Tattoo von Mesut Özil: Botschafter von Rechtsextremen
Ex-Fußballnationalspieler Mesut Özil erntet Kritik für ein Tattoo der rechtsextremen Bewegung Graue Wölfe. Linke und Grüne fordern mehr Gegenwehr.
Özil selbst äußerte sich bisher nicht zu dem am Wochenende veröffentlichten Bild. Sein Management ließ eine taz-Anfrage unbeantwortet. Der 34-Jährige ist aber schon länger als Erdoğan-Freund bekannt, warb für ihn vor Wahlen und lud ihn zu seiner Hochzeit ein. Zugleich war Özil immer wieder Ziel rassistischer Tiraden.
Heikel ist die Causa auch, weil Özil 2014, nach dem Gewinn des WM-Pokals mit der Fußballnationalmannschaft, vom damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Silbernen Lorbeerblatt ausgezeichnet wurde, der höchsten sportlichen Auszeichnung in Deutschland.
Bundespräsidialamt gibt sich bedeckt
Das Bundespräsidialamt wollte sich auf Anfrage nicht konkret zu dem Fall äußern. Der Entzug der Auszeichnung sei grundsätzlich möglich, wenn sich die Geehrten als „unwürdig“ erwiesen, sagte ein Sprecher der taz. Dies könnten Äußerungen sein, die „gegen die grundlegenden Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland verstoßen“. Bei Bekanntwerden solch eines Verhaltens werde ein Entzug geprüft. Wegen der „Vertraulichkeit im Auszeichnungswesen“ könne man über eine solche Prüfung aber nicht informieren.
Mit dem Tattoo-Foto erntet Özil aber bereits deutliche Kritik. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Max Lucks, der wie Özil aus Gelsenkirchen kommt, sagte der taz, es mache ihn „wütend“, Özil mit dem Symbol der Grauen Wölfe zu sehen. „Es zeigt, wie ein abgehobener und offenkundig rechtsextremer Superreicher die gesellschaftliche Spaltung in seiner Heimat völlig rücksichtslos vorantreibt, anstatt seine Vorbildfunktion ernst zu nehmen.“ Im Ruhrgebiet lebten Menschen unterschiedlichster Ethnien friedlich zusammen, so Lucks. „Wer aber ein Symbol der Grauen Wölfe trägt, hat ein Problem mit dieser Vielfalt.“
Der Grüne forderte „gerade als politische Linke, rechtsextremen Tendenzen nicht durch einen „vermeintlich gutgemeinten Kulturrelativismus zu verklären“. Hier sei „antifaschistisches Engagement nötiger denn je“. Auch müsse Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) das Engagement gegen transnationalen Rechtsextremismus verstärken.
Linke fordert Verbot der Grauen Wölfe
Faesers Innenministerium äußerte sich auf Nachfrage zunächst nicht. Aber auch die Linken-Innenexpertin Martina Renner übt Kritik. „Anhänger*innen türkischer faschistischer Organisationen müssen in Deutschland wenige bis gar keine Konsequenzen fürchten“, so Renner zur taz. „Das offene Tragen des faschistischen Graue-Wölfe-Symbols durch Mesut Özil macht das deutlich. Ein Verbot wäre ein erster wichtiger Schritt.“ Renner verweist auch auf eine „mutmaßlich versuchte Auto-Attacke“ auf eine prokurdische Demonstration vergangene Woche in Berlin. Dies zeige, „wie gefährlich und potenziell tödlich“ die Aktivitäten der Bewegung seien.
Der Verfassungsschutz rechnet der Ülkücü-Bewegung in Deutschland 12.100 Mitglieder zu, die meisten davon organisiert in drei großen Dachverbänden rechtsextremer türkischen Parteien. Damit liegt die Bewegung hierzulande hinter dem „unstrukturierten rechtsextremistischen Personenpotential“ (16.000), aber noch vor den Rechtsextremen, die der Geheimdienst in der AfD (10.200) oder der NPD (3.000) zählt.
Anhänger*innen werden Waffen entzogen
Der Verfassungsschutz attestiert der Ideologie der Grauen Wölfe „maßgebliche Elemente wie Rassismus und Antisemitismus“. Als Ideal gelte ein ethnisch homogener Staat aller Turkvölker bis weit hinein in den asiatischen Raum. Andere Volksgruppen würden herabgewürdigt und zu Feinden erklärt. Öffentlich hielten sich die in Deutschland aktiven Dachverbände meist zurück, nach innen werde aber die rechtsextremistische Ideologie gepflegt.
Erst am Montag entschied zudem das Verwaltungsgericht Köln, dass ein Waffenentzug für Ükücü-Anhänger*innen rechtmäßig sei. Es lägen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, dass die Bewegung verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge. Das Gericht wies Eilanträge von zwei Mitgliedern eines Ülkücü-Ortsvereins zurück, die sich gegen den Waffenentzug gewehrt hatten.
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