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Telefonat zwischen Trump und PutinEine Bühne für den Aggressor

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Das Telefonat zwischen Trump und Putin enttäuscht. Der US-Präsident verhandelt weder im Interesse der Ukraine noch sucht er das Gespräch mit ihr.

Vertraute Gesprächspartner: Kreml-Chef Wladimir Putin (l.) und US-Präsident Donald Trump auf einem G20-Gipfel Foto: Evan Vucci/AP/dpa

D as einzig Gute, was über das Telefongespräch zwischen US-Präsident Donald Trump und Russlands Diktator Wladimir Putin zu sagen ist: Der befürchtete Verkauf der Ukraine hat bislang nicht stattgefunden, oder wenigstens nicht öffentlich. Ansonsten ist das Ergebnis des Gesprächs niederschmetternd: Der Aggressor Putin ist dank Trump als angesehener Akteur und Verhandlungspartner auf der Weltbühne zurück und sein Kriegsziel, die Existenz der Ukraine als unabhängigem demokratischem Staat auszulöschen, bleibt unangetastet. Und, zumindest von Trump, auch unwidersprochen.

Im Gegenteil: Der überbordende Wunsch Trumps, die Beziehungen zu Russland wieder zu normalisieren, gibt Putin alle Vorteile. Trump braucht einen Waffenstillstand, Putin nicht. Wie Trump es formulieren würde: Putin hat die besseren Karten. Es ist bezeichnend, dass nicht einmal eine gemeinsame Sprachregelung vereinbart werden konnte: Während es in der Erklärung des Kreml heißt, es sei ein 30-tägiger Angriffsstopp auf die Energie-Infrastruktur vereinbart worden, spricht das Weiße Haus davon, der Angriffsstopp betreffe Energie UND Infrastruktur.

Schon die dutzenden Drohnenangriffe in der Nacht zum Mittwoch auf die Ukraine haben gezeigt, wessen Interpretation hier greift. Nun soll dieses zweieinhalbstündige Gespräch lediglich der Anfang von Verhandlungen sein. Die Richtung allerdings zeigt schon jetzt: Da kommt entweder nichts heraus – woraufhin Trump vermutlich der Ukraine die Schuld geben und sie fallenlassen würde –, oder aber Trump und Putin vereinbaren selbst jenen Diktatfrieden, wie ihn die Ukraine immer befürchtet hat.

Wenn es Trump je damit ernst gemeint hätte, durch Druck auf beide Seiten ein schnelles Ende der Kampfhandlungen erreichen zu wollen, dann wäre jetzt genau der Moment dafür, diesen Druck auf Putin aufzubauen. Aber nichts dergleichen passiert. Stattdessen wird vorgeschlagen, US-amerikanische und russische Teams könnten sich doch zu freundschaftlichen Eishockeyspielen treffen. Trump verhandelt über, aber nicht im Interesse der Ukraine.

Die europäischen Verbündeten der Ukraine sind außen vor und weder Trump noch Putin haben irgendein Interesse daran, auch mit ihnen Gesprächs- oder Verhandlungslinien aufzubauen. Dank Trump hat Putin jetzt alle Zeit der Welt, die für ihn günstige militärische Situation weiter zu verbessern. Er wird sich die Chance nicht entgehen lassen. So verständlich der Wunsch nach einem Ende des Tötens ist: Was Trump da initiiert, bewirkt das Gegenteil.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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5 Kommentare

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  • Bernd Pickert kann ich absolut zustimmen. Aber die europäischen Akteure können auch nicht von aller Schuld an dieser Misere freigesprochen werden: drei Jahre sind vertändelt worden, in denen man sich in hohler Kriegsrhetorik verlor statt diplomatische Exit-Strategien zu entwickeln und somit in der Ukraine falsche Hoffnungen auf irgendeinen nicht näher definierten „Sieg“ nährte (um nicht missverstanden zu werden: ich spreche mich nicht gegen Waffenlieferungen aus, es muss jedoch klar sein, zu welchem Ergebnis sie führen sollten).



    Jetzt ist die EU aus dem Spiel und die Ukraine verliert möglicherweise viel mehr als nur diesen Sieg. Denn indem man es zugelassen hat, dass die Verhandlungen alleine zwischen Putin und Trump geführt werden - quasi im Zwiegespräch am Telefon -, hat man es auch zugelassen, selbst keinen Einfluss auf das Ergebnis nehmen zu können.



    Und die NATO manövriert ebenso konzeptionslos dahin: man vermeidet die Auseinandersetzung mit der Frage, ob es notfalls nicht auch ohne die USA ginge - aus Frankreich würde man da wohl andere Töne hören als aus Polen und dem Baltikum. In Deutschland indes drückt man sich - wie immer - vor einer Antwort.

  • Das war doch so zu erwarten. Wer glaubt denn noch ernsthaft an positive Überraschungen aus dem Weißen Haus in diesen Tagen.

  • Dieser gesamte Komplex macht überdeutlich, wer hier wen über den Tisch zieht. Der intellektuell nicht gerade großzügig veranlagte Trump ist dem anderen Akteur massiv unterlegen und lässt sich und sein MAGAGAGA Land ohne Gegenleistung irgendeiner Art verwursten.

  • Treffen sich zwei Diktatoren. Fragt der Eine: "Was gibst Du mir, wenn ich Dir einen anderen Staat überlasse?" Sagt der Andere: "Dann bekommst Du Grönland von mir!"

  • Tja, Zeit für Europa Putin zu zeigen wo der Hammer hängt.

    Aber vermutlich wird Europa alles über sich ergehen lassen. Dann gibt’s am Ende wieder billiges Gas aus Russland und das wollen doch alle.