Endlagerung von Atommüll: Gegen nukleare Mülltrennung

Die Endlagerkommission will einen Standort für hoch- und schwachradioaktiven Abfall suchen. Das bringt den Zeitplan durcheinander.

Ein „Gesperrt“-Schild am Eingang des Versuchsendlagers Asse

Alles in einen Topf: Müll aus dem Versuchsendlager Asse soll mit schwächer radioaktiven Müll zusammen lagern. Foto: dpa

BERLIN taz | | Es war eine deutliche Veränderung der Aufgabenstellung, mit der das Bundesumweltministerium die Expertenkommission zur Endlagersuche im August konfrontiert hatte. Denn bisher hatten sich die VertreterInnen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik auf die Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Müll konzentriert – also vor allem für die abgebrannten Brennelemente aus Atomkraftwerken, die mit rund 30.000 Kubikmetern wenig Volumen haben, aber viel Radioaktivität enthalten.

Nun soll nach dem Wunsch der Regierung ein Endlager gesucht werden, in das zusätzlich schwach- und mittelradioaktiver Müll eingelagert werden kann. Dafür ist eigentlich Endlager Schacht Konrad bei Salzgitter vorgesehen, doch für rund 300.000 Kubikmeter Müll gibt es dort weder Platz noch Genehmigungen – vor allem für jenen Atommüll, der aus dem havarierten Versuchsendlager Asse geborgen werden soll, und für Abfälle aus der Uranproduktion.

Gegen diese Aufgabenerweiterung hatten Teile der Kommission öffentlich protestiert. So meldete Michael Sailer vom Öko-Institut per Pressemitteilung „Bedenken“ gegen eine gemeinsame Lagerung an und kündigte an, die entscheidende Arbeitsgruppe lehne es ab, Kriterien für ein solches Mischlager zu entwickeln.

Das wiederum rief scharfen Widerspruch des Umweltministeriums hervor: Die Äußerungen widersprächen „den Grundsätzen guter wissenschaftlicher Arbeit“ und den „Erwartungen an eine solide Politikberatung“, schrieb Staatssekretär Jochen Flasbarth an die Vorsitzenden der Kommission.

„Wir werden im vorgesehenen Zeitrahmen nicht fertig“ Hubertus Zdebel, Linke

Bei der Sitzung der Endlager-Kommission trafen die Kontrahenten am Montag nun persönlich aufeinander – und bemühten sich um Abrüstung. Flasbarth betonte, das Ministerium habe lediglich eine Bitte an die Kommission formuliert, Sailer rang sich eine Art Entschuldigung für seine harsche Presseerklärung ab.

In der Sache aber blieb die Kontroverse bestehen, ob eine gemeinsame Lagerung von hoch- und schwachradioaktivem Müll sinnvoll und möglich ist. Vor allem beim Asse-Müll sei derzeit völlig unklar, was dieser für Eigenschaften haben werde, betonte Sailer. „Darum ist es nicht möglich, Kriterien dafür zu entwickeln.“ Dieser Einschätzung schlossen sich weitere Wissenschaftler an.

Von den VertreterInnen aus Politik und Umweltverbänden kam hingegen Unterstützung für eine Erweiterung des Auftrags. „Die Ausgangssituation hat sich verändert“, sagte etwa Klaus Brunsmeier vom BUND. „Und diese neue Situation sollten wir auch annehmen.“ Auch Wolfram König, als Präsident des Bundesamts für Stahlenschutz für den Asse-Müll verantwortlich, nannte die anstehenden Aufgaben „nicht unlösbar“.

Zeitrahmen problematisch

Als Kompromiss einigte sich die Kommission darauf, dass sie sich bei der Formulierung von Kriterien für ein Endlager zwar wie bisher auf hochradioaktiven Müll konzentriert. Zugleich sollen jedoch weitere Erkenntnisse über den zusätzlichen Abfall eingeholt und Kriterien entwickelt werden, unter welchen Bedingungen er am gleichen Standort eingelagert werden könnte.

Keine Einigung gab es bei der Frage, ob für diese Ausweitung der Arbeit mehr Zeit erforderlich ist. „Wir werden im vorgegebenen Zeitrahmen nicht fertig werden, sagte etwa Hubertus Zdebel von der Linksfraktion. Auch Sylvia Kotting-Uhl fordert einen Aufschub, und der Kovorsitzende der Kommission, Michael Müller, nannte den Zeitrahmen „zumindest problematisch“. Andere Mitglieder und auch Staatssekretär Flasbarth plädierten hingegen dafür, dass die Kommission ihren Bericht wie geplant am 30. Juni nächsten Jahres vorlegt.

Welchen Charakter dieser Bericht haben wird, ist angesichts der komplexen Fragestellung aber offen, betonte der SPD-Abgeordnete Matthias Miersch. „Möglicherweise wird das kein Abschlussbericht, sondern eher ein Zwischenbericht.“

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