Theatertips der Woche: Feuchtgebiet Berlin
In Berlin: mattheäi & konsorten auf barocken Spuren, Lucia Bihler inszeniert die „Iphigenie“. In München: Die Kammerspiele afrofuturistisch.
I n Berlin Mitte steht das Stadtschloss wieder, beziehungsweise seine Kopie, dessen barocke Fassaden immer noch so künstlich aussehen, wie sie sind. Hier, in dieser Gegend, hat es mal begonnen, mit der Stadt Berlin – auf den Spreeinseln und dem sumpfigen Gebiet drumherum. Weshalb die Häuser, die hier gebaut wurden, auf Holzpfählen standen, damit sie nicht im Sumpf versanken. Diesem Umstand verdankt die Stadt auch ihren Namen: Berlin, der sich (wie Sprachforscher glauben) wohl von dem slawischen Begriff br’lo bzw. berlo ableitet, was soviel wie „Sumpf“, „Morast“, oder „Feuchtgebiet“ heisst.
„Die Sumpfgeborene“ heißt ein Projekt des Künstlerkollektivs mattheäi & konsorten, das sich mit der Geburt der Stadt aus dem Geist des 17. Jahrhunderts heraus beschäftigt. Wie die Ankünddigung verspricht, will das freie Ensemble um den Regisseur Lukas Matthaei in die Begriffs-, Denk- und Lebenswelten der frühen Neuzeit eintauchen und ihre anderen Seiten entdecken: „Den Beginn der Kolonialgeschichte, die bis heute wirkt, die Politik der Tänze und gesellschaftlichen Codes, den Dreck der Stadt und die Todesangst angesichts von Pest und Krieg“ (Sophiensäle: „Die Sumpfgeborene“, Premiere 27. 3., 10 Uhr. Danach via dringeblieben.de on Demand bis 10.4. verfügbar).
Die Volksbühne streamt in dieser Woche Lucia Bihlers Inszenierung von Stefanie Sargnagels Version der berühmten Iphigenie-Geschichte. „Iphigenie. Traurig und geil im Taurerland“ heißt die vergnügliche Chose, die im September 2020 analog Premiere hatte. Unter anderem spielt Jella Haase mit (Stream + Tickets über dringeblieben.de).
Kolonialismusaustreibung Berlin – Togo
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„Wir Schwarzen müssen zusammenhalten“ erklärte der damalige bayerische Ministerpräsident und CSU-Politiker Franz-Josef Strauß den Bürgern des Staates Togo, dem er 1983 einen Besuch abstattete. Dieser schiefe Satz, der einen Zusammenhalt zwischen dem schwarz-konservativ regierten Bayern und der früheren deutschen Kolonie Togo behauptet, überschreibt nun einen sehenswerten Theaterabend von Jan-Christoph Gockel, der als togoisch-deutsche Koproduktion an den Münchner Kammerspielen entstanden ist – erarbeitet von deutschen und togoischen Performern zwischen den Ländern switchend, solange das noch ging – und dann via Videokonferenz.
Eine Kolonialismusaustreibung mit afrofuturistischen Mitteln als doku-fiktionales Mash-up aus Schauspiel, Puppenspiel, Comic und Film (Münchner Kammerspiele: „Wir Schwarzen müssen zusammenhalten“, 23.3. 20 Uhr: Tickets + Stream: ww1.muenchner-kammerspiele.de).
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