Tierschutzskandal bei „Herrmannsdorfer“: Biofleisch-Pionier täuschte Kunden
Die Herrmannsdorfer Landwerkstätten hielten Sauen in engen Käfigen. Im Internet erzählte der Öko-Betrieb das Gegenteil. Jetzt verwischt er Spuren.
Nun haben die Tierrechtler auch archivierte Versionen der Herrmannsdorfer-Internetseite mit der falschen und inzwischen gelöschten Passage zu den Kastenständen veröffentlicht. Daraufhin mailte Geschäftsführer Karl Schweisfurth der taz: „Ja, diese fehlerhafte Information auf unserer Website gab es zeitweise.“
Die Herrmannsdorfer Landwerkstätten waren bisher in der Ökobranche hoch angesehen. Die im Stroh tollenden schwarz-rosa Tieren der alten Schwäbisch-Hällischen Rasse waren ein mediales Aushängeschild für Bio. Immer wieder wurde die Geschichte vom Vater des heutigen Geschäftsführers erzählt: Karl Ludwig Schweisfurth gehörte einst Herta, dem damals größten industriellen Fleischproduzenten Europas. Er verkaufte den Konzern und stellte ein Gut in Glonn bei München auf Bio um. Dessen Fleisch ist mitunter doppelt so teuer wie konventionelles.
Überführt per „Waybackmachine“
Umso größer war der Schock, als „Soko Tierschutz“ Ende Januar heimlich aufgenommene Videos aus dem Betrieb veröffentlichte: Neben verletzten Tieren, zahlreichen toten Ferkeln und beim Bioverband der Herrmannsdorfer verbotenen Antibiotika zeigten sie auch Sauen in Käfigen. Diese sollen verhindern, dass die Muttertiere ihre Ferkel erdrücken. Die Aufnahmen stammten etwa vom letzten Jahr. Außerdem schickten die Tierrechtler der taz interne Listen der Herrmannsdorfer, die den Einsatz von Kastenständen 2009 bis 2013 dokumentieren. „Die Kunden wurden also nicht nur, wie bislang von Schweisfurth suggeriert, von einzelnen Verkäufern falsch informiert, sondern von ganz oben belogen“, urteilt Soko-Vorstandsmitglied Friedrich Mülln.
Karl Schweisfurth
Schweisfurth jedoch spricht lediglich von einem „Fehler“. „Ich versichere, dass wir zu keinem Zeitpunkt bewusst getäuscht haben“, teilte er der taz mit. „Unser Versprechen ist höchste Transparenz und Ehrlichkeit.“ Von einer „transparenten Firma“ kann aber laut Mülln nicht die Rede sein. Denn vor wenigen Tagen hätten die Herrmannsdorfer mit technischen Mitteln dafür gesorgt, dass die alten Versionen der Internetseite mit den falschen Angaben aus dem öffentlichen Internetarchiv „Waybackmachine“ verschwanden. „Da möchte offenbar jemand nicht, dass man sieht, was Herrmannsdorfer so früher gelogen hat.“ Dieses Ziel erreicht das Unternehmen aber nur zum Teil: Die „Soko“ hatte vor der Archivbereinigung die Seiten lokal gespeichert und hat sie jetzt veröffentlicht.
Drohbrief an kritische Journalisten
Wie das Bio-Unternehmen mit Kritikern umgeht, zeigt ein Brief, den das Internetportal Animal-Health-online nach einem Artikel über den Skandal erhalten hat. Darin droht ein Anwalt mit juristischen Schritten „gegen rechtswidrige Berichterstattungen“ – prophylaktisch, denn der Brief enthält keine Vorwürfe zu bereits erschienenen Texten. Offenbar weil man wusste, dass solche Drohbriefe nicht imagefördernd sind, endet das Schreiben mit dem fettgedruckten Hinweis, der Text sei nicht zur Veröffentlichung bestimmt.
Für Tierrechtler Mülln ist klar: „Diese Bio-Firma bedient sich bei ihrer Public Relations derselben Mechanismen wie Firmen, die konventionelle Massentierhaltung betreiben“. Für ihn „kann der Ausweg nur ein Ende der Ausnutzung von Tieren sein“, sagt Mülln, der einen veganen Lebensstil befürwortet. „Denn der Weg der Anpassung der Tiere an die Mast ist gescheitert, bei Bio und dem Massenstall.“
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