Superbus in China: Und unten steht der Stau
Ein Mega-Bus auf gigantischen Kufen soll über Autos hinwegfahren. Das würde den öffentlichen Verkehr revolutionieren – aber funktioniert das?
Transit Elevated Bus, kurz TEB, heißt das seltsame Gefährt. In einigen chinesischen Medien wird er als „fahrender Tunnel“ bezeichnet, in anderen als „Bus auf Stelzen“.
Es handelt sich um ein elektrisch angetriebenes Fahrzeug, das mit seinen acht Metern Breite zwei Fahrbahnen überragt und von Autos unten durchfahren werden kann. Die Räder berühren auf speziell am Straßenrand verlegten Schienen den Boden.
Leistung wie eine U-Bahn, nur billiger
Der Clou: Damit das Gefährt nicht wie andere Autos und Busse auf den in chinesischen Großstädten notorisch verstopften Straßen stecken bleibt, wird es nach oben verlagert und soll über die Staus hinweggleiten. Mitte der Woche präsentierte Song in der nordostchinesischen Stadt Qinhuangdao den ersten Prototypen. 22 Meter lang ist der Bus, bis zu 300 Menschen passen hinein. „Das System entlastet den Verkehr wie eine U-Bahn“, sagt Projektleiter Bai Zhiming, koste pro Streckenmeter im Vergleich aber nur ein Fünftel, weil es nicht unterirdisch verlegt werden müsse.
Neue Ideen sind im staugeplagten China derzeit hoch angesagt. Das Verkehrsaufkommen in den meisten chinesischen Großstädten hat in den vergangenen Jahren dramatische Ausmaße angenommen. Allein in der 20-Millionen-Hauptstadt Peking hat sich die Zahl der Autos in den vergangenen acht Jahren auf rund sechs Millionen Fahrzeugen mehr als verdreifacht.
Die chinesische Führung hat angekündigt, den motorisierten Individualverkehr innerhalb der nächsten vier Jahre um 20 bis 30 Prozent zu reduzieren. Dem TEB-Projektleiter Bai Zhiming zufolge könnte der Hightech-Bus rund 40 reguläre Busse ersetzen und damit den Schadstoffausstoß um rund 2.500 Tonnen Kohlendioxid im Jahr reduzieren.
Die Idee eines solchen Gefährts ist nicht neu. Einen ähnlichen Entwurf hatten die USA 1969 entwickelt. Sie wollten damals Boston und Washington mt einer Strecke verbinden. Der Superbus wurde allerdings nie realisiert. Die Befürchtung: Wenn ein Autofahrer reflexartig nach oben schaut und damit den Verkehr nicht mehr im Blick hat, erhöhe das die Unfallgefahr. Nicht nur Tunnel, Brücken und Unterführungen hätten umgebaut werden müssen, sondern auch die Straßen. Denn mit scharfen Kurven hat der Bus Probleme.
Dieses Problem scheinen die chinesischen Entwickler auch 48 Jahre später nicht gelöst zu haben. Die bei der Vorstellung des Prototypen angefertigte Teststrecke war gerade einmal rund 300 Meter lang.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos