Thor-Steinar-Laden in Berlin-Spandau: Verkaufsgeschlossener Samstag
In Spandau haben bis zu 400 Menschen gegen den neu eröffneten rechten Klamottenladen protestiert. Nun soll der Vermieter kontaktiert werden.
Die Demo markiert den Anfang für weitere Aktionen und schließt damit an die erfolgreiche Strategie andauernden Protests gegen Thor Steinar-Läden in anderen Städten und Bezirken an. Mehrfach hat die rechte Modemarke versucht, in Berlin Fuß zu fassen, schloss aber ihre Filialen immer wieder – zuletzt eine Filiale in Weissensee und davor eine in Friedrichshain.
Thor Steinar ist die Kleidermarke der Mediatex GmbH, die ihren Sitz in Königs Wusterhausen hat. Sie ist in rechten Szenen beliebt, weil sie einen mythisch-germanischen Gestus bedient und die Wehrmacht glorifiziert. Das lässt bereits das Markenlogo erkennen – ein Mashup zweier Runen, die auch im Nationalsozialismus verwendet wurden. Obschon sich die Marke als unpolitisch gerieren will, ist sie explizit bei rechten Aufmärschen wie 2018 in Chemnitz oder Köthen sichtbar.
„Es darf keine Etablierung der Marke Thor Steinar im Spandauer Stadtbild und damit eine einhergehende Normalisierung faschistischer Ideologie geben“, erklärt Jonas Adler von der Antifa Westberlin, die den Protest unterstützt. „Wir wollen, dass der Laden schließt“, fordert er gegenüber der taz, „denn solche Geschäfte haben immer das Potenzial, Treff- und Vernetzungspunkte für Neonazis zu werden.“
Rolläden blieben unten
Mit wummernder Punkmusik zog die Demonstration den Brunsbütteler Damm entlang, der hinter den Spandauer Arkaden einbiegt und in ein Mischgebiet aus Wohnraum und Gewerbe führt. Bei den wenigen Passant*innen und Menschen, die das Geschehen vom Fenster aus verfolgten, überwog der Zuspruch für die Demonstration mit Antifa- und Juso-Fahnen. Dennoch kam es am Rande der Demonstration zu Auseinandersetzungen, da wohl einzelne Protestgegner*innen das Geschehen filmten.
Spandau habe zwar seit ungefähr fünfzehn Jahren keine organisierte Neonaziszene mehr, sagt Anne Düren, Sprecher*in vom Bündnis. Dennoch hätten sich Alltagsrassismus und Rechtsextremismus nicht zuletzt mit der Etablierung der AfD normalisiert: „Man erkennt Neonazis nicht mehr so sehr an ihrem Äußeren.“
Auf taz Bewegung werden aktuelle Termine zu Protesten, Demonstrationen und Diskussionen angekündigt und Themen aus den sozialen Bewegungen besprochen. Wenn Sie mehr erfahren oder aktiv werden wollen, finden Sie alle Informationen unter: www.taz.de/bewegung
Für Sebahat Atli von der SPD-Fraktion Spandau sei die Eröffnung des Ladens daher umso überraschender. Die Spandauer SPD sei zwar nicht direkt im Bündnis gegen Rechts beteiligt, unterstütze dieses jedoch: „Wo Haltung gegen Rechts gefragt ist, sind wir dabei. Wir sind hier kein schlafender Bezirk, wir sind wachsam und Naziläden werden wir nicht hinnehmen“, sagt Atlis am Rande der Demo.
Bereits die Auftaktdemonstration gegen den Laden wirkte: Entgegen der Ankündigung eines Mitarbeiters von Nordic Company, man lasse sich nicht einschüchtern und der Laden würde auch am Samstag regulär geöffnet haben, blieb dieser mit heruntergelassenen Rollläden geschlossen. Und in der Nähe des Geschäfts entfernte eine junge Frau beim Anblick der Demo hektisch eine kleine Reichsflagge von ihrem Balkon.
„Jetzt wollen wir schauen, wie die weiteren Reaktionen sind und in der Folge die Nachbarschaft genauer mit Flyern, Plakaten und Kundgebungen informieren“, so Jonas Adler. Zuversichtlich war auch Düren nach der Demonstration. Ein Passant habe ihr den Namen des Vermieters des Ladens genannt und versichert, dass dieser keine Ahnung vom politischen Hintergrund der neuen Mieter gehabt habe. Man würde nun den Kontakt aufnehmen und gemeinsam nach Schließungsmöglichkeiten suchen, so Anne Düren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch