Syrienkonferenz in Wien: Wie lange noch Assad?
Die Verhandlungen bringen noch keinen Durchbruch, doch die Parteien nähern sich an. Umstritten ist, was mit Machthaber Assad passieren soll.
Weiterhin ungelöst sind die Modalitäten einer im Prinzip von allen Konferenzbeteiligten befürworteten mehrmonatigen Übergangszeit zwischen einem Waffenstillstand in Syrien und Neuwahlen. Zentrale Streitfrage ist hierbei die Rolle von Präsident Assad während und nach dieser Übergangszeit.
Die Delegation von US-Außenminister John Kerry sprach von der Möglichkeit einer weiteren Verhandlungsrunde in der kommenden Woche. Bei der Konferenz vertreten war neben den USA, Russland, Saudi-Arabien, der Türkei und Katar auch Iran. Damit saßen erstmals seit Beginn des Syrienkrieges im Jahr 2011 alle Staaten an einem Tisch, die durch Luftangriffe oder durch militärische, logistische und finanzielle Unterstützung der einen oder anderen innersyrischen Konfliktpartei mittelbar oder unmittelbar an dem Krieg beteiligt sind.
Für Deutschland, das durch die massiven Waffenlieferungen an Saudi-Arabien und Katar zumindest mittelbar in den Syrienkrieg involviert ist, nahm Außenminister Steinmeier an der Konferenz teil. Ebenfalls anwesend waren die Außenminister Libanons, Jordaniens, Irak und Ägyptens, die seit Beginn des Krieges vor vier Jahren über 90 Prozent aller syrischen Flüchtlinge bei sich aufgenommen haben. Vertreter der diversen syrischen Oppositionskräfte und der Regierung in Damaskus hatten keine Einladung nach Wien erhalten.
Einfluss in der Zeit nach dem Abtritt Assads
Der russische Vizeaußenminister Michail Bogdanow teilte in Wien mit, er habe saudischen Unterhändlern eine Liste der Oppositionsgruppen überreicht, mit denen Russland im Gespräch sei. Die Aufstellung enthalte 38 Namen. Die Saudis hätten ihm eine ähnliche Liste übergeben, die USA hätten ihrerseits eine Übersicht angekündigt. Die syrische Opposition solle sich auf gemeinsame Positionen und eine gemeinsame Delegation für Verhandlungen mit der Assad-Führung verständigen, erklärte der russische Vizeaußenminister.
Zum Kampf gegen den Islamischen Staat wollen die USA nach Angaben eines US-Regierungssprechers bis zu 30 Elitesoldaten als Ausbilder und Berater nach Syrien entsenden Der Auftrag der Spezialkräfte werde begrenzt sein und bedeute keine Änderung der Strategie von Präsident Obama. Sie könnten unter anderem bei der Planung von US-Luftangriffen helfen. Auch werde darüber nachgedacht, im Irak eine kleine Zahl von „Apache“-Kampfhubschraubern zu stationieren. (dpa)
Die Fragen, welche Vertreter welcher Oppositionsgruppen an künftigen Verhandlungen mit der Regierung Assad beteiligt werden und wer als Mitglied einer Übergangsregierung oder als Kandidat für künftige Präsidentenwahlen infrage kommt, sind von großem Interesse für alle äußeren Akteure, die ihre Interessen und ihren Einfluss in Syrien für die Zeit nach dem Abtritt von Assad sichern wollen.
Ein seit Wochen hinter den diplomatischen Kulissen diskutierter Plan sieht vor, dass der Präsident während einer wahrscheinlich auf sechs Monate befristeten Übergangszeit im Amt bleibt, bei der dann folgenden Präsidentschaftswahl aber nicht mehr antritt. Washington und Moskau haben ihre Zustimmung zu diesem Plan signalisiert.
Assad weigert sich allerdings und will erneut kandidieren. Bei seinem jüngsten Besuch in Moskau in der letzten Woche drängte Russlands Präsident Putin ihn vergeblich zum Machtverzicht. Die Haltung Teherans in dieser Frage ist bislang noch unklar.
Saudi-Arabien fordert öffentlich noch immer den sofortigen Rücktritt Assads. Intern haben saudische Diplomaten allerdings das Einverständnis mit Assads Verbleib im Amt während der Übergangszeit signalisiert – vorausgesetzt, dass auch die von Riad unterstützten Oppositionsgruppen damit einverstanden sind.
Das ist bislang allerdings nicht der Fall. Ausnahmslos alle Oppositionsgruppen lehnen den Verbleib Assads im Amt auch während einer Übergangszeit ab und verweigern direkte Verhandlungen mit der Regierung, solange der Präsident nicht zurücktritt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen