Studie zu nachhaltigen Elektrogeräten: Totalschaden, das lohnt nicht
3,67 Milliarden Euro könnten die Deutschen jährlich sparen, wenn Elektrogeräte bloß länger hielten. Das ist Wegwerfkapitalismus in Bestform.
Das letzte Elektrogroßgerät war die Waschmaschine. 13 Jahre war sie alt und damit gefühlt noch nicht reif fürs Verschrotten. Aber vielleicht hatte sie einfach keine Lust, weiter mit Waschpulver, Wasserenthärter und dem rekordverdächtig kalkhaltigen Berliner Leitungswasser belästigt zu werden. Ein angefragter Reparaturservice hätte schon fürs bloße Vorbeikommen und Gucken fast so viel berechnet wie für ein Nachfolgegerät, und im schlechtesten Fall wäre dabei rausgekommen: Motor kaputt, Totalschaden, das lohnt nicht.
Das scheint keine Ausnahme zu sein. Eine am Donnerstag vorgestellte Studie vom Ökoinstitut im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) kommt zu dem Schluss: Allein bei den Produkten Fernseher, Smartphones, Waschmaschinen und Notebooks könnten Verbraucher:innen in Deutschland jährlich 3,67 Milliarden Euro sparen, wenn sie länger halten würden. Achtung: Milliarden! Bezogen auf ein einzelnes Gerät – das Smartphone – und eine angestrebte Nutzungsdauer von sieben Jahren, kommt die Studie auf potenzielle 242 Euro Kosten Ersparnis pro Kopf.
Was die Frage aufwirft: Warum muss auf jeden Joghurt ein Mindesthaltbarkeitsdatum gedruckt werden, aber bei so lebensverändernden Konsumentscheidungen wie Waschmaschine, Kühlschrank oder Ofen möge man bitte schön selber prognostizieren, was Preis, Herstellername und Platzierung beim Elektrofachhändler über die Lebensdauer des Geräts aussagen könnten? Und nein, Amazon-Bewertungen helfen hier nicht weiter.
Leider auch nicht das EU-Parlament, auch wenn das nun ein „Recht auf Reparatur“ beschlossen hat. Das ist prinzipiell eine gute Idee, und wenn EU-Kommission und EU-Mitgliedsstaaten es im Gesetzgebungsprozess dabei belassen, sicher ein Fortschritt. Aber ein Recht auf Reparatur kann nur der erste Schritt sein. Es braucht vielmehr eine Kultur des Reparierens und des langen Nutzens. Und die ist aktuell so gar nicht in Sicht. Denn Langlebigkeit von Gütern verträgt sich einfach nicht gut mit der herrschenden Kapitalismusvariante.
Ökologische und gesellschaftliche Kosten
Das liegt gar nicht mal so sehr daran, dass das schnelle Verschrotten und Neukaufen von Produkten eine ebenso wirtschaftsankurbelnde Wirkung hat wie das Bauen, Einreißen und Wiederaufbauen von Straßen oder Gebäuden. Und dass Wirtschaftswachstum immer noch als gut, als prioritär, als notwendig gilt. Es basiert vor allem darauf, dass die derzeitigen Preise nicht annähernd die Folgen unserer Konsumentscheidungen abbilden.
Um mal bei der Waschmaschine zu bleiben: Der Neukauf verursacht Kosten – weniger finanzielle für den:die Käufer:in als ökologische und gesellschaftliche. In einer neuen Waschmaschine steckt mehr Elektronik, das heißt mehr seltene, teilweise unter fragwürdigen Bedingungen gewonnene Rohstoffe. Es steckt Energie drin, für die Herstellung und den Transport. Eine Reparatur hätte zwar mehr Geld gekostet, aber weniger Ressourcen. Zwar lohnt irgendwann ein Neugerät auch aus Nachhaltigkeitssicht, weil es weniger Energie verbraucht als der Vorgänger. Aber bei den aktuellen Nutzungszyklen ist da noch Luft nach oben.
Und so ist es kein Wunder, dass Verbraucher:innen, die wütende Onlinekommentare schreiben, eben nur die eine Seite sind. Die andere Seite: Kund:innen, für die der jährliche Smartphonekauf so zum Leben dazu gehört wie das tägliche Zähneputzen. Die gebrauchte Geräte als Beleidigung und das Reparieren als Relikt der 50er Jahre betrachten.
Und, um es noch komplizierter zu machen: Gleichzeitig gibt es genügend Menschen, die schlicht nicht genügend Angespartes haben, um sich beim Notfall-Waschmaschinenkauf gemütlich zu überlegen, ob es vielleicht auch das etwas teurere Modell sein darf. Wie gesagt, ohne Garantie dafür, dass es tatsächlich haltbarer ist. Doch wenn Geräte teurer werden, und das wird der Fall sein, wenn die Kosten für Gesellschaft und Umwelt eingepreist und geplante Schwachstellen ausgebaut werden, dann muss auch diese Problematik mitgedacht werden.
Die neue Waschmaschine übrigens quietscht seit Kurzem manchmal. Vielleicht sollte da mal jemand draufschauen.
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