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Tagebausee in der LausitzDürre stoppt die Ostsee-Flutung

Vor zwei Wochen feierte Brandenburg die Flutung des Tagebaus „Ostsee“ bei Cottbus. Jetzt wurde der Hahn wegen Wassermangel zugedreht.

Noch ist es nur ein schmaler Graben – doch eines Tages soll sich der „Ostsee“ über 19 Quadratkilometer erstrecken Foto: dpa

Die Begeisterung war groß, als am 12. April die Flutung der ehemaligen Braunkohlegrube bei Cottbus begann: Eine „Zeitenwende“ sei gekommen, schrieb die Lausitzer Rundschau, CDU-Oberbürgermeister Holger Kelch schwärmte von einem Ökoquartier, das am Ufer des „Cottbusser Ostsees“ entstehen soll, und SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke lobte, das neue Naherholungsgebiet werde „der Lausitz guttun“. Nur die Umweltschützer von der Grünen Liga hatten etwas zu meckern: Die Veranstaltung sei ein Wahlkampfmanöver, denn für die Flutung des insgesamt 19 Quadratkilometer großen Sees sei schlicht nicht genug Wasser in der Spree.

Sie sollten recht behalten: Am vergangenen Freitag wurde nach zwei Wochen und 735.000 Kubikmetern Wasser der Zufluss wieder gestoppt. Wegen der weit verbreiteten Dürre werde die Flutung des ehemaligen Tagebaus „ans Ende der Prioritätenliste“ gesetzt, erklärte Kurt Augustin vom Umweltministerium der taz. Eine Arbeitsgruppe der Behörden aus Berlin, Brandenburg und Sachsen sowie den Betreibern werde Ende Mai das weitere Vorgehen abstimmen. Jährlich braucht der See 45 Millionen Kubikmeter Wasser, 80 Prozent davon sollen aus der Spree kommen.

Durch die Trockenheit in Winter und Frühling sei die Lage sehr angespannt: „Der Pegel der Spree bei Leibsch liegt derzeit bei etwa einem Drittel des normalen Werts“, so Augustin. Auch für das Grundwasser sieht er große Probleme: Der Pegel sinke und liege an manchen Standorten 10 Zentimeter bis 1 Meter unter dem Mittelwert. Noch könne die Wasserqualität gehalten werden, so Augustin. Aber wenn es nicht bald regne, müsse man darüber nachdenken, die Entnahme von Grundwasser durch Betriebe und Private einzuschränken.

Nach Ansicht René Schusters von der Grünen Liga war die Wasserknappheit abzusehen: „Es gab im April keinen Regen, und in der Regel reicht das Spreewasser nicht für Flutungen im Sommerhalbjahr. Das war eine politische Inszenierung.“

Für Uwe Sell vom Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe dagegen, das am 12. April die Flutung veranlasst hat, „war damals genug Wasser vorhanden, um einzuleiten“. Es werde bei der Flutung, die bis 2025 dauern soll, „immer mal wieder wenig Wasser geben, damit muss man umgehen“, sagte Sell der taz. Den See zu verkleinern, sei nicht möglich, weil der Planfeststellungsbeschluss das nicht erlaube.

Größtes künstliches Gewässer Deutschlands

Der Tagebau bei Cottbus lieferte von 1981 bis 2015 Kohle an das nahegelegene Kraftwerk Jänschwalde. An der Grube soll für 300 Millionen Euro aus den Rücklagen des Energie­kon­zerns Leag mit dem „Ostsee“ das größte künstliche Gewässer Deutschlands entstehen, das Cottbus Erholungsraum und Wohnquartiere bieten soll. Am Rand soll der See bis zu 30 Meter tief werden, in der Mitte allerdings – wo ein großer Berg Abraum liegt – nur etwa 2 bis 3 Meter.

Die Spree führt ein Drittel des normalen Wassers, das Grundwasser sinkt um einen Meter

Für die Grüne Liga ist der See eine „eindeutige Fehlplanung“. Er sei groß wie ein Speichersee, werde aber nicht entsprechend genutzt. Nun werde auf der großen Oberfläche viel Wasser verdunsten, das im Land dringend gebraucht werde. „Bei der Genehmigung des Sees gab es damals keine Umweltverträglichkeitsprüfung“, sagte Schuster. Hätte man sich damals an die Regeln gehalten, hätte man diese Probleme vorher klären müssen.

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11 Kommentare

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  • und wer das trinkwasser dasnn noch bezahlen soll, wenn es doppelt bis drei mal so teuer wurde durch die nach der flutung nötigenwasserwerks-aufrüstungen mit sulfat- und quecksilber-filtern wurde damals auch nicht berechnet. wird es noch immer nicht.

  • Ohne Umweltverträglichkeitsprüfung ist der Planfeststellungsbeschluss bei 45 Mio. Kubikmetern Wasserzufluss im Jahr rechtswidrig nach § 6 iVm Anlage 1 Ziffer 13.3.1 UVPG.

  • Die politische Inszenierung wird auf beiden Seiten betrieben. Das auf eine Dürre reagiert wird, ist doch wohl selbstverständlich. Genauso müsste man auf Hochwasser in der Spree reagieren.

    Dass Eingriffe in den Wasserkreislauf selten unproblematisch sind, weiß man doch. Wasserkraftwerke und Pumpspeicherseen klingen auch immer ökologisch toll, sind es dann aber im Konkreten meist doch nicht. Ob künstliche Seen von Bestand sind, wird die Zeit zeigen. Jedenfalls wäre ein solche Wasserfläche in der Lausitz durchaus attraktiv.

    Das Gejammer über die ehemaligen Braunkohletagebaue ist jedenfalls billige Propaganda von Leuten, die es in den letzten 40 Jahren auch schön warm in der eigenen Wohnung haben wollten und hatten. Berlin war auch mal Wald ...

    • @TazTiz:

      Naja, das Gejammer kommt eher von Wissenschaftsleugnern aus der Klimaskeptikerszene, die es einfach nicht kapieren möchten, daß die Verbrennung von fossilen Brennstoffen ein gigantisches Menschheitsproblem bedeutet.



      Die hübsche Wasserfläche in der Lausitz wird nichts nützen, wenn der Meeresspiegel massiv ansteigt, gigantische Stürme und Dürren Billionenschäden anrichten und unser Leben in keinster Weise mehr dem bequemen Wohlstandsleben heutiger Zeit entsprechen wird, in dem man so schön naiv die Augen vor den Problemen verschließen kann, solange es einem selber bestens geht.

      • @Traverso:

        Es geht um das rückwirkende Gejammer ... dass Braunkohle heute nicht mehr abgebaut würde, hat doch damit nichts zu tun.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    tolle sache, seen, die keiner braucht lösen begeisterung aus.



    und dann funktioniert es nicht.



    bei bitterfeld rutschte in einen bereits vor der dürre befüllten see das neue "ufer" hinein. war halt doch eher eine böschung, die durch die nässe ins rutschen kam.



    dort entstand schon solch eine schöne neue welt, die bei näherer betrachtung völlig trostlos und entbehrlich ist. wir reden uns die ganze zeit nur die trostpflaster der konzerne schön.

  • 9G
    93559 (Profil gelöscht)

    So sieht also die großartige Renaturierung der gigantischen Braunkohlelöcher aus, aber mensch kann ja immer alles besser als die Natur, gelle. Und jeder Eingriff ist auch umgehend wieder gutzumachen klar, deswegen schnell weg mit dem Hambacher Forst und so einen richtig schönen RWE-Wald an dessen Stelle.

    • @93559 (Profil gelöscht):

      Und bei alledem nicht irritieren lassen. Brav weiterkonsumieren, fliegen, Autofahren, Kreuzchen machen ... ;/

  • Jo - willkommen in der Realität. Auch der Tagebau von Rheinbraun bei "Hambi" soll ja einst geflutet werden, "wenn man fertig ist" - sollte das nicht der grösste See Deutschlands werden, nach dem Bodensee?

    Dann werden wir mal See-n, ob es da genug Wasser gibt...der Rhein ist weit weg.

    Vermutlich genauso ein greenwashing des Kohletagebaus, mit dem die Kritiker bedudelt werden sollen: "einst wird es ein Paradies werden!! Ganz bestimmt!!!"

  • Den See zu verkleinern, sei nicht möglich, weil der Planfeststellungsbeschluss das nicht erlaube. ???

    Gott, dann muss man den Planfeststellungsbeschluss halt ändern!!! Werden wir nur noch von unfähigen regiert?

  • Kann man das Loch nicht mit Gülle fluten und dann verdichten?



    In ein paar Jahren ist es dann Erdöl !