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Streit um „Landolf Ladig“Junge Gemeinde Jena verklagt Höcke

Björn Höcke schrieb wohl als „Landolf Ladig“ für NPD-Blätter. Er aber behauptet, Ladig sei aus der Jungen Gemeinde Jena. Die klagt jetzt.

Björn Höcke Foto: Reichel/dpa

Berlin taz | Die Junge Gemeinde in Jena verklagt den Thüringer AfD-Politiker Björn Höcke. In dem Rechtsstreit geht es um die Frage, wer hinter dem Pseudonym „Landolf Ladig“ steckt. Unter diesem Namen wurden ab 2011 Artikel für die NPD-Blätter Volk in Bewegung und Eichsfeld-Stimme verfasst.

Der Soziologe Andreas Kemper hat in den vergangenen Jahren mit einer Indizienkette eindrucksvoll belegt, dass mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Höcke hinter diesem Pseudonym steckt. Zu seinen Belegen gehören über ganze Passagen wortgleiche Formulierungen, Höcke und Ladig verwenden zudem selten genutzte Begriffe wie „Homöostase“ oder „Perturbation“. Auch wird in einem der Artikel das Wohnhaus Höckes in Bornhagen, einem Dorf im Nordwesten Thürigens, detailliert beschrieben. Herausgeber der rechtsextremen Blätter ist Thorsten Heise, Vizechef der NPD. Er wohnt wenige Kilometer entfernt und ist mit Höcke gut bekannt.

Der Bundesvorstand der AfD übernahm Kempers Argumentation 2017 weitgehend, als er unter Leitung der ehemaligen Partei-Chefin Frauke Petry ein Parteiausschlussverfahren gegen Höcke auf den Weg brachte. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz ist der Ansicht, „dass in der Gesamtschau eine Identität zwischen ‚Ladig‘ und Höcke (…) nahezu mit Gewissheit anzunehmen ist“.

Höcke, den man mit richterlichem Segen inzwischen als „Faschisten“ bezeichnen darf, aber bestreitet das weiter. Eine eidesstattliche Versicherung, zu der er von seiner eigenen Partei schon vor Jahren gedrängt wurde, lehnt er allerdings ab. Auch hat er bislang nicht dagegen geklagt, wenn behauptet wurde, dass er Ladig sei.

Belege für Höckes Behauptung? Fehlanzeige

Als ein Journalist des MDR nun im Sommerinterview Höcke nach Ladig fragte, antwortet dieser, man solle sich mit der Frage an die Junge Gemeinde Jena wenden. „Ich habe also aus zuverlässiger Quelle gehört, dass dort der Geburtsort von Landolf Ladig ist“, sagte Höcke. Der AfD-Rechtsaußen behauptet also, dass in der evangelischen Jugend Texte für NPD-Blätter verfasst wurden – ohne jeden Beleg. Die Junge Gemeinde, die bis vor Kurzem von dem Pfarrer Lothar König geleitet wurde, ist traditionell antifaschistisch unterwegs.

Gegen Höckes Behauptung will die Junge Gemeinde nun mit einer Unterlassungsklage vorgehen. „Wir sind gespannt darauf, wie Höcke beweisen will, dass Landolf Ladig eine Erfindung der JG Stadtmitte ist“, sagt Anne Neumann von der Jungen Gemeinde. „Und wir hoffen, dass es dabei zu einer endgültigen Klärung der Personalie Höcke/Ladig kommt.“ Um die Prozessrisiken finanziell abzusichern, hat die Junge Gemeinde zu Spenden aufgerufen. Innerhalb von fünf Tagen sind bereits mehr als 5.000 Euro zusammengekommen.

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8 Kommentare

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  • Soso. Höcke ist also nicht Landolf Ladig, weiß aber wer unter diesem dämlichen Pseudonym für ein Blatt der NPD geschrieben hat.



    Nun, einer von beiden Höcke oder Ladig, sollte den anderen wegen Plagiats verklagen.



    Und sich ein besseres Pseudonym suchen.



    Wenn man schon auf Alliterationen steht, wie wäre es mit:



    Frank Fascho, Bernd Brotdoof oder (Inspiriert von extra3) Peer Pimmelbomber?



    Steffen Schickelgruber wäre auch was...



    Wen will der Kerl eigentlich blenden? Und selbst wenn er es zugeben würde, seine Flüge Fans würden ihm weiter die Stange halten.



    Ich wünsche mir einen auftrechten Faschisten der endlich mal zu seinen Taten steht. Der so anständig wie... ok, es gibt keine anständigen Faschisten. Herr Bern Höcke, machen Sie weiter so, Sie ändern sich ja doch nicht.

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)
  • RS
    Ria Sauter

    Das habe ich auch gedacht.



    Wünsche,dass der Höcke voll auf seine braune Schnauze fällt.

  • Zitat: „Um die Prozessrisiken finanziell abzusichern, hat die Junge Gemeinde zu Spenden aufgerufen. Innerhalb von fünf Tagen sind bereits mehr als 5.000 Euro zusammengekommen.“

    Ich fürchte, die „Prozessrisiken“ beschränken sich nicht auf den finanziellen Gegenwert von 5.00 Euro. Gegen die größten Risiken helfen vermutlich keine Spendensammlungen.

    Der Jungen Gemeinde Jena gehören durchaus kreative Köpfe an, hörte ich. Auch solche, die nicht ausschließlich „traditionell antifaschistisch unterwegs“ sind. Was wäre also, wenn einige besonders engagierte Gemeindemitglieder der Ansicht wären, Pfarrer König müsste nicht alles wissen, was so geplant ist in Sachen antifaschistischer Kampf. Auch, weil er grade selbst genügend Ärger hat mit Vater Staat und seinen engagierten Mitarbeitern.

    Gegen einen Parteivorsitzenden helfen die eher handwerklichen Mittel traditioneller Antifaschisten wenig, das mögen sich auch und gerade intelligentere Antifaschisten sagen. Besonders kreative Köpfe könnte im Zusammenhang mit dieser Erkenntnis vielleicht auf den Gedanken gekommen sein, es wäre womöglich besser, die Partei selbst ginge gegen ihren Vorsitzenden vor. Zum Beispiel aus Anlass diverser Veröffentlichungen, die „mit sehr großer Wahrscheinlichkeit“ einem Mann zugeschrieben werden könnten, der selten genutzte Begriffe wie „Homöostase“ oder „Perturbation“ verwendet und Teile seiner Veröffentlichungen zum Zwecke der Effizienzsteigerung mehrfach recycelt. Was dann?

    Mal angenommen, im Zuge einer Unterlassungsklage passiert das, was eigentlich im Zuge eines Parteiausschlussverfahrens hätte passieren sollen, nur irgendwie verkehrt herum. Was wäre, wenn, quasi ein Schatten hängen bliebe an der Jungen Gemeinde Jena, weil nicht recht zu beweisen ist, dass Landolf Ladig keine Erfindung kreativer Antifaschisten ist? Ich meine: Ich frage bloß mal so. Weil ich ja aus Erfahrung weiß, wie‘s so bestellt ist um den tätigen Antifaschismus bestimmter Personengruppen und Institutionen...

    • @mowgli:

      Totaler Quark!

      Und überhaupt:



      "Was wäre, wenn, quasi ein Schatten hängen bliebe an der Jungen Gemeinde Jena, weil nicht recht zu beweisen ist, dass Landolf Ladig keine Erfindung kreativer Antifaschisten ist?"

      Nix wäre dann. Höcke hat behauptet, dass dort der Ursprung von Ladig wäre. Er muss beweisen, dass seine Behauptung richtig ist. Man kann eben nicht beweisen, dass es etwas nicht gibt, was ein anderer behauptet.



      Würde mich sehr wundern, wenn die deutsche Justiz Russels Teekanne ignorieren würde.

    • @mowgli:

      Nach dem Kauf von 88 Rollen Alufolie kann ich mich deiner wasserdichten Argumenationskette komplett anschließen.



      Landolf Ladig ist bzw. war eine false flag-Aktion zeitreisender AntifaschistInnen, die 2011 rechtsextreme Texte in ebensolchen Publikationen veröffentlichten, weil sie wussten, dass Jahre später ein bis dato unbedeutender Geschichtslehrer eine Karriere als blaubraunes Aushängeschild einer erst 2014 gegründeten Partei hinlegen würde, der sich exakt derselben, ungewöhnlichen Sprachwendungen bedienen sollte.



      Danke für diesen Gedankenanstoß.

    • @mowgli:

      Ich hab ein bischen gebraucht, um ihren Kommentar zu verstehen, aber ich glaube sie wollen nahelegen, Mitglieder der jungen Gemeinde könnten die Texte unter dem Pseudonym Landolf Ladig geschrieben haben, mit der gleichen Wortwahl wie Höcke, um Höcke dann innerhalb der AfD zu diskreditieren.



      Falls das so sein sollte, kann ich sie da beruhigen: Wie im Text oben schon erwähnt sind die Landolf Ladig Texte aus dem Jahr 2011, die AfD wurde erst zwei Jahre später gegründet.

      Woher haben Sie ihre Erfahrungen mit dem "tätigen Antifaschismus bestimmter Personengruppen und Institutionen", dass sie so misstrauisch sind?

    • @mowgli:

      Weit hergeholt. Meinst du wirklich, man verfasst 8 Jahre lang ekelhafte Texte in ekelhaften Zeitschriften, um einen Faschisten zu diskreditieren, der zu dieser Zeit noch überhaupt keine Rolle spielte?