piwik no script img

Studie über Muslime und OstdeutscheWer gehört zu Deutschland?

Ostdeutsche und Muslime teilen nicht nur Ausgrenzungserfahrungen – sondern auch Klischees, die Westdeutsche von ihnen haben.

Zugehörigkeit: Viele Westler finden, dass Muslime und Ostdeutsche noch nicht „angekommen“ sind Foto: Stefan Boness

BERLIN Wie denken Westdeutsche über Ostdeutsche? Gibt es ähnliche Muster, mit denen die westdeutsche Mehrheit die ostdeutsche und muslimische Minderheit wahrnimmt? Dem ist das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZim) empirisch nachgegangen. „Ost-Migrantische Analogien“ ist die erste repräsentative Umfrage zum Thema. Die Studie fußt auf einer Umfrage von mehr als 7.200 BürgerInnen, 4.600 in West, 2.600 in Ostdeutschland.

Die Ergebnisse zeigen, welche Bilder Westdeutsche mit Ostdeutschen und Muslimen verbinden – und welche Ängste Muslime mobilisieren. Aufschlussreich ist der Blick der Westdeutschen auf Ostdeutsche und Muslime als mögliche Konkurrenz: Nur gut 10 Prozent der Westdeutschen finden es bedenklich, wenn immer mehr Ostdeutsche Führungsjobs in der Wirtschaft übernehmen. Die Angst vor Muslimen ist stärker: Ein Drittel der Westdeutschen sieht den Aufstieg von MuslimInnen in Führungspositionen skeptisch. Im Osten ist die Furcht von Muslimen auf dem Arbeitsmarkt überholt zu werden noch weit ausgeprägter: Fast jeder zweite in Ostdeutschland findet die Vorstellung, dass es wesentlich mehr muslimischer Chefs und Chefinnen geben kann, negativ.

Doch das Bild ist nicht monochrom. So sehen viele Deutsche, dass Muslime hierzulande nicht gleich behandelt werden. Mehr als die Hälfte der Deutschen in Ost und West (54,1 und 52,3 Prozent) glauben, dass MuslimInnen nicht den gleichen Zugang zu gesellschaftlichen Positionen haben. Das Bewusstsein, dass krasse Benachteiligungen existieren, ist erstaunlich verbreitet. „Großteile der ostdeutschen Bevölkerung“ so ein Fazit der Studie, „haben ein Gespür für die benachteiligte Lage der MuslimInnen, Bedrohungsängste gegenüber deren Verbesserung sind ebenso sehr verbreitet.“ Die Deutschen halten Muslime für benachteiligt, fürchten aber deren sozialen Aufstieg – im Osten mehr als im Westen.

Der ewige Jammerossi

Wie steht es mit dem Blick der Westdeutschen auf Ostdeutsche? Das in den 90er Jahren verfestigte Bild des Jammerossis scheint äußerst zäh zu sein. So sind 41,2 Prozent im Westen der Ansicht, dass Ostdeutsche sich ständig als Opfer sehen. (Bei Muslimen glauben dies 36,5 Prozent der Westdeutschen.) Auch in Sachen Diskriminierung ist das Selbstbild der Ostdeutschen und das Bild, das Westdeutsche von ihnen haben, auffällig verschieden. 35 Prozent der Ostler meinen, dass sie noch immer Bürger zweiter Klasse sind. Im Westen glauben dies nur 18 Prozent. „Westdeutsche“, so die Schlussfolgerung der Studie, „ignorieren die Wunden der Wiedervereinigung.“

Wer gehört dazu?

Interessant ist, wen die Westdeutschen als dazu gehörig empfinde: Ein gutes Drittel (36,4 Prozent) glaubt, dass Ostdeutsche noch nicht in der Gesamtgesellschaft angekommen sind. Weit mehr, 58,6 Prozent, bescheinigen dies Muslimen. Das Bild ist facettenreich, allerdings nicht vollständig. Man erfährt wie West- über Ostdeutsche und Muslime denken und wie sich Ostdeutsche sehen. Ausgespart ist wie Muslime Ost- und Westdeutsche wahrnehmen. Aus methodischen Gründen: Die Zahl der befragten MuslimInnen war zu gering, für repräsentative Schlussfolgerungen. Das DeZim plant dies in einer anderen Studie zu recherchieren.

Quote für Muslime und Ostdeutsche

Das ForscherInnen betonen die Ähnlichkeit des westdeutschen Blicks auf Ostdeutsche und Muslime: „Ostdeutsche sind mit ähnlichen Abwertungen konfrontiert wie MuslimInnen. Westdeutsche werfen beiden Gruppen vor sich zum Opfer zu stilisieren und noch nicht im heutigen Deutschland angekommen zu sein.“ Das ist, so pauschal formuliert, eine allzu forsche These. Denn laut der Studie meinen ja knapp Zweidrittel der Westdeutschen nicht, dass Muslime sich ständig zu Opfern stilisieren – und knapp zwei Drittel glauben nicht, dass die Ostdeutschen noch nicht im vereinigten Deutschland angekommen müssen.

Erstaunlich groß ist Sympathie für Quoten – sowohl für Ostdeutsche als auch für Migranten. Die Studie zeigt, dass sich im Osten jeder zweite für eine Ost-Quote erwärmt. Im Westen ist knapp ein Viertel dafür zu haben.

Das überraschendste Ergebnis der Studie ist: Ein Drittel hält eine Quote für MigrantInnen für eine gute Idee. In Ost- und in Westdeutschland.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

25 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die taz dürfte gerne auch mal im Jahre 2019 ankommen.

    Beim Thema „Muslime“ wieder auf das Bild einer halbverschleierten Muslima zurückzugreifen ist genau die Denke von AfD und „besorgten Bürgern“.



    Könntet Ihr nicht mal eine Muslima wie meine Nachbarin abbilden? T-Shirt und Jeans und im offenen Haar eine kleine Haarspange. Sprich: kein Deutbanders als meine Frau (Katholikin)

  • Falsche Behauptung. Keine Quelle für seine Zahlen.

  • „Ostdeutsche sind mit ähnlichen Abwertungen konfrontiert wie MuslimInnen. Westdeutsche werfen beiden Gruppen vor, sich zum Opfer zu stilisieren und noch nicht im heutigen Deutschland angekommen zu sein.“

    Das so pauschal zu formulieren, mag „forsch[]“ sein und außerdem ungerecht jenen zwei Dritteln gegenüber, die anders denken. Aber sollte sich wirklich ein Journalist in einer Zeitung mokieren, wenn Wissenschaftler von den Medien das Siegen lernen?

    Das Skandalisieren ist angeblich der Schlüssel zum Erfolg in unserer Konkurrenzgesellschaft. Wer möglichst laut schreit: „Haltet den Dieb!“, darf a) mit mehr Aufmerksamkeit rechnen als die Konkurrenz und b) davon ausgehen, dass er nicht gelogen hat. Gestohlen und gelogen, schließlich, wird hier und heute jederzeit und überall. Das haben die Leute ziemlich verinnerlicht. Darauf kann man sich verlassen.

    Davon abgesehen ist es natürlich wichtig, Probleme wahrzunehmen. Was man nicht als Problem empfindet, kann man nicht abändern. Fragen wir also, wie es zu der unterschiedlich starken Abwertung kommt. Ich denke, das kommt so: Menschen sind von ihren Anlagen her ähnlich. Unter gleichen Voraussetzungen reagieren sie annähernd gleich. Es könnte also an unterschiedlichen Wahrnehmungen der Realität liegen, wenn sie es nicht tun. „Wessis“ fühlen sich offenbar sicherer.

    NICHT erstaunlich ist also, dass das Bewusstsein für „krasse Benachteiligungen“ verbreitet ist. Wir haben alle Spiegelneuronen. Die geben uns ein „Gespür für die benachteiligte Lage“ anderer Leute, weil sie eigene Erfahrungen „triggern“. Wie wir auf diese Reize reagieren, hängt jedoch davon ab, wie wir uns grade fühlen.

    Auch das „überraschendste Ergebnis der Studie“ ist so überraschend eigentlich nicht: Mitteleuropäer haben gelernt, Zahlen zu trauen. Wenn sie wissen, dass es eine Quote gibt, können sie sich einrichten auf ihren (demokratisch legitimierten) Anteil am Kuchen. Sie brauchen dann keine irrationalen Ängste vor einer Komplettübernahme zu pflegen.

  • Macht mal ne Umfrage, was Deutsche von Scientologen in Führungspositionen halten.

    "Vertreter von Scientology haben wiederholt den Vorwurf erhoben, die Organisation bzw. Mitglieder derselben seien in Deutschland Opfer von Diskriminierung. Ähnliche Vorwürfe wurden teilweise auch von offiziellen Stellen in den USA erhoben. In den jährlichen Menschenrechtsberichten des US-Außenministeriums wurde wiederholt auf die Lage von Scientology bzw. Mitgliedern der Organisation in Deutschland eingegangen. Hervorgehoben werden Praktiken wie ein sog. „Scientology-Filter“ bei Bewerbungen, der gezielt die Einstellung von Scientology-Mitgliedern verhindern soll, faktische Berufsverbote gegen Scientologen, die Sammlung und der Austausch von Informationen über Scientologen durch staatliche Stellen und anderes mehr."

    Religiöse haben es in unserer eher gottlosen Gesellschaft generell schwerer.

    • @A. Müllermilch:

      Scientology ist keine Religion sondern – freundlich formuliert – das Steuersparmodell eines gescheiterten Karrieristen, Diebs und Scharlatans. Das einzige, was man "dem Staat" an dieser Stelle vorwerfen könnte, ist, dass er verschiedene Betrüger unterschiedlich schlecht behandelt. Die, die mit ihm sind, behandelt er besser als die, die gegen ihn sind. Wer unter uns täte das nicht?

  • So eine Studie verfestigt meiner Meinung nach die Vorurteile. Schon allein, dass von "Ostdeutschen" und "Ostdeutschland" die Rede ist finde ich falsch. Viele junge Leute aus den östlichen Bundesländern bekommen nach wie vor evtl. anerzogen, wie anders es in der DDR war und wie ungerecht behandelt sie werden von den "Wessis" und der Regierung. Die Lohnunterschiede sind immer noch deutlich, das stimmt! Und dass der Hang AfD u.ä. zu wählen dort höher ist, vielleicht auch. Die Studie soll vielleicht beleuchten, warum letzteres so ist und sich die Bevölkerung "abgehängt" fühlt. Dies hätte aber mit einer anderen Fragestellung genauso funktioniert.



    Und der Bezug auf die Muslime? Noch mehr Vorurteilschürung!



    Das hätte die Taz! weniger ausführlich hinterfragen können, wobei...hinterfragt sehe ich diese Studie dabei nicht besonders.

    • @VareKiwi:

      Fällt Ihnen auf, werte*r VAREKIVI, dass Sie das sogenannte Opferbashing betreiben? Nicht? Ossis sind ja nicht schwarz? Ach, na dann...!

      Wie „viele junge Leute aus den östlichen Bundesländern“ kennen Sie eigentlich persönlich, denen „nach wie vor evtl. anerzogen“ wird, wie anders es in der DDR war und wie ungerecht behandelt sie werden von den "Wessis" und der Regierung?“ Eintausend? Zehntausend? Einhunderttausend? Noch mehr?

      Ich meine: Glauben Sie wirklich, dass nur andere Leute Vorurteile haben, Sie aber nicht? Und was, finden Sie, sollten „die Ossis“ ihren Kindern erzählen? Das, was sie selber gar nicht erlebt haben? Die Geschichten von Westdeutschen etwa, an denen (gefühlt) 50% geschönt, übertrieben oder gelogen ist?

      Bedenken Sie: Es waren die Ossis, die einst mehrheitlich den Beitritt wollten. Nun ist eine Mehrheit immerhin so weit angekommen im Westen, dass sie bemerkt: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Der Weg nach oben ist nicht leicht. Niemand braucht einen als Konkurrenten. Niemand will einem abkaufen, was man zu geben hat an Erfahrungen und Überzeugungen. Wie, glauben Sie, sollten die Leute darauf reagieren? Wie, glauben Sie, hätten die Wessis reagiert, wenn sie vor 30 Jahren nach Osten eingemeindet worden (und da als angeblich noch nicht so ganz passend untergebuttert worden) wären? Mit Hosianna-Rufen?

      Übrigens, werte*r VAREKIVI: Studien sind nicht dazu da, Ihnen das Denken abzunehmen. Die Wissenschaftler, die dafür bezahlt werden, sollen das tun, was Sie und ich nicht leisten können mangels Zeit, Geld und Ausbildung: Feststellen, was ist. Warum es so ist wie es ist, sollen, müssen und können Sie sich (hoffentlich) selbst denken. Aber natürlich nur, wenn Sie nicht lieber gleich alles glauben, was so alles erzählt und geschrieben wird von Leuten, die angeblich „Reputation“ haben. Von wem auch immer.

      • @mowgli:

        Interessant, dass sie zu jedem was zu sagen haben. Kommt mir bekannt vor. So jemanden gab es bei einer anderen Zeitung auch schon...



        Vielen Dank, dass sie Jedermanns Meinung (!) auch eine Meinung haben.



        An Ihnen scheint ein Jouralist verloren gegangen zu sein.



        Wie gut, dass Meinungsfreiheit herrscht.



        Guten Abend!

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Ist das auch ein Aprilscherz?



    Diese Studie und der TAZ-Artikel?

  • Ich habe selten einen solchen Quark gelesen.



    Man könnte natürlich auch Schleswig-Holsteiner und Niedersachsen mit Brillenträgern vergleichen. Denn offenbar ist es ja ebenso unmöglich Brillenträger und Niedersachse zu sein wie Westdeutscher und Moslem.



    Da wird eine religiöse Gruppe mit einer Gruppe verglichen, die in einem bestimmten Gebiet gelebt hat oder noch lebt.



    Und dann wird auch noch wohl danach gefragt. Woher soll ich denn wissen, ob mein Chef Moslem ist? (Okay, da ich meistens bei der Kirche eingestellt war, ist das sowieso eher unwahrscheinlich, weil die nach wie vor jeden diskriminieren dürfen wie sie wollen.) Selbst wenn die Frage nach Migranten gegangen wäre, wäre sie völlig unsinnig, weil auch das kein Kriterium ist, was so eindeutig bestimmbar wäre.

    Insgesamt scheinen also Moslems niemals Ost- oder Westdeutsche werden zu können und umgekehrt.



    Und Posten nach Religionszugehörigkeit zu vergeben, ist ja wohl voll daneben. Das habe ich lang genug bei der Kirche erlebt. Da wurde auch derjenige, der nicht in einer christlichen Kirche war, entweder gar nicht eingestellt oder durfte evtl. mal die Böden schrubben.

    • @Age Krüger:

      Interessant! Faszinierend geradezu. Sie reagieren genau so, wie die Wissenschaft es vorhersagt hat: Sie weisen vermeintliche Vorwürfe, die Ihnen persönlich gar nicht gemacht wurden, entschieden zurück und lenken vom Thema ab. Sie bestreiten, dass es überhaupt einen Sinn hat zu untersuchen, wie sich Menschen in Gruppen fühlen, die sie sich selber gar nicht ausgesucht haben. Sie machen jeden, der etwas anderes glaubt als Sie, lächerlich. Ich frage mich ernsthaft, warum Sie das nötig haben.

      Ist denn das Schicksal, "meistens bei der Kirche eingestellt" gewesen zu sein, wirklich so schwer? Oder gibt es da noch andere "Baustellen" in Ihrer Biografie? Wieso wollen Sie sich die Chance, weiter herabschauen zu können auf Leute, die Ihnen äußerlich, kulturell und sprachlich durchaus ähnlicher sind als jeder "Durchschnitts-Moslem", auf gar keinen Fall nehmen lassen? Wozu brauchen Sie ihr Überlgenheitsgefühl? Ach bitte: Klären Sie mich doch bei gelegenheit einmal auf!

  • Wenn schon, dann bitte Nägel mit Köpfen! Was ist mit Alten, der LGBTI*-Community, Behinderten, Hindus und Buddhisten, Ostfriesen, Blondin*Innen etc.?

    Ich denke, wir brauchen schleunigst ein Bundesministerium für Quoteneinhaltung, das jeden Bürger bei Geburt/Einreise erfasst und für ihn je nach Geschlecht, Religion, Herkunft, Bildungsstand und Beruf der Eltern, sexueller Orientierung, Hautton und Augenfarbe den späteren (naturgemäß unkündbar auszuübenden) Job festlegt sowie, wer sich wann mit wem zu vermehren hat und wer dann jeweils für den Nachwuchs sorgt, um ja auch Alle Gruppen überall adäquat und ökologisch-ortsnah repräsentiert zu haben.

    Ebenfalls sorgfältig repräsentativ selektierte 15% der arbeitsfähigen Bevölkerung bilden die sozial durchgefütterte "Quotenreserve" für den Fall, dass irgendwo mal jemand ungeplant ausfällt. Als Mitnahmeeffekt muss man dann auch nur noch die einigermaßen breit ausbilden. Alle anderen wissen ja, dass es im Arbeitsleben nur den einen Platz für sie gibt.

    Und Aldous Huxley würde freudig Purzelbäume in seinem Grab schlagen...

    /Satire

    • @Normalo:

      Da sagen Sie was, werte*r NORMALO! Aus Ungerechtigkeit wird nie Gerechtigkeit. Auch dann nicht, wenn man sie (halbwegs) gleichmäßig verteilt.

      Menschen sollten nicht herrschen über andere Menschen. Es gibt keinen logischen Grund dafür. Weder das Geschlecht, noch die Herkunft, das Alter, die Religion, die Hautfarbe oder die sexuelle Orientierung lassen vorab Rückschlüsse darauf zu, wie ein Person sich in einer bestimmten Situation verhalten wird. Stellvetreterei ist also immer risikobehaftet.

      Man muss also schon etwas riskieren, wenn man wissen will, wer eine "gute Wahl" (gewesen) ist und wer nicht. Dazu, allerdings, sind die wenigsten Leute bereit. Wer legt schon die Entscheidung über wichtige Lebensfragen freiwillig in die Hände wildfremder Egoisten?

      Gegen die existentielle Verunsicherung, die auftritt, wenn Menschen dazu gezwungen werden, hilft offenbar eine Art magisches Denken: Man erklärte das Individuum einfach zum Mitglied einer (aufgrund diverser Ähnlichkeiten und eines deswegen unterstellten Verhaltens mehr oder weniger befreundeten) Gruppe und leitet daraus ein Recht auf seine Erwartungshaltung ab.

      Manch einer glaubt halt an Gott, manch einer an Feng Shui und wieder andere glauben an Gruppenidentitäten. Jedem Tierchen sein Pläsierchen. Schade nur, dass die Konsequenzen derart unreifen Verhaltens so ungleich verteilt werden. Der Sieger nimmt sich alle Vorteile. Die Verlierer kriegen den Rest. Und alle finden, dass das normal und ganz in Ordnung ist so.

  • Interessant, dass in großangelegten Forschungen zu Fragen der Identitäten "Wer zu Deutschland gehört" ideologische Zuordnungen Kalten Krieges, mit Anleihen beim Ansturm muslimischer Osmanen, Türken auf Wien 1680, abgewendet allein durch Prinz Eugen, polnische Parforce Reiter Heere, wie die Erfindung West- , Ostdeutscher, statt von Pommeranzen, Mecklenburgern, Sachsen, Anhaltern, Thüringern zu reden, bis zum Letzten Heller ein weiteres Mal gar nicht fröhliche Urständ feiern.



    Die Westdeutschen machen das mit Blick auf die Mainlinie in Erinnerung an Reformationskriege, 30zigjähriger Krieg 1618-1648, Bismarcksche Reichsgründung 1871, Kulturkampf, indem sie aufgeladen boshaft von Bayern, Franken, Pfälzern, Schwaben, Welschen, Preußen, Hansen (Hanse- Handelsstädte) statt Deutschen sprechen, damit immer Staat nicht Gesellschaft meinen, wie Amerikaner, sich gegenseitig einander aufgehetzt mit Unterhaltungs- , Zugehörigkeitswert abzugrenzen.

    Wer gehört zu Deutschland, damit ist, anders als in USA nicht gemeint wer gesellt sich "American Way of Life" zu bei fehlendem Bewusstsein gemeinsamer Geschichte eines Verbrechen gegen Ureinwohner durch deren Enteignung von Boden, Jagdgründen, Rohstoffen, Vertreibung, Abschieben in Reservate, Auslöschen, sondern welcher Religion gehörst du an, statt Ostdeutsche, Migranten säkular auf Herkunfts Kultur orientiert, wahrzunehmen, als hätte es die Aufklärung, samt Säkularisierung, Trennung Staat Kirche nie gegeben, wenn doch, dann nur halbherzig.

    Was sich in Deutschland darin zeigt, dass christliche Kirchen aus umstriittenem Rechtstitel 1803, 1919, 1949.1990, dynamisiert 580 Millionen €/anno vom Staat erhalten. Im Kalten Krieg war dadurch blockübergreifend monetär ein klammheimlich deutsch-deutsches Übereinkommen zwischen Hüben und Drüben mit westdeutschen Steuermitteln möglich.

    Was für alle Beteiligten n. m. E. integrativ wirkt, ist Beleben von Säkularisierungsdebatten als gemeinsam identitätsstiftendes Projekt.statt Mission

  • Warum werden Migranten nur als Muslime geführt. Sind die Osteuropäischen Migranten nicht dabei?

  • Na die Alternative für Deutschland offensichtlich nicht!



    Die feiern ja nicht einmal Weihnachten, denn ohne die drei Weisen aus dem Morgenland, hätten wir nie von der Geburt Christi erfahren!



    Zitat:



    "7.2 Deutsche Leitkultur statt Multikulturalismus



    Die Alternative für Deutschland bekennt sich zur deut- schen Leitkultur, die sich im Wesentlichen aus drei Quellen speist: erstens der religiösen Überlieferung des Christen- tums, zweitens der wissenschaftlich-humanistischen Tradi- tion, deren antike Wurzeln in Renaissance und Aufklärung erneuert wurden, und drittens dem römischen Recht, auf dem unser Rechtsstaat fußt. "



    Das empfinde ich als eine arme Alternative.

    • @Peter Meisel:

      Was hat denn hier diese AfD zu suchen? Geht wohl nichts mehr im täglichen Leben ohne diese Partei?

  • "35 Prozent der Ostler meinen, dass sie noch immer Bürger zweiter Klasse sind. Im Westen glauben dies nur 18 Prozent. „Westdeutsche“, so die Schlussfolgerung der Studie, „ignorieren die Wunden der Wiedervereinigung.“"

    Man könnte auch Schlussfolgern, dass Ostdeutsche mehr jammern und sich selbst als Opfer stilisieren.

    Ob das so ist, sei dahingestellt, aber diese pauschalen Schlussfolgerungen haben schon einen verdächtigen Beigeschmack von "Interpretation entsprechend der Erwartungshaltung".

  • 60% der Türken in D wählen Erdogan, und dann jammern sie hier über Unterdrückung.

    Natürlich sind die Zahlen für die Ossis auch nicht schön, aber 24% AfD (Sachsen) ist eine andere Hausnummer als 60% Erdogan, wenn wir hier schon von Vergleichswerten reden.

    • @el presidente:

      Und selbst wenn 40% aller Ossis aber nur 10% allesr Wessis AfD gewählt hätten - das wäre noch lange KEIN Grund so zu tun, als hätten alle Ostdeutschen ein Demokratie-Problem und alle Wessis wären dagegen gefeiht.

  • Hier werden Äpfel mit Bananen verglichen.



    Die Taz hat immer noch nicht verstanden, dass auch Muslime ohne Migrationshintergrund in Deutschland leben. Wenn man eine Religion mit einer Menschengruppe vergleicht, ist eindeutig ein Fehler im Denkmuster und erinnert sehr an eine ganz bestimmte Zeit Deutschlands.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Martin Sommerfeldt:

      Das kann Sinn machen ( Im Irak unterteilt man klassischerweise Schiiten, Suniten und Kurden.) In diesem Fall macht es keinen Sinn.

    • @Martin Sommerfeldt:

      Das ist nicht unbedingt ein TAZ Fehler, sondern so wohl schon in der Studie angelegt. Was ist denn das gemeinsame "Muslim"Bild? Sind das keine West- oder Ostdeutschen?

      Der TAZ Text ist aber auch nicht frei von Problemen.:

      "..Ostler meinen, dass sie noch immer Bürger zweiter Klasse sind."

      Dieses "noch immer" ist eine klare Wertung. Wird bei den 18% Westler nicht eingefügt. Aber wie hat sich der Prozentsatz mit der Zeit verändert? Sinkt er wirklich im Osten und Westen?

      Auf jeden Fall sollte man für jede Gruppe eine Quotierung haben: Ost- Muslim-Frau, Ost-Muslim-Mann, Ost-Christ-Frau, Ost.... you get the trick

      • @fly:

        Wenn man ganz pingelig ist, wird durch "dass sie [...] sind" tendenziell unterstellt, dass Ostdeutsche tatsächlich Bürger zweiter Klasse wären. Um die Meinung mancher Ostdeutscher wiederzugeben, müsste es richtigerweiße "dass sie [...] seien" heißen.