbedingt physiologische ist, sondern eben eine soziale. aber selbst wenn eine Physiologie angenommen würde, würde und könnte sich daran nichts ändern.



    Zumal: es geht um ein Paar mit Kind; nicht Krankheit und Tod

  • Auch auf die Gefahr hin hier meine eigene Ignoranz bzgl. des Themas zu offenbaren, hätte ich an dieser Stelle eine Verständnisfrage. Was an dem hier zitierten Satz "Selbstverständlich ist Felicia eine Frau, aber in Bezug auf ihr Kind ist sie nun mal biologisch betrachtet der Vater.“ ist genau falsch?



    Ich denke einmal das "in Bezug auf Ihr Kind" ist wahrscheinlich schon einmal viel zu vage und wenn überhaupt wäre wohl ein "in Bezug auf den Zeugungsprozess" angebrachter. Und dann kann man sich sicher auch überlegen, ob man das "Vater" weglässt und dafür ein neutraleres Wort wie "Zeugende" etabliert. Aber generell finde ich nicht, dass es da so einfach ist, da einer Seite so einfach die Deutungshoheit zu geben, da faktisch Begriffe wie Mann/Frau odet Mutter/Vater halt bisher unglücklicherweise immer doppeldeutig definiert wurden, einmal in Bezug auf den Reproduktionsprozess und einmal auf eher "menschlicher" Ebene. Und in diesem Sinne meint halt z.B. Mutter im bisher unreflektiert etablierten Gebrauch sowohl "weibliches Elternteil" als auch "gebährendes Elternteil". Von daher finde ich es jetzt auch irgendwie schwierig da irgendjemandem direkt Vorwürfe zu machen, wenn eine Person den Begriff jetzt "falsch" benutzt und sich nur auf die eine oder andere Seite der Definition bezieht. Dafür ist der gesellschaftliche Dialog einfach noch nicht weit genug, dass das wirklich bei allen angekommen ist. Ich bin mir ja selber auch gerade nicht sicher, ob ich das hier wirklich richtig reprästentiere oder irgendwelche groben faktischen Fehler mache. Ich finde es nur immer schwierig solche Sätze wie der oben zitierte gleich als "offensichtlich falsch" oder im Extremfall sogar als eine böse Absicht implizierend darzustellen, wenn ich das Gefühl habe, das in solchen Fällen beide Seiten des Dialogs einfach mit unterschiedlichen Definitionen der Grundbegriffe arbeiten und deswegen schlicht aneinander vorbeireden.



    Oder misrepräsentiere ich hier irgendetwas grob? Wenn ja, bitte sagen.

    • @Snip Snap:

      Bei dem Thema bin ich alleine schon froh, dass du deine Bedenken höflich und möglichst sachlich formulierst =] mit der Biologie ist das ja so eine Sache, weil die ja nun auch menschgemacht und in der Vergangenheit vor allem manngemacht ist (Stichwort: "Säugetiere" und das Ammenwesen zB). weil rein biologisch ist die Verschmelzung von Ei- und Samenzelle einfach nur notwendig und alles andere erstmal egal -- aber das ist ja auch schon direkt ein Problem, das auch im Text angesprochen: dass es um 'Biologie' immer nur dann plötzlich geht, wenn Trans*Personen im Zentrum stehen. einfache Überlegung: sind die Rollen 'Mutter' und 'Vater' nur darauf fixiert, wer wem was wohin gesteckt hat (und wird diese Überlegung auch immer gedanklich mit aufgerufen? auch bei den eigenen Eltern?) oder werden auch Eltern in Patchwork-Familien oder mit Adoptivkindern schlicht 'Mutter' und 'Vater' genannt, in Abhängigkeit von der Rolle, die sie dem Kind gegenüber einnehmen? und natürlich gibt es Ausdrücke wie 'Adoptivmutter', aber diese werden ja eher dann eingesetzt, wenn eben nicht (nur) die soziale Rolle wichtig ist, beispielsweise bei möglichen Erbkrankheiten. deswegen sind 'Vater' und 'Mutter' schlicht soziale Rollen (wie 'Schwester' und 'Bruder'), die nur in Relation zu einer anderen Person Sinn ergeben (ein Einzelkind ist weder Schwester noch Bruder; ein verheiratetes Heteropaar ist nicht plötzlich Mutter und Vater). aber diese semantische Vermischung ist eben dem Umstand geschuldet, dass auch Biologie als Wissenschaft nicht unabhängig ist (oder sein kann) von den Menschen, die sie betreiben und sie entsprechend auch soziale Realitäten/ ideelle Vorstellungen der Forschenden reflektieren (wieder der Hinweis auf die Kategorie 'Säugetier').

      • @LajosH:

        Teil 2:



        Bzw Ihre Ausführungen zur Biologie fide ich auch nachvollziehbar und würde dem zustimmen, nur nicht unbedingt den Konsequenzen, die die Autorin daraus zieht. Faktisch ist es nun einmal so, dass zum Beispiel bestimmte Pflanzenteile oder Mitglieder einer spezies z.B. als männlich/weiblich etc. bezeichnet werden auf alleiniger Basis der reproduktiven Funktion, die diese Teile/Individuen ausüben. Dass das und die daraus entstehenden Doppeldeutigkeiten problematisch sind und überhaupt nur aufgrund eines gewissen "Bias" oder eine nicht-repräsentativen Lebenswelt der entsprechenden Forscher ist natürlich auch vollkommen richtig. Nur finde ich, dass es etwas zu weit geht, gleich jedem, der diese Kategorisierungen z.B. aufgrund des Biologieunterrichts in der Schule verinnerlicht hat, dies aktiv zum Vorwurf zu machen. Entsprechend finde ich folgende Artikelpassage persönlich auch viel zu scharf:



        "Erstens: Zu welch akrobatischen Verrenkungen cis Personen mitunter bereit sind, nur um alles in die ihnen bekannten Schubladen zu stopfen. Nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht. Sie wollen einerseits respektvoll erscheinen, aber ebenso dringend müssen sie ihre privilegierte cis Position als „Normalzustand“ verteidigen. "

        Solche Aussagen gleich automatisch als eine gewollte Verteidigung von priviligierten Positionen zu sehen, nur weil die internalisierten biologischen Konzepte aus einer solchen hervorgegangen sind (wessen sich der Aussagende in den meisten Fällen gar nicht bewusst sein wird) halte ich schlicht und einfach für falsch. In manchen Fällen steckt sicherlich genau das dahinter, in manchen aber auch sicherlich nicht und ist reines Unverständnis oder Unwissen über die eigene begriffliche Unschärfe. Insofern fände ich die zitierte Aussage, zumindest insofern sie als allgemeine und nicht als auf spezifische Fälle bezogene gedacht ist, deutlich zu hart und unangemessen.

        • @Snip Snap:

          freut mich, dass du bei meiner Argumentation mitgehen magst =] ich kann und will nur aber leider nicht für die Autorin sprechen. aber ich würde ihrer Erfahrung einfach mal glauben. weil es gibt bei zu vielen Dingen Menschen, die sich und ihre Ansichten für völlig unbedenklich halten, es aber nicht sind (zB Trump, der sich als Frauenfreund sieht). und ich kann mir vorstellen, dass der Autorin oft genug Situationen entstehen, wo Leute ungefragt immer weiter invasive und unappetitliche Fragen stellen. meinetwegen aus Neugier, aber die nächste Frage muss doch dann sein: woher diese Neugier, bzw was ist so 'neu' an der ganzen Sache. und 'neu' meint häufig anders und von anders ist es nicht weit zu Negativerem. natürlich ist das eine Extrapolation und sicherlich gibt es Ausnahmen. die große Mehrheit wird aber genau diesem slippery slope auf den Leim gehen und doch wieder dieselben unangebrachten Fragen stellen wie alle anderen auch (hier in der taz war letztens ja auch ein Bericht zu der Transgender Abgeordneten im Bayerischen Landtag (ich habe leider ihren Namen vergessen...) und sie berichtet selbst kürzeste Zeit nach ihrem Outing genau davon). und echte Neugier kann man auch erstmal für sich stillen, statt dass die entsprechenden Personen Erklärbär*innen für alles spielen müssen. ich empfehle die YouTuberin "Contrapoints" (Natalie Wynn) und in Bezug auf internalisierten Bias das Video "Are Traps Gay?"

      • @LajosH:

        @Lajosh:



        Vielen Dank für die ausführliche Antwort, hier noch ein paar Bemerkungen meinerseits.







        "...aber das ist ja auch schon direkt ein Problem, das auch im Text angesprochen: dass es um 'Biologie' immer nur dann plötzlich geht, wenn Trans*Personen im Zentrum stehen. "

        Gut, das ist natürlich vollkommen richtig und das so etwas allgemein vollkommen unnötig ist, darüber muss auch mMn nicht gestritten werden, das ist es schlicht und einfach. Vielleicht habe ich die Aussage im Artikel auch etwas falsch eingeordnet, weil es in den Absätzen davor noch Schwangerschaft und Arztbesuche angesprochen wurden und in solchen Kontexten solche Fragen, auch wenn sie vielleicht semantisch falsch formuliert sind, ja durchaus eine Rolle spielen können. In allen anderen Kontexten ist es natürlich Schwachsinn plötzlich artifiziell die Biologie zu bemühen, da stimme ich Ihnen und dem Artikel voll zu.



        Nur bei dem anderen Teil der Begründung und Ihren Ausführungen zur Biologie steige ich noch nicht ganz durch. Siehe dazu meinen nächsten Post.

    • @Snip Snap:

      " Was an dem hier zitierten Satz "Selbstverständlich ist Felicia eine Frau, aber in Bezug auf ihr Kind ist sie nun mal biologisch betrachtet der Vater.“ ist genau falsch?"

      Wissenschaftlich gesehen nichts. Aber für die Betroffenen ist es extrem nervig, immer wieder darauf angesprochen zu werden.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Und darum soll man physische Realitäten einfach ignorieren? Das geht übrigens nur, so lange man gesund oder nicht am Sterben ist. Denn dann wird die Physis über allem anderen dominant.

        • @resto:

          Gegenfrage. Warum muss man ständig darüber reden? Darum geht es. Es ist völlig unnötig, ständig die Frage aufzuwerfen, aus wessen Körper sie Samenzelle stammt. Das Kind hat zwei Mütter. Fertig.

          Wenn ein lesbisches Paar Kinder aufzieht, muss man auch nicht immer Fragen, wie sie entstanden sind. Oder haben Sie schon mal ein Heteropaar nach den technischen Einzelheiten der Entstehung seiner Kinder gefragt?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Der Begriff "Vater" ist meines Erachtens nach kein wissenschaftlicher. Ich habe jedenfalls in keiner (nicht auf Kinder) zugeschnittenen Naturdoku ernsthaft vom Vater dieser oder jener Viecher gehört. "Vater" beschreibt primär eine soziale Rolle, mit starken Assoziationen in Bezug auf ein Familienkonstrukt.

        • @Kawabunga:

          Können wir uns darauf einigen, dass mit "Vater" die Person gemeint ist, von der die Samenzellen stammen?

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Aber wieso ist da der Hinweis auf eine soziale Rolle notwendig? Ein Samenspender ist ein Samenspender, kein Vater. Auch wenn ein Vater oder eine Mutter das andere Elternteil verlässt und mit dem Kind bis zum Tod nichts mehr zu tun hat, dann wird die soziale Rolle eben auch nicht erfüllt, ist die Person zwar an der Zeugung beteiligt, aber eben nicht Mutter oder Vater.

            • @LajosH:

              "Ein Samenspender ist ein Samenspender, kein Vater. Auch wenn ein Vater oder eine Mutter das andere Elternteil verlässt und mit dem Kind bis zum Tod nichts mehr zu tun hat, dann wird die soziale Rolle eben auch nicht erfüllt, ist die Person zwar an der Zeugung beteiligt, aber eben nicht Mutter oder Vater."

              Naja, das geht jetzt aber tatsächlich etwas an der allgemeinen Wortverwendung vorbei. Es gibt ja auch so etwas wie "Vaterschaftstests" (und nicht "Samenspender-" oder "Erzeugertest") und es lassen sich ja auch genügend Reportagen/Newsartikel finden, über Kinder, die Jahrzehntelang ohne ein biologisches Elternteil aufgewachsen sind und sich dann auf die Sucher nach ihrem (echen/biologischen/etc) Vater machen. Ich denke also schon, dass es fair ist zu sagen, dass der Begriff "Vater" im allgemeinen Sprachgebrauch beide Bedeutungen hat/haben kann.

            • @LajosH:

              Natürlich. Wir waren nur weiter oben kurz zur Biologie abgeschweift.

              • @warum_denkt_keiner_nach?:

                Nun, die Biologie heranzuziehen ist nicht unproblematisch. Das setzt immer die Idee einer natürlichen Ordnung der Dinge voraus. Das auf die menschliche Kultur zu übertragen ist aber eine unzulässige Analogie, weil der Mensch als kulturelles Wesen außerhalb der Natur existiert.



                Sich auf so eine Autorität zu berufen, dass ist eher ein Scheinargument.

                Wenn jemand auf rein wissenschaftlicher Ebene mit mir redet, dann habe ich keine Probleme damit, dass ich die Erzeugerin meines Kindes bin. Wobei die Frage ist, ob der Begriff bei Invitro- und Icsi-Verfahren anwendbar ist. Leider bin ich auf solche Reproduktionstechniken angewiesen, also kommt mein Kind genau genommen aus dem Labor.



                Ich selbst habe auch nie erlebt, dass eine Medizinerin oder eine Wissenschaftlerin bei mir männliche Begriffe verwendet hätte, dass waren entweder die weibliche Form oder die geschlechtsneutrale.

                Ich verstehe zwar, dass Menschen die Welt so einteilen wollen, dass sie Sinn macht, aber manchmal macht es Sinn die eigenen Ansichten zu erweitern.



                Es widerspricht doch eigentlich dem gesunden Menschenverstand zu sagen, dass ich zwar die Tochter meiner Mutter bin oder die Tante meiner kleinen Nichte oder auch die Ehefrau meiner Ehefrau, aber eben nicht die Mutter meines Kindes? Für mich ergibt das keinen Sinn.



                Ich frage mich dann auch immer, wie aufrichtig andere Menschen mir gegenüber sind? Mal werde ich als weiblich anerkannt und dann wieder nicht, also ist das womöglich nur ein Zugeständnis, damit nicht der Vorwurf der Diskriminierung aufkommt? Also ich sage zu niemanden, dass ich eine Frau bin, dass ergibt sich aus sich selbst. Natürlich gibt es Menschen, die fragen nach meiner Lebensgeschichte oder auch nach meinen körperlichen Besonderheiten, aber solange diese Fragen sachlich sind und nicht verallgemeinert werden, kann man solche Detailfragen durchaus besprechen.