Terror in Nigeria: Vergeben, auch wenn es schmerzt
In Nigerias Bundesstaat Borno sollen Ex-Mitglieder der Miliz Boko Haram wieder in ihre Dörfer eingliedert werden. Das schafft große Herausforderungen.
Boko Haram hatte sich 2002 in der Hauptstadt von Borno, Maiduguri, gegründet. Bei Anschlägen, Entführungen und Kämpfen mit Sicherheitskräften sind in den vergangenen zehn Jahren mehr als 41.000 Menschen gestorben.
Die Diskussion über den Umgang mit bisherigen Terroristen war ab Mitte August erneut aufgeflammt, als sich innerhalb weniger Tage immer mehr Anhänger der nigerianischen Armee gestellt hatten. Auch im Nachbarland Kamerun hatten 900 Kämpfer kapituliert. In den vergangenen Monaten hatte es offenbar schwere Kämpfe zwischen Boko Haram und dem rivalisierenden „Islamischen Staat in der Westafrikanischen Provinz“ (ISWAP) gegeben.
Letzterer hatte sich 2016 abgespalten und seitdem seinen Einfluss vergrößert. In entlegenen Orten am Tschadsee ist es ihm etwa gelungen, Strukturen aufzubauen, die eigentlich der Staat übernehmen müsste. Dazu gehören das Eintreiben von Steuern und die Kontrolle lokaler Märkte. Aufgrund dieser steigenden Verankerung innerhalb der Gesellschaft gilt der Kampf gegen ISWAP als besonders schwer.
Strategisch wichtiger Rückzugsort
Auch war es der Gruppe im Mai gelungen, Boko-Haram-Anführer Abubakar Shekau im Wald von Sambisa zu ermorden. Das riesige Waldgebiet gilt als strategisch wichtiger Rückzugsort. Nach Shekaus Tod hatte es Spekulationen gegeben, ob sich seine Anhänger möglicherweise ISWAP anschließen.
Nach Einschätzung des Journalisten Ahmad Salkida hätten die Boko-Haram-Anhänger nicht ausreichend Waffen, um ein Gegengewicht zu ISWAP zu bilden. „Für sie ist es das Beste, sich zu ergeben, damit wenigstens ihre Familien versorgt sind“, sagte er der Nachrichtenplattform The New Humanitarian.
Die geplante Wiedereingliederung stelle Borno vor große Herausforderungen, sagte Gouverneur Babagana Zulum: „Wir müssen zwischen endlosen Kriegen wählen oder lernen, die Terroristen, die kapituliert haben, zu akzeptieren. Das ist schmerzhaft und schwierig für alle, die geliebte Menschen verloren haben.“
Die Wiedereingliederung soll mit verschiedenen Konditionen verbunden werden. So soll ein Deradikalisierungs- und Rehabilitationszentrum entstehen. Auch müssten die Kinder der mutmaßlichen Terroristen zur Schule geschickt und dort deradikalisiert werden. Vertreter*innen der Zivilgesellschaft fordern die bedingungslose Abgabe aller Waffen.
Im Nigerdelta, wo es über viele Jahre zu Angriffen auf Ölförderanlagen und Gasleitungen sowie Entführungen gekommen war, gibt es bereits seit 2009 ein Amnestieprogramm zur Deradikalisierung von Kämpfer*innen, das außerdem wirtschaftliche Perspektiven eröffnen soll. Gewalt und Unsicherheit in der Region haben seit 2018 allerdings wieder zugenommen.
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