Teure Geschenke an Labour-Spitzen: Miese Stimmung bei Starmer
Die britische Regierungspartei sackt in den Umfragen ab. Sie verheddert sich in Skandalen um Geschenke von Spendern an den Premier und seine Minister.
Zuvor sah eine andere Meinungsumfrage Labour bei nur noch 29 Prozent der Stimmen, sechs Prozent weniger als beim Wahlsieg im Juli, wo Labour bereits viel schlechter abschnitt als zuvor prognostiziert. Und bei drei kommunalen Nachwahlen am vergangenen Donnerstag büßte Labour jeweils 16, 20, 21 und 29 Prozentpunkte ein.
Seit dem Amtsantritt am 5. Juli hat Labour-Premierminister Keir Starmer mit schlechten Nachrichten zu kämpfen. Für die schweren rechtsextremen Ausschreitungen Anfang August konnte seine Regierung nichts. Selbstverschuldet aber ist die ständige Betonung, Großbritannien müsse einen harten Sparkurs fahren, weswegen etwa die allgemeine Winterbeihilfe für Rentner abgeschafft werden soll – und zugleich kommen immer neue Fälle von Annahme üppiger privater Geschenke durch Labour-Regierungsmitglieder ans Tageslicht.
Zuerst wurde bekannt, Labour-Oberhausmitglied Lord Alli – ein schwerreicher TV-Unternehmer, der in der Ära Tony Blair als erster schwuler Muslim ins ehrwürdige House of Lords einziehen durfte – habe einen unbeschränkten Hausausweis für den Amtssitz des Premierministers in 10 Downing Street. Den erhalten Menschen, die dort nicht arbeiten, normalerweise nie. Dann wurde öffentlich, dass Keir Starmer und seine Ehefrau Victoria Starmer seit Monaten von Alli mit Geschenken überschüttet werden – Modelabels für die First Lady, Brillen und Kleidungsstücke für den Premierminister. Wie so oft wurden dabei nicht nur die Geschenke an sich zum Skandal, sondern der Umstand, dass sie nicht ordnungsgemäß gemeldet waren.
Geschenke im Wert von fast einer Million Euro
Auf die Spur gebracht, haben Medien nun immer mehr Vergünstigungen, Geschenke und Nettigkeiten reicher Labour-Parteispender an Regierungsmitglieder aufgespürt: Karten für Konzerte von Taylor Swift, VIP-Lounges bei den Londoner Fußballclubs Arsenal und Tottenham Hotspur, Kleidung im Überfluss. Insgesamt hätten Labour-Kabinettsmitglieder in diesem Jahr Geschenke und Spenden im Wert von 800.000 Pfund (fast eine Million Euro) zum persönlichen Gebrauch angenommen, stellte der konservative Telegraph am Samstag fest. Spitzenreiter sei Außenminister David Lammy.
Da hatte Starmer bereits zusagen müssen, zukünftig keine Kleiderspenden anzunehmen. Der Eindruck einer Kombination von Gier und Schäbigkeit blieb aber bestehen. Am Sonntag wurde bekannt, Vizepremierministerin Angela Rayner habe den Jahreswechsel 2023/24 in New York mit einem Parteikollegen in einer Wohnung von Lord Alli verbracht und Bildungsministerin Bridget Phillips habe ihren 40. Geburtstag mit 14.000 Pfund von Lord Alli gefeiert – „zu Arbeitszwecken“, wie sie im Fernsehen behauptete.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung