Tesla kritisiert deutsche Behörden: Genehmigungen dauern zu lange
Der US-Autobauer Tesla sieht die Verkehrswende durch die deutsche Bürokratie gefährdet. Behörden sollen nachhaltige Projekte bevorzugen.
Mit dem Verfahren versucht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Bundesrepublik Deutschland dazu zu zwingen, ein Klimaschutzprogramm aufzustellen, mit dem das gesetzlich festgelegte Ziel erreicht werde. Danach muss die Bundesrepublik Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 senken.
„Wir möchten die Chance nutzen, den Diskurs anzuregen“, sagte ein Tesla-Sprecher der taz. Dabei gehe es nicht darum, Einfluss auf die Genehmigungen für die Fabrik in Grünheide zu nehmen, sondern um grundsätzliche Fragen. Tesla will ab Juli in Grünheide bis zu 500.000 E-Autos im Jahr produzieren. Die Fabrik steht fast, obwohl es bislang nur vorläufige Genehmigungen gibt. Bei der geplanten Produktionskapazität würden jedes Jahr etwa 15 Millionen Tonnen CO2-Emissionen auf Europas Straßen vermieden werden, behauptet Tesla in der Stellungnahme. Eine Verzögerung der Genehmigung für die Produktion um nur einen Monat werde zu „über 1 Million Tonnen zusätzlicher CO2-Emissionen führen“.
Dabei geht Tesla davon aus, dass Elektroautos Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb ersetzen – was nicht unbedingt der Fall ist. „Tesla Brandenburg hat hautnah erfahren, dass Hindernisse im deutschen Genehmigungsrecht die notwendige industrielle Transformation und damit die Verkehrs- und Energiewende verlangsamen“, schreibt der US-Konzern.
Die Landesregierung reagiert nervös
Die DUH hat die Stellungnahme von Tesla zu dem Verfahren überrascht. „Vor ein paar Wochen hat jemand nach dem Aktenzeichen des Verfahrens gefragt, dann haben wir nichts mehr gehört“, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch der taz. Tesla hat sich als „Amicus Curiae“ („Freund des Gerichts“) zu dem Verfahren geäußert. In den USA ist das die Bezeichnung für Unternehmen oder Verbände, die sich als nicht Beteiligte zu einem Verfahren äußern. Resch begrüßt die Einmischung des US-Konzerns. „Ich würde mich freuen, wenn auch deutsche Unternehmen den Mut hätten, an Gerichte zu schreiben“, sagte er. Anlässe dafür gäbe es.
Im Bereich der erneuerbaren Energien etwa würden die bürokratischen Verfahren bei Genehmigungen langwieriger werden, sagte er. Schon der Kontakt mit Ämtern sei schwierig. „Warum kann die Korrespondenz mit Behörden nicht per E-Mail erfolgen?“, kritisierte er. In Deutschland müssten Genehmigungsverfahren beschleunigt werden, damit es zum Beispiel nicht Jahre dauere, bis neue Radwege gebaut werden können.
In der Stellungnahme listet Tesla Maßnahmen auf, durch die Genehmigungsverfahren aus Sicht des Konzerns verbessert werden könnten. Dazu gehört die Forderung nach vereinfachten Verfahren für klimaschützende Projekte. „Mir fehlt die Phantasie, wie man das rechtssicher klassifizieren kann“, sagte Resch. Tesla kritisiert in dem Papier, dass die Beteiligung der Öffentlichkeit „missbraucht“ werde. Auch diese Ansicht teilt Resch nicht. „Die DUH lehnt jede Einschränkung von Beteiligungsrechten ab“, betonte Resch. Einsprüche von Umweltschützern hätte im Fall von Tesla nicht zu Verzögerungen geführt, etwa beim Schutz von Zauneidechsen. Ein Gericht hat den Konzern verpflichtet, zum Schutz der Reptilien ein Waldareal stehen zu lassen. „Das zeigt, dass es funktioniert“, sagte er. Resch hat allerdings Verständnis für den Unmut von Tesla, dass es etwa Monate dauert, bis die Wortprotokolle von Anhörungsverfahren abgetippt sind.
In Brandenburg sorgte die Stellungnahme von Tesla offenbar für Nervosität. Die Staatskanzlei zog die Angelegenheit an sich, wollte sie aber nicht kommentieren. „Unabhängig davon halten wir Verfahrensbeschleunigungen an geeigneter Stelle für durchaus sinnvoll“, sagte eine Sprecherin. „Rechtlich kann es jedoch keine Unterscheidung zwischen scheinbar klimafreundlichen und eher klimabelastenden Investitionen geben, denn das Recht ist nicht teilbar.“ Die Staatskanzlei hat eine Task Force eingerichtet, die sich um Probleme im Zusammenhang mit der Tesla-Fabrik kümmert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung