Tesla-Fabrik in Grünheide: Werkausbau gefährdet Grundwasser
Tesla will in Grünheide ausbauen. Ein Wasserverband kritisiert die Folgen für die Versorgung der Bevölkerung. Der US-Autohersteller sieht kein Problem.
BERLIN taz | Der geplante Ausbau der Fabrik des US-Elektroautoherstellers Tesla im brandenburgischen Grünheide würde dem regionalen Wasserverband zufolge dem Grundwasser schaden. Für die Erweiterung müsste eine weitere halbe Million Quadratmeter versiegelt werden, insgesamt würden rund 963.000 Quadratmeter überbaut werden, heißt es laut der Deutschen Presse-Agentur in einer Stellungnahme des Wasserverbands Strausberg-Erkner zu dem Projekt.
Außerdem würde der Grundwasserspiegel für den Bau abermals gesenkt, 61.000 Kubikmeter Wasser müssten entnommen werden, so der Wasserversorger. Das habe direkten Einfluss auf die öffentliche Trinkwasserversorgung. „Dieser Tatsache ist in den Planungen Rechnung zu tragen“, fordert der Wasserverband.
Tesla dagegen argumentiert, die Grundwasserneubildung würde durch die Fabrik gestärkt; der Bedarf an Frischwasser solle durch den Ausbau der Fabrik nicht steigen. Vor der Errichtung der Produktionsstätte sei die Fläche mit Nadelwald bedeckt gewesen und habe nur eine geringe Neubildung von Grundwasser ermöglicht. „Mit der Ansiedlung der Gigafactory Berlin-Brandenburg und der damit verbundenen Waldumwandlung wird das gesamte auf den versiegelten Flächen niedergehende Regenwasser versickern“, erklärt Tesla in den Unterlagen zum Antrag auf die umweltrechtliche Genehmigung für den Ausbau.
Das stimme nur für einzelne Stellen, sagte dagegen Christiane Schröder, Geschäftsführerin des Naturschutzbunds (Nabu) in Brandenburg, der taz. Denn das Wasser werde in Regenwasser-Versickerungsbecken geleitet und könne deshalb besser versickern. Allerdings sei das für die gesamte Fläche unwahrscheinlich: So würden etwa bei Starkregen die Versickerungsbecken überlaufen, wodurch das Wasser nicht in den Boden gelange, sondern zum Beispiel in die Kanalisation fließe. Außerdem sei der Ausbau langfristig für die Trinkwasserversorgung problematisch. „Wenn Grundwasser abgesenkt wird, fehlt das einfach beim Trinkwasser.“
Gefahr durch Schadstoffbelastung
Zudem wirke sich der Ausbau der Tesla-Fabrik nicht nur negativ auf die Wassermenge aus, sondern auch auf die Qualität des Wassers, sagte Steffen Schorcht, Vertreter der Bürgerinitiative Grünheide, der taz. Teile des Autowerks befinden sich in einem Trinkwasserschutzgebiet. Durch die neue Produktionsfläche würde die Gefahr erhöht, dass Schadstoffe ins Wasser gelangen. „Dass Tesla das nicht im Griff hat, sehen wir an der ersten Ausbaustufe, bei der Schadstoffe in den Boden gesickert sind. Aus geoökologischer Sicht muss jede Erweiterung der Fabrik sofort gestoppt werden“, verlangte Schorcht, der auch in Umweltverbänden aktiv ist.
Mit dem Ausbau des Werks in Grünheide will Tesla die Produktion dort von 500.000 auf eine Million Autos im Jahr verdoppeln. Dazu stellt der Autohersteller Anträge in drei Teilen auf umweltrechtliche Genehmigung beim Land Brandenburg.
Leser*innenkommentare
Pi-circle
Also genaues weiß man nicht.
Was die Waldumwandlung und die Auswirkung auf das Grundwasser angeht wäre es hilfreich das quantitativ einordnen zu können.
Wieviel Wald wurde durch den Bau von Windkraftanlagen und die damit einhergehende Bodenversiegelung/Verdichtung vernichtet ud wie hat sich das auf das Gundwasser ausgewirkt?
Außerdem:
Wieviele Atuomobilwerke werden in Deutschland durch die Ansiedlung von Tesla andernorts abgerissen was sich potentiell günstig auf das Grundwaser auswirkt?
Übrigens: die weit interssantere aktuelle Nachricht zu Grundwasser ist: deutschlandweit mittlerweile deutlicher Anstieg. Die mehrjährige Dürrepiode schient bei uns vorbei zu sein.
Ajuga
@Pi-circle "Wieviel Wald wurde durch den Bau von Windkraftanlagen und die damit einhergehende Bodenversiegelung/Verdichtung vernichtet ud wie hat sich das auf das Gundwasser ausgewirkt?"
Kann man nicht vergleichen. Bei WKA ist die Bodenschädigung sehr lokal begrenzt; man muss da keine Sammelbecken bauen, weil das Wasser 20 Meter weiter ganz normal in ungestörten Boden versickern kann.
Hier geht es hingegen um eine großflächige Versiegelung/Verdichtung, bei der bei Starkregen innerhalb von Minuten so große Mengen Wasser zusammenkommen, dass kein Boden der Welt sie noch aufnehmen kann.
"Wieviele Atuomobilwerke werden in Deutschland durch die Ansiedlung von Tesla andernorts abgerissen"
Kein einziges. Tesla bedient eine andere Zielgruppe.
"Übrigens: die weit interssantere aktuelle Nachricht zu Grundwasser ist: deutschlandweit mittlerweile deutlicher Anstieg. Die mehrjährige Dürrepiode schient bei uns vorbei zu sein."
Falsch: www.ufz.de/index.php?de=37937
Wir haben eine extreme Ungleichverteilung, die sich über die letzten Wochen nur noch verschärft hat. Im Nordwesten ist es viel zu nass, im Süden und Osten ist nur der Oberboden durchnässt, aber insgesamt herrscht zB in weiten Teilen von Brandenburg immer noch "extreme Dürre".
Ich habe Bekannte, die in der norddeutschen Tiefebene Knoblauch anbauen, und andere, die dasselbe in Südbrandenburg tun. Den einen ist dieses Jahr die Ernte im Boden verfault, und den anderen ist alles vor der Erntereife vertrocknet.
Ach ja: wenn man die Temperaturen und Niederschläge im europäischen Durchschnitt betrachtet, haben wir dieses Jahr einen perfekten Sommer. Einen, wie er besser nicht mehr sein könnte. Idealwetter.
In der Realität haben wir das exakte Gegenteil davon: nördlich der Alpen zu kalt, südlich viel zu heiß; im Norden und Westen viel zu nass, im Süden und Osten Dürre.
Siehe auch earth.nullschool.n...=-338.32,59.89,447
Carsten S.
Aber das KANN doch gar nicht sein! Elektroautos sind doch SOOO umweltfreundlich, dass jeder sie über die Steuer subventionieren muss.
Warum gibt es eigentlich nur die selbstfahrenden Einkaufswagen und das Luxussegment? Kaum alltagstaugliche Familienkutschen? Rettet der elektrische Zweitwagen wirklich die Welt? Wie viel besser müsste es ihr gehen, wenn auch noch elektrische Dritt- und Viertwagen in Mode kommen?
Im Ernst: Der Umbau wird so teuer, dass wir ihn uns nur einmal erlauben können. Für teure Augenwischerei "wir machen alles elektrisch, aber sonst weiter wie bisher" ist schlicht und einfach kein Geld vorhanden. Nachhaltig ist sie auch nicht. Im Gegenteil, wir verbrennen nur das Geld, was wir für den richtigen Umstieg wirklich brauchen.
Richtiger Umstieg heisst vor allem: weniger.
weniger Autofahren.
besser Dämmen, weniger Heizenergie verbrauchen.
weniger Wohnraum - warum nicht progressiv besteuern nach Grösse und Bewohnerzahl?
Urlaub eher in der Nähe, auch mal mit der Bahn, und dafür eher etwas länger.
und warum nicht Altanlagen bis ans Ende ihrer Lebensdauer betreiben (wobei Lebensdauer den Stand der Technik einschliesst!), und dann richtig erneuern?
vielleicht auch nicht alle 2 oder 3 Jahre ein neues Smartphone?
Dieses "Alles elektrisch, aber sonst weiter wie bisher" ist eine teure Sackgasse. Erst recht jetzt, wo die Stromerzeugungskapazitäten und Netze den Anforderungen noch gar nicht gewachsen sind.
Der Umstieg ist absolut sinnvoll - aber bitte lieber mit langem Atem als mit der Brechstange.
31841 (Profil gelöscht)
Gast
@Carsten S. Was "alles elektrisch" für die Entwicklung des Wasserbedarfs bedeutet, möchte ich ausgerechnet sehen. Bei Geld wird haarfein budgetiert. Warum nicht bei Wasser?
Ajuga
@Carsten S. Gut zusammengefasst!
naichweissnicht
Mal das Undenkbare denken. Die Römer haben es vorgemacht! Dazu muss man aber das Duodez-Gehabe der gefühlt 10.000 deutschen Wasserwerksdirektoren ignorieren und das zusätzlich benötigte Wasser aus anderen Teilen Brandenburgs heranschaffen. Dort wo sich Fuchs und Hase Gut Nacht sagen und die Quellen für die Trinkwassergewinnung noch genügend Kapazitäten übrig haben.
Sowas gibt es nicht, rufen alle jetzt im Chor. Aber wir sind eine hochentwickelte Industrienation. Das Motto muss also sein, Probleme lösen und gewiss nicht Probleme vermeiden, koste es, was es wolle.
31841 (Profil gelöscht)
Gast
@naichweissnicht Wo sind denn diese übrigen genügenden Kapazitäten? Und wer hätte Anspruch darauf?
Bolzkopf
" .... die Grundwasserneubildung würde durch die Fabrik gestärkt ...."
Das muss mir mal jemand genauer erklären.
Der Staat kann nur das konzessionieren was da ist.
Wenn also nicht genug Wasser da ist muss man eine andere Lösung wählen.
Und die Frage ist: Was geschieht mit den jährlich 61 000 000 l Wasser ?
(immerhin ein Würfel mit 40 m Kantenlänge - also etwas weniger als ein halbes Fußballfeld)
Verdampft das als Kühlwasser?
Wird das abgeleitet?
Wird das vermutzt ?
Ein Wasserrad (oder modern: ein Wasserkraftwerk) "verbraucht" ja auch kein Wasser.
Im Gegensatz zu einem Kohlekraftwerk wo das Wasser ja einfach verdampft.
Und ganz nebenher bemerkt heißt Rodung und Baumfällung jetzt "Waldumwandlung".
Das ist doch ein "Verarschepreis" wert, nicht wahr ?
PA-01 Alb
@Bolzkopf Immer wenn Regen auf Vegetation trifft verdampft ein Teil und manches wird vom Wurzelwerk aufgenommen. Deshlab kommt im Grundwasser im Sommer oft nichts dazu trotz gelegentlicher Regenschauer.
Eine versiegelte Fläche mit Ableitungen in Aufffangbecken kann tagsächlich mehr ins Grundwasser ableiten. Und die meisten Interessiert das Thema
Nix. Zumindest nicht da wo sie selbst was tun könnten.
Rasen sprengen / Garten sprengen ist so ein Beispiel: da geht nix ins Grundwasser. Reine Wasserverschwendung weil wir nicht Willens sind Pflanzen zu halten die dem Klima angepasst sind und ohne tägliches Wässern durchkommen.
Am besten noch in der Regentonne gesammelt damit bei starkem Regen auch nix ins Grundwasser gelangt.
Tom Farmer
@Bolzkopf Das mit der besseren Neubildung kann schon funktionieren. Wasser kann, statt es abfließen zu lassen über Kanäle und in den mächsten Fluss in Becken oder Versickerungsflächen geleitet werden und dort gezielt langsam versickert werden.
Das kann als Auflage in die Genehmigung geschrieben werden wie und wie groß das auszugestalten ist.
31841 (Profil gelöscht)
Gast
@Tom Farmer Entscheidend ist die klimatische Wasserbilanz am Standort. Was nicht von Pflanzen transpiriert wird und nicht verdunstet könnte im Boden gespeichert werden und ggf. zur Grundwasserbildung beitragen.
Die versiegelte Fläche wird durch die Materialeigenschaften die Temperaturen am Standort und in der Umgebung erhöhen und damit die Verdunstung. Der Verlust von weiteren Waldflächen könnte auch die Neigung für Niederschlag verringern, weil dort erhöhte Temperaturen sein werden. Dies um so mehr weil eine große Kahlfläche schon vorhanden ist. All dies müsste in die Bilanz einbezogen werden. Insgesamt könnte also eine seriöse Begutachtung ein willkommener Beitrag für allgemeine Diskussionen dieser Art sein.
Rudolf Fissner
@31841 (Profil gelöscht) Ab welcher Flächengröße tritt den dieser Effekt überhaupt spürbar auf?
Bei einem größeren Fabrikgelände würde ich solch einen Effekt nicht annehmen. Wurde wohl auch nicht von fachlicher Seite.
31841 (Profil gelöscht)
Gast
@Rudolf Fissner Die Effekte im Einzelnen mögen gering sein, summieren sich aber gewiss mit der Zeit und steiegen mit jeder zusätzlich entwaldeten Fläche.
Daher spräche nichts dagegen und es wäre nicht zu viel verlangt, dass mal genauer zu bilanzieren. Je gestresster der Gesamtwasserhaushalt, desto mehr ist Sorgfalt angebracht. Warum sollte die Firma sich nicht daran beteiligen? An Geld wirds nicht fehlen.
Rudolf Fissner
@31841 (Profil gelöscht) Und welche Summe kommt nun bei ihnen unterm Strich bei raus?
31841 (Profil gelöscht)
Gast
@Rudolf Fissner Wer plant und genehmigt ist verantwortlich für die Prüfung der Folgen.
Das wäre einzufordern.
Perkele
Wenn die US Firma das will, dann wird das auch gemacht. Wen kümmert denn ein läppisches Wasserproblem? Klimaschutz? Umweltschutz? Grüne Romantik. Was zählt ist Profit und das sehen die allermeisten Politiker*innen ganz genau so.
Trabantus
Nun, hier stehen zwei Meinungen, gestützt durch Gutachten gegeneinander. Wer wird die Entscheidung treffen? Und welche der beiden Parteien wird die Entscheidung akzeptieren? Und sollte die Entscheidung gegen Tesla fallen, welche Konsequenzen werden mit der Akzeptanz verbunden sein?
llorenzo
@Trabantus Wenn zwei Gutachten sich gegenüber stehen, dann ist es zu früh für eine Entscheidung. Ein drittes unabhängiges und umfangreiches Gutachten sollte erstellt werden und hoffentlich Klarheit bringen. In a perfect world...
Ajuga
@llorenzo Hier könnten Justiz- und/oder -innenministerium mit wenig Arbeit eine Menge Gutes tun.
Nämlich durch Änderung von §3(2) BauGB, damit Schlüsselunterlagen und -gutachten nicht nach 30 Tagen Offenlegung wieder dem öffentlichen Zugang entzogen werden können, und/oder eine exaktere Definiton der Wischiwaschibegriffe "wichtige[r] Grun[d]" und "angemessen[e] länger[e] Frist", die momentan von nichts weiter abhängig sind, als welche Beteiligten dem zuständigen Rechtspfleger mehr in die Kaffeekasse gespendet haben.
Die Rückbaubarkeit einer geplanten Anlage wäre zB ein brauchbarer Entscheidungsgrund. Sowohl bei solchen Großprojekten, als auch bei Fracking im industriellen Maßstab, bei Tagebauen usw, ist eine Rückbaubarkeit (im Sinn von "Wiederherstellung des vorigen Zustands") nicht gegeben. Einen Supermarkt mit Parkplatz oä abzureißen und die Fläche zu renaturieren kriegt man hingegen in 5 Jahrne hin.
Also kurz gesagt: eine verbindliche Definition, ab wann aus "Umweltauswirkungen" "Ewigkeitsschäden" werden. In Zeiten weitgehender Klimastabilität treten solche nur beim Bergbau ein. In Zeiten einer Klimadisruption hingegen können bereits wesentlich kleinere Baumaßnahmen zu einem völlig anderen Entwicklungspfad führen.