Studentischer Wohnraum in Berlin: Hauptsache nicht schuld
SPD und Linke zanken darum, wer schuld ist, während Studierende länger auf Wohnraum warten müssen. Ein Wochenkommentar.
Studierende warten im Schnitt ein bis drei Semester auf einen Platz im Wohnheim – Anfang des Wintersemesters standen über 4.000 Studis auf der Warteliste, Tendenz steigend. Eigentlich sollten 5.000 neue Plätze bis 2020 entstehen, davon werden allerdings bis dahin rund 1.500 fehlen und der Ausbau verzögert sich bis mindestens Ende 2022.
Die Verzögerungen sind eine Analogie zu denen beim dringend nötigen Wohnungsneubau. Das ist einigermaßen beachtlich, weil die SPD den linken Koalitionspartner dafür ausdauernd kritisiert hatte, beim Wohnungsbau nicht aus dem Quark zu kommen. Blöd nur, dass die SPD selbst für Wohnraum von Studierenden zuständig ist, weil der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) in Personalunion Wissenschaftssenator ist. Schon Klaus Wowereit, Müllers Vorgänger, hatte die Plätze bereits 2013 versprochen.
Man sei zwar zuständig, die genauen Gründe für eine Verzögerung müssen Sie schon beim Bau-Ressort erfragen, heißt es aus der Müllers Senatskanzlei, schließlich baue man die Plätze ja nicht selbst. Tenor: Die städtischen Baugesellschaften in Zuständigkeit der LINKEN Senatsverwaltung für Bauen hinkten den Zielen hinterher. Aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Bauen heißt es wiederum, dass es ja schon etwas eigenartig sei, dass die für Studierende zuständige Verwaltung nichts dazu sagen kann, warum in dem Bereich nicht genügend Wohnraum zur Verfügung steht.
Anstatt nun ehrlich zu sagen, welche Probleme es generell beim Bauen gibt (für sowohl die SPD als auch die Linke) und dass diese natürlich ressortübergreifend für Bereiche gelten, in denen gebaut werden muss, zeigt Müllers Ressort ausdauernd mit dem Finger auf die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Vom Koalitionshickhack und gegenseitigen Schuldzuweisungen bauen sich allerdings weder Wohnungen schneller, noch ist irgendeinem Studierenden mit überteuerter WG-Miete und Drittjob geholfen.
Generelle Bauverzögerungen sind laut Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen dabei derzeit kaum zu vermeiden. Viele der Gründe träfen auch auf Neubau für studentisches Wohnen zu: Die meisten Verzögerungen gingen auf komplexe Planungs- und Genehmigungsverfahren zurück „sowie einem Mangel an personellen Kapazitäten in den planenden Behörden und der Bauwirtschaft“. Baukapazitäten an der Grenze, Kostensteigerungen und eine lange Übertragungszeit von Grundstücken an die städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Aufträge würden derzeit aufgrund der Überlastung des Marktes und Fachkräftemangels in Handwerkerberufen verzögert angenommen und abgearbeitet. Hinzu kämen mitunter juristische Auseinandersetzungen, Nachbarschaftswiderstände und Fragen von Denkmal- und Naturschutz.
Abstimmungserfordernisse bei der Bereitstellung von Grundstücken und die Verschiebung der Schließung des Flughafens Tegel hauten beim studentischen Wohnraum am meisten rein: Dort sollten allein 500 Wohnungen für Studierende entstehen.
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