Streit um Zwischenlager: Atommüll soll auch nach Bayern
Der Streit um Strahlenschrott scheint beendet. Nur ein kleiner Freistaat leistet Widerstand: Bayern zeigt sich renitent und will die Pläne torpedieren.
Grund der freistaatlichen Hasstiraden war ein Plan von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) zur Lösung eines dringenden atompolitischen Problems: Ab 2017 muss Deutschland seinen in 26 Castoren gelagerten Atommüll aus Frankreich und Großbritannien zurücknehmen.
Die vier für den Müll verantwortlichen Konzerne EnBW, Vattenfall, Eon und RWE wollten die Castoren eigentlich in das Zwischenlager Gorleben bringen.
Das lehnt der Bund ab: Die Endlagersuchkommission soll bis 2031 im ganzen Land nach einem finalen Standort für den Atommüll suchen. Noch mehr Strahlenschrott in Gorleben würde von vielen Beteiligten als Vorfestlegung auf ein Endlager ebendort gewertet werden.
BaWü, Hessen, Schleswig-Holstein und Bayern
Die vier Atomkonzerne zogen gegen das Gorleben-Verbot bis vor das Bundesverfassungsgericht – und wollen diese und andere Klagen nun zumindest ruhen lassen.
Hendricks hat mit den vier Konzernchefs ausgehandelt, dass fünf Castoren mit mittelradioaktivem Müll nach Philippsburg in Baden-Württemberg kommen sollen, je sieben nach Biblis in Hessen, Brokdorf in Schleswig-Holstein und eben Isar in Bayern. Was Horst Seehofer auf die Palme bringt.
Faktisch kann das Land nicht gegen eine solche Entscheidung vorgehen. Allerdings droht Bayern ohnehin damit, die Pläne für den Netzausbau im Rahmen der Energiewende zu torpedieren, und könnte sich nun noch renitenter zeigen.
Hendricks blieb trotz der Attacken aus München sachlich: Sie machte darauf aufmerksam, dass in keinem Bundesland so viel Atommüll angefallen ist wie in Bayern. „Natürlich gehört ein Standort in Bayern dazu“, sagte sie.
Verbindlich ist der Plan noch nicht. Die Atomkonzerne „begrüßten“ das Konzept lediglich. Unklar ist, wer eventuelle Zusatzkosten übernimmt. Bisher will der Bund Geld für eine Deckelwechselstation für Castoren bereitstellen – für das Jahr 2050, in dem Hendricks frühestens mit einem Endlager rechnet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau