TTIP-Kritik von Kulturschaffenden: Angst um die Buchpreisbindung
Sorge vor der Aufweichung sozialer und ökologischer Standards: Auch Gewerkschaften und Umweltschützer kritisieren das Freihandelsabkommen.
BERLIN taz | Bücher kann man in Deutschland preiswert, in großer Auswahl und in vielen unabhängigen Geschäften kaufen. Eine Ursache dafür ist die hiesige Buchpreisbindung, die den Markt reglementiert. „Wie lange noch?“, fragt Klaus Staeck, der Chef der Akademie der Künste in Berlin. Er fürchtet, dass die Buchpreisbindung unter die Räder des geplanten US-europäischen Freihandelsabkommens TTIP geraten könnte.
Am Montag beginnt in Brüssel die achte Verhandlungsrunde über die „transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft“. Die Unterhändler wollen den Austausch von Waren, Dienstleistungen und Kapital erleichtern. Wenn TTIP scheitere, würden sich die USA noch mehr China zuwenden, argumentiert Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Davon lässt sich die „Initiativgruppe für verantwortungsvolle Handelspolitik“ nicht einschüchtern.
In einem gemeinsamen Positionspapier warnte sie am Freitag in Berlin vor einem Aufweichen sozialer, ökologischer und kultureller Standards. Neben Staecks Akademie mit dabei: der Deutsche Kulturrat, die Spitzenorganisation der Kulturverbände, außerdem DGB, Verbraucher- und Umweltschützer. Sie alle sind auch im Beirat des Wirtschaftsministeriums, der die TTIP-Verhandlungen begleitet.
Die EU wolle fast den gesamten Kulturbereich für die Liberalisierung öffnen, kritisiert Kulturrat-Geschäftsführer Olaf Zimmermann. Nur Film- und Musikbranche sind auf Druck Frankreichs ausgenommen. Das Bündnis fürchtet jedoch, dass neben der Buchpreisbindung auch die öffentlich finanzierten TV- und Radiosender unter Druck geraten könnten.
Vereinheitlichung auf niedrigem Niveau
Zwar erklärt das Wirtschaftsministerium, TTIP gefährde die Buchpreisbindung nicht, Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sprach sich unlängst erneut für einen stärkeren Schutz von Künstlern und Kreativen aus. Und dass TTIP den Schutz der kulturellen Vielfalt sicherstellen müsse.
Allerdings ist immer noch unklar, über was genau verhandelt wird, Kommission und US-Regierung geben nur wenig Informationen preis. „Statt mehr Deregulierung fordern wir eine soziale Regulierung der Wirtschaft“, sagt Hubert Weiger, Vorsitzender des Umweltverbandes BUND. Er warnt davor, dass EU-Standards für Umwelt- und Verbraucherschutz auf niedrigerem Niveau vereinheitlicht werden könnten.
Ein Beispiel: Während die USA große Mengen Erdöls mit der umstrittenen Fracking-Methode aus dem Boden pressen, will manche europäische Regierung diese Technik wegen ökologischer Probleme mehr oder weniger unterbinden, auch die deutsche. DGB-Vorstand Stefan Körzell forderte zudem, Arbeitnehmerrechte sollten gestärkt, nicht geschwächt werden.
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