Sturm aufs Kapitol: Ausschuss macht Trump verantwortlich
Der Untersuchungsausschuss zum Putschversuch vom Januar 2021 sieht Trump als Drahtzieher. Republikaner tun die öffentliche Anhörung als Theater ab.
In einer für das Fernsehpublikum inszenierten Primetime-Anhörung präsentieren die Mitglieder des Untersuchungsausschusses am Donnerstagabend Ortszeit eine Reihe von zuvor unveröffentlichten Zeugenaussagen, Videoaufnahmen und Textnachrichten. Diese sollten beweisen, dass Trump und dessen Mitstreiter Schuld am Angriff auf das Kapitol tragen.
Der 6. Januar „war der Höhepunkt eines Putschversuchs“, sagte der demokratische Abgeordnete aus Mississippi, Bennie Thompson, bereits kurz nach Beginn der Anhörung.
Dem Untersuchungsausschuss zufolge hielt Trump an der großen Lüge vom Wahlbetrug fest, obwohl er wusste, dass dies nicht der Wahrheit entspricht. Er nutzte die Verschwörungstheorie, um gewaltbereite Anhänger am 6. Januar nach Washington zu locken und die für diesen Tag angesetzte Bestätigung des Wahlsiegs von Demokrat Joe Biden im US-Kongress mit allen Mitteln zu verhindern.
„Im Zentrum der Verschwörung“
„Donald Trump stand im Zentrum dieser Verschwörung“, sagte Thompson, der zugleich der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses ist.
Während der knapp zweistündigen Anhörung wurden immer wieder Ton- und Videomitschnitte von Mitarbeitern aus Trumps Regierungskreisen eingespielt, welche die Untersuchungsergebnisse des Kongress-Ausschusses bestätigten. So erklärte beispielsweise der ehemalige US-Justizminister William Barr, dass er Trump bereits Ende November 2020 darüber informiert habe, dass er dessen Wahlbetrugsbehauptungen für Schwachsinn halte.
„Ich wollte damit nichts zu tun haben. Und es war mit einer der Gründe, warum ich von meiner Position zurücktrat“, sagte Barr, der am 23. Dezember 2020 sein Amt niederlegte. Auch Trumps Tochter Ivanka und sein ehemaliger Stabschef Mark Meadows wurden darüber unterrichtet, dass keinerlei Beweise für einen Wahlbetrug existieren.
Trump und dessen engste Vertraute wussten also, dass er die Wahl verloren hat, doch der abgewählte Präsident wollte sich damit nicht abfinden und versuchte alles, um im Amt zu bleiben.
Neun Menschen – davon vier Polizisten – starben
„Es war ein Versuch, den Willen der amerikanischen Bevölkerung zu untergraben“, sagte Thompson.
Am Ende ist es vor allem Ex-Vizepräsident Mike Pence zu verdanken, dass Trumps Plan scheiterte. Das traurige Ergebnis dieses Putschversuchs waren nicht nur die insgesamt neun Todesopfer – fünf Demonstranten und vier Polizisten – hunderte Verletzte und mehr als 800 Strafverfahren, sondern ein starker Vertrauensverlust in die Legitimität der Wahlen und die gesamte amerikanische Demokratie.
Thompson erklärte, dass die Folgen des 6. Januar auch knapp eineinhalb Jahre später noch deutlich spürbar seien. Die Demokratie in den USA sei „noch immer in Gefahr“, da die von Trump angestoßene Verschwörung von einer gestohlenen Wahl in weiten Teilen der Bevölkerung noch immer einen großen Anklang findet.
Ob ausgerechnet dieser Untersuchungsausschuss, bestehend aus sieben Demokraten und zwei Republikanern, daran etwas ändern können wird, bleibt fraglich. Wie bekannt, sind die politischen Verhältnisse in den USA mehr als angespannt. Der konservative Nachrichtensender Fox News war der einzige, der die Anhörung nicht live und in voller Länge ausstrahlte. Auf den sozialen Netzwerken bezeichneten Republikaner die Anhörung als politisches Theater und forderten, dass sich Demokraten lieber um die steigenden Spritpreise kümmern sollten.
Für manche war der Putschversuch nur ein Protestmarsch
Für die einen war der 6. Januar ein Angriff, der die US-Demokratie fast zu Fall gebracht hätte. Für andere war es nichts weiter als ein Protestmarsch, bei dem die Bürger von ihrem Versammlungsrecht Gebrauch machten, um gegen das ihrer Meinung nach korrupte politische System im Land vorzugehen.
Die republikanische Abgeordnete Liz Cheney, die im Untersuchungsausschuss sitzt, sprach allerdings eine Warnung an ihre Parteikollegen aus: „Ich kann meinen republikanischen Kollegen nur eins sagen. Es wird eine Zeit kommen, in der Donald Trump nicht mehr da ist, aber eure Schande bleibt“.
Bereits am Montag wird der Kongress-Untersuchungsausschuss zum 6. Januar die zweite von insgesamt sechs öffentlichen Anhörungen abhalten.
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