piwik no script img

Torhüter vor dem Champions-League-FinaleDie Besten ihres Fachs

Im Finale zwischen Inter und PSG werden aller Augen auf die verblüffenden Torhüter Sommer und Donnarumma gerichtet sein. Sie sind keine Zufallshelden.

Ein ganz Großer: Yann Sommer bejubelt den legendären Triumph über den FC Barcelona im Halbfinale Foto: Reuters/ Alessandro Garofalo

München taz | Yann Sommer ist auf alles vorbereitet. In einem Video, das sein Klub Inter Mailand kürzlich verbreitete, sieht man ihn Tennisbällen hinterher hechten. Sein Torwarttrainer feuert sie aus unmittelbarer Nähe mit dem Racket ab.

Jedes Detail über die Keeper interessiert so stark wie vielleicht noch nie vor einem Champions-League-Finale. Wenn Inter Mailand am Samstag in München auf Paris Saint-Germain trifft, dann kulminiert eine Saison der Torhüter. Ohne Sommers sensationelle Paraden im epischen Halbfinale gegen den FC Barcelona hätten es die Italiener ebenso wenig ins Endspiel geschafft wie die Franzosen ohne die verblüffenden Interventionen von Gianluigi Donnarumma gegen Arsenal. „Der Torwart hat ihnen beide Spiele gewonnen“, urteilte Mikel Arteta, Trainer der Engländer, danach entnervt.

Donnarumma, 26, und Sommer, 36, sind dabei alles andere als Zufallshelden einzelner Nächte. Wie das Fußball-Observatorium CIES in einer Studie der Ligaperformances weltweit zwischen März 2024 und März 2025 ermittelte, waren die beiden auch im Alltag die Besten ihres Fachs. Ihr Finalduell bezieht seinen Reiz nun auch daraus, dass sie quasi von gegensätzlichen Polen kommen: Donnarumma mit 1,96 Metern vom oberen Ende der Torwart-Größenskala, Sommer mit 1,83 Metern vom unteren. Dennoch ist der Riese ähnlich reaktionsschnell und kommt der Zwerg genauso in alle Ecken.

Donnarumma und Sommer haben eine weitere Gemeinsamkeit, sie heißt Gianluca Spinelli. Das ist der Mann mit den Tennisbällen. Spinelli gilt als Avantgarde unter den Torwarttrainern. Bis 2023 arbeitete er mit Donnarumma beim PSG, der Keeper empfindet seinen Einfluss als so bleibend, dass er sagt: „Ich spüre ihn immer noch jeden Tag.“ Sommer wiederum wird seither von Spinelli angeleitet und nennt ihn einen „exzellenten Fachmann“, der sein Spiel „noch kompletter“ gemacht habe.

Stark angezweifelt

Bei Inter fand Sommer dadurch aus einem Karrieretief, denn noch etwas verbindet die beiden Finaltorhüter: Sie wurden bis vor Kurzem noch stark angezweifelt. Sommer fiel beim FC Bayern durch, als er nach vielen hervorragenden Jahren bei Borussia Mönchengladbach und in der Schweizer Nationalelf beim Dauermeister den verletzten Manuel Neuer vertreten sollte: zu klein, zu brav für einen Großklub – so die Kritiken, die in München bekanntlich schnell apodiktisch werden.

Der Torwart hat ihnen beide Spiele gewonnen

Arsenal-Coach Mikel Arteta über Donnarumma

Noch erstaunlicher wirken im Nachhinein die teils wüsten Sottisen gegen Donnarumma in Paris. Der Süditaliener gilt schließlich als epochale Begabung, seit er schon mit 16 zum Stammkeeper der AC Milan avancierte. Italiens EM-Titel 2021 wäre ohne ihn undenkbar gewesen, das Halbfinale und Finale gewann seine schiere Unbezwingbarkeit im Elfmeterschießen. Doch als er nach dem Turnier zum PSG wechselte, musste er sich dort einem unerwarteten internen Duell mit Keylor Navas stellen. Die Rotationen beförderten „Gigio“ in die Krise, seine ganze Aura ging verloren.

Finale im Tor entschieden

Auch der 2023 angetretene Trainer Luis Enrique liebäugelte immer wieder mit anderen Torleuten. Noch in dieser Vorrunde beim FC Bayern schickte er den vorigen Sommer akquirierten Matvey Safonov auf den Platz. Den spanischen Coach störte besonders ein Nachteil, der Donnarumma inkompatibel mit seiner offensiven Spielphilosophie zu machen schien: Anders als den rundum soliden Sommer begleitet den Italiener seit jeher eine gewisse Unfertigkeit bei der Spieleröffnung. Ganze Champions-League-Ausscheiden wurden daran festgemacht. 2022 gegen Real Madrid hielt er den Ball in einer denkwürdigen Szene zu lang gegen Karim Benzema, und Real leitete eine ungeahnte Aufholjagd ein. Donnarumma selbst besteht bis heute darauf, dass er gefoult wurde.

In München kann er sich nun erlösen und den wichtigsten Klubtitel Europas gewinnen. Für Sommer, mittlerweile nicht mehr in der Nationalelf, bietet sich gar vielleicht schon die letzte Chance auf eine der ganz großen Trophäen. Folgerichtig wäre nach der bisherigen Saison eigentlich ein Elfmeterschießen. So oder so spricht vieles dafür, dass das Münchner Finale nicht nur durch Tore entschieden wird, sondern vor allem auch im Tor.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Trotz der immensen Verdienste und artistischer Paraden, die Spitznamen wie Titan generieren, haben Torhüter oft, eigentlich in der Regel, keinen alle anderen überragenden Marktwert:



    "Ablösesummen richten sich nach den Positionen, auf denen die Spieler beheimatet sind. In der Regel sind Offensivspieler teurer als Defensivspieler. Auch für Torhüter wurden bisher nicht annähernd solch hohe Summen gezahlt wie für Offensivstars. Unter den Top10 der höchsten Ablösesummen im Weltfußball befinden sich ausschließlich Stürmer oder offensive respektive zentrale Mittelfeldspieler."



    Quelle fussballtransfers.com