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Trainertypen beim GolfVon Pros und Proetten

Der eine säuft, die andere rät zum Sex vor der Platzrunde und Christos kommt fast esoterisch daher. Golf-Trainer sind eine ganz eigene Spezies.

Wer golft schon gerne unter Palmen? Der Autor unserer Golfkolumne zum Beispiel Foto: imagebroker/imago

S chande über mich. Eben noch in den letzten beiden Kolumnen schlau über Golfs Natur- und Klimaaspekte referiert und jetzt: Bin ich geflogen. Erstmals nach neun Jahren, okay. Aber eben geflogen. Nach Teneriffa – zum Urlauben nach Gomera und dort auch eine Runde Golf spielen. Ökobilanz ruiniert.

Golf im Jardin Tecina ist eine Offenbarung. Der Platz liegt auf einem Bergrücken, Sicht in alle Richtungen, über die glitzernden Weiten des Atlantik, immer wieder auch auf den Vulkan Teide auf Teneriffa nebenan, Spaniens höchste Erhebung (3.718 Meter). Immerhin, der Platz verdient sich ein Ökosternchen, weil alle Bewässerung aus einer Meerwasser-Entsalzungsanlage kommt.

Die Bahnen sind mit Alleen aus Dattelpalmen gesäumt, mit Riesenagaven, Kakteen und vielerlei buntem Geblüh inmitten der Lavabrösel entlang der Fairways. Eine Zauberwelt. Hinter Grün 18 warten zum Abschied 25 mächtige Palmen im Halbkreis. Aber das Beste sollte noch kommen, am nächsten Tag, eine Trainerstunde mit Headcoach ­Christos.

Ja, die Golftrainer. Sie stehen, anders als beim Tennis, meist nur herum. Sie korrigieren Griff, Stand, Schwung­ebene und gucken zu, cool und lässig. Immer ist so ein Pro dick eingepackt, auch mit Sweater im Sommer. Botschaft: Ich muss ja nix tun, mir ist kalt.

Viele Golftrainer haben im Laufe der Jahrzehnte versucht, aus mir einen besseren Golfer zu machen. Erfolgreich? Es ist wie bei den Coronamasken: Das Präventionsparadox verhindert genaues Wissen. Wie viel schlechter wäre ich ohne die Pros geblieben?

Golf-Lehrerinnen heißen nicht Pro sondern Proette. Marlene war so eine. Sie übte einst mit uns in der Gruppe, den Ball in liegende, aufgespannte Regenschirme zu chippen. Ziemlich lustig. Und sie empfahl Männern Sex vor einer Turnierrunde, das nehme störende Aggressionen. „Männer hauen immer zu wild drauf.“

Der arg schottische Schotte

Nach Marlene kam ein sehr schottischer Schotte: Er soff Whisky in landesüblichen Mengen, was launiges Training zur Folge hatte, aber wenig Ertrag. Er wurde bald gefeuert wegen Alkoholabusus.

Dann Artur: Der mahnte gern die Hüftdrehung an und sagte „am Ende der Bewegung immer: Schwanz zum Loch“, mit so einem kleinem niederländischen Akzent. Das war zwar sexistisch, ist aber bis heute ein guter Anker geblieben. Pro Stefan machte meiner großen Schwäche nachhaltig den Garaus: beim „kurzen Spiel“, also dem Chippen auf das Grün, hielt ich die Handgelenke nicht steif genug. Und schon geht es, bis heute.

Damit aber zu Christos auf Gomera. Er wurde mir als „sehr streng“ angekündigt. Zwei Probeschläge. „Der gefiel mir besser“, sage ich nach dem zweiten. „Nein!“ – „Warum?“ – „Der war zu lang.“ Nächster Versuch, kürzer. „Dir fehlt Beständigkeit.“ Sogar im Fehler machen.

Zwei Dinge analysiert Christos umgehend. Ich treffe a) zu weit innen am Schläger und lande b) mit dem Schläger zu früh am Boden. „Wo ist der tiefste Punkt des Schwungs?“ – „Na, beim Treffen.“ – „Falsch. Dahinter. Millionen von Golfern fehlt diese Vorstellung.“

Fehler a) korrigiert er mit einem Referenzball, den er ballbreit entfernt oberhalb des richtigen legt. Das zwingt zu innerem Schwung. Zu b) gefällt mir sein scheinesoterisches: „Wir haben alle von Geburt einen Schwung in uns.“ Dabei sei jeder anders, mal dynamischer, mal langsamer, andere Schwungebene. Aber im komplexesten Moment, dem Treffmoment, da müsse alles passen. „Der Durchschwung ist das Wichtigste beim Golf, das Herz.“

Ich herze den Ball plötzlich gleichmäßiger. Christos lächelt wissend, ich lächle staunend. Geht doch! Zum Abschied schenke ich ihm Arturs Hüftschwung-Bild. „Nett. Ich sage immer: Bauch­nabel zur Fahne. Damit erreicht man nicht nur die Männer.“ Hah, da kann ich kontern: Pro Artur habe erklärt, „also wenn ich eine Schülerin sehr gut kenne, dann sage ich: Loch zur Stange.“ Jetzt lacht Christos sehr. Golf hat hilfreiche Bilder für alle Geschlechter.

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Bernd Müllender
Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).
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