piwik no script img

Südamerikanischer Sender TelesurArgentinien kündigt

Telesur war 2005 von den Regierungen südamerikanischer Länder gegründet worden. Jetzt will Argentinien seine Anteile loswerden.

Venezuelas Präsident Nicolas Maduro im Telesur-Studio in Caracas Foto: Xinhua / Telesur / Imago

Buenos Aires taz | Argentinien steigt bei Telesur aus. Man werde die Zusammenarbeit mit dem lateinamerikanischen Nachrichtensender beenden, teilte Argentiniens Medienminister Hernán Lombardi mit. Zudem werde die Einspeisung des Signals von Telesur in das staatseigene offene Digitalfernsehnetz eingestellt.

Die privaten Kabelbetreiber sollen zukünftig selbst entscheiden, ob und wenn ja, in welcher Nische sie den Sender anbieten. Der größte private Kabelanbieter, Cablevisión vom Medienriese Grupo Clarín, hatte den Sender schon vor Wochen von seiner Liste gestrichen.

„Telesur kostet uns Geld und garantiert keinerlei Informationspluralismus,“ twitterte Lombardi. Man habe keinerlei Einfluss auf die Inhalte des Senders, klagte der Minister. Überraschend kommt die Entscheidung nicht. Seit Beginn seiner Amtszeit wettert der rechtskonservative Präsident Mauricio Macri gegen die venezolanische Regierung. Und, dass Telesur von der chavistischen Regierung in Caracas beeinflusst wird, ist kein Geheimnis.

Bei Telesur zeigte man sich überrascht. Man habe von der Entscheidung bisher nur aus den Medien und über Twitter erfahren, eine offizielle Eingabe liegt nicht vor. Dies dürfte jedoch nur eine Frage der Zeit sein. Außenministerin Susana Malcorra wurde bereits angewiesen die nötigen diplomatischen Schritte einzuleiten.

Zensur

In Argentinien hat das Vorgehen der Regierung bereits erste Kritiken ausgelöst. Als Mitglied des Telesur-Beirats bezeichnete der argentinischen Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel das Vorgehen der Macri-Regierung als Zensur.

Der Sender war 2005 gemeinsam von den Regierungen von Venezuela, Argentinien, Bolivien, Kuba und Uruguay gegründet worden, 2007 traten Nicaragua und Ecuador bei. Telesur ist eine Aktiengesellschaft, an der Venezuela die Mehrheit hält und finanziell immer wieder den Löwenanteil an die Kosten beisteuert. Der Hauptsitz ist in Caracas.

Nun will sich Argentiniens Regierung ihrem 16-prozentigen Anteil trennen. Ob das Senderbüro in Buenos Aires weiterbestehen werde, müsse die Regierung in Caracas entscheiden, heißt es. Nach der Selbstdarstellung von Telesur geht es dabei um eine „lateinamerikanische Kommunikation“ mit sozialem Einschlag, die darauf ausgerichtet ist, den Einigungsprozess der Völker des Südens anzuführen und zu fördern.

„Süden“ wird dabei als ein geopolitisches Konzept verstanden, das den Kampf der Völker für Frieden, Selbstbestimmung, Achtung der Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit unterstützt. Unter dem Motto ‚Nuestro Norte es el Sur‘ (Unser Kompass zeigt nach Süden) versteht sich der Sender in erster Linie als Konkurrent zu den großen Nachrichtensendern aus den USA.

Fernsehen des Südens

Zu sehen gibt es rund um die Uhr fast jede Stunde 25 Minuten Nachrichten, in erster Linie politischer Art. Daneben Berichte aus Wirtschaft und Sport sowie Dokumentationen. Von der Programmstruktur her ähnelt Telesur anderen Nachrichtensendern, inhaltlich liegt der Schwerpunkt selbstverständlich auf Lateinamerika.

Anders ist Telesur jedoch bei der Einschätzung der dargestellten Ereignisse und die Wortwahl, etwa in Bezug auf Guerillagruppen wie die kolumbianische Farc, die nicht als terroristisch bezeichnet werden. Die Reichweite von Telesur ist jedoch beschränkt. Zwar ist der Livestream des Senders via Internet zu sehen. In vielen Ländern Lateinamerikas ist das ‚Fernsehen des Südens‘ jedoch weder über Antenne noch über Kabel zu empfangen. Genaue Quoten sind nicht bekannt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!