Studie zu Kipppunkten: Klima steht schon auf der Kippe

Permafrost und Korallenriffe – schon bei der aktuellen Erderwärmung könnten in fünf Erdsystemen die Kipppunkte erreicht werden. Mit Folgen.

blauer Seestern im Korallenriff

Korallenriffe sind bedroht vom Klimawandel Foto: E. Teister/picture alliance

BERLIN taz | Während auf der Weltklimakonferenz die Re­gie­rungs­ver­tre­te­r:in­nen der Welt über die Einhaltung der Klimaziele diskutieren, zeigt der am Mittwoch veröffentlichte „Global Tipping Points Report“, dass bereits unter der aktuellen Erderwärmung fünf Klima-Kippunkte in Wanken kommen – und, wie anhand von positiven, sozialen Kipppunkten eine Katastrophe noch vermieden werden kann. Darüber hinaus enthält der Bericht konkrete Forderungen und Handlungsbeispiele für politische Entscheidungsträger.

Bei einem Kipppunkt handelt es sich laut dem Weltklimarat (IPCC) um „Schwellenwerte, nach deren Überschreitung bestimmte Folgen nicht länger vermieden werden können, selbst wenn die Temperaturen später wieder gesenkt werden“. Das Umschwenken eines Kippelements könnte dabei laut der Au­to­r*in­nen einen Dominoeffekt lostreten, der einen immer schnelleren und nicht mehr regulierbaren Wandel auslöst. „Kipppunkte im Erdsystem stellen eine Bedrohung dar, wie sie die Menschheit noch nie erlebt hat“, sagt Tim Lenton vom Global Systems Institute der Universität Exeter in der Mitteilung zu der Studie. Er hat den Report, an dem über 200 Ex­per­t*in­nen mitgewirkt haben, verantwortet.

Insgesamt erfasst der Bericht über 25 negative Kipppunkte – mehr, als in bisherigen Studien gefunden wurden. Hinzugekommen sind vor allem Elemente mit regionalerem Einfluss, wie beispielsweise die Zerstörung von Meersalzwiesen. Bei fünf Kipppunkten ist es besonders problematisch. Diese könnten bereits auf dem derzeitigen Niveau der globalen Erhitzung von 1,2 Grad seit der Industrialisierung erreicht werden. Zu den bedrohten Systemen zählen etwa die Korallenriffe in den Tropen, die Eisschilde in Grönland und der Westantarktis sowie regionale Permafrostböden.

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Doch es gibt noch eine zweite Kategorie, der in dem Bericht besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird: soziale, positive Kipppunkte. Hierbei handelt es sich um exponentielle gesellschaftliche Normveränderungen, die etwa durch einen Ausbau an E-Mobilität oder den Ausbau erneuerbarer Energien vorangebracht werden können. Würden hier Innovationsfortschritte gemacht, beispielsweise bessere E-Auto-Akkus entwickelt, könne das die Möglichkeiten der Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien verbessern oder umgekehrt, so die Autor*innen.

Das Fenster schließt sich

Bereits 2008 warnte das Umweltbundesamt vor den Gefahren, die Kipppunkte mitbringen, und auch der IPCC-Bericht von 2021 widmete sich dem Thema. Dennoch ist sich die Forschung bis heute nicht sicher, wann die Kipppunkte tatsächlich eintreten und was als nächstes geschieht. Das weiß auch das Forschungsteam, allerdings reicht das bisherige Wissen aus, um dringende Maßnahmen einzufordern. Denn der Bericht zeigt eindeutig: Heizt sich die Erde weiter auf wie bisher, verkleinert sich das Zeitfenster, in dem die negativen Kipppunkte noch verhindert und die positiven herbeigeführt werden können.

Deshalb richten die Fachleute konkrete Empfehlungen an politische Entscheidungsträger. Sie fordern einen Ausstieg aus fossilen Energien, eine Verstärkung des Fonds für Schäden und Verluste, politische Bemühungen, um positive Kipppunkte auszulösen, sowie einen globalen Gipfel zum Thema Kipppunkte.

So entwickelt sich die Weltklimakonferenz in Dubai auch zu einer Chance, sofern die Erfolgsberichte positiver Kipppunkte und die Forderungen der Ex­per­t*in­nen gehört und diskutiert werden.

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