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Streit um KlimaschutzplanSigmar Gabriel blockiert

Ausdauernd haben die Ministerien verhandelt, um einen Klimaschutzplan auf die Beine zu stellen – den sie nun vorerst doch nicht verabschieden können.

Die Bundesumweltministerin dürfte nicht erfreut sein Foto: dpa

Berlin dpa | Das Ringen um einen Klimaschutzplan für Deutschland geht weiter. Zum Ärger von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) steht ihre Strategie zur Treibhausgas-Minderung an diesem Mittwoch doch nicht auf der Tagesordnung des Bundeskabinetts. Eine Einigung, mit der Regierungskreise für den Vorabend fest gerechnet hatten, fiel vorerst aus – nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Deutschen Presse-Agentur, weil Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel nicht mitzog. Wann weiterverhandelt werden soll, war zunächst offen.

Die Opposition zeigte sich verärgert über die erneute Verzögerung, durch die Hendricks nun ohne Klimaschutzplan zur Weltklimakonferenz nach Marokko reisen muss. „Auch in der Verlängerung hat die Bundesregierung beim Klimaschutzplan nicht auf Sieg gesetzt, sondern am Ende noch ein sattes Eigentor geschossen“, sagte Grünen-Chefin Simone Peter. Die Interessen der Kohlelobby sowie der Auto- und Agrarindustrie triumphierten über den Kampf gegen die Erderwärmung.

Zuletzt hatte es aus Verhandlungskreisen geheißen, dass insbesondere Passagen zur Braunkohle umstritten seien. Unter anderem hatte am Dienstag Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) davor gewarnt, Investitionen in neue Kraftwerke und Tagebaue zu verbieten. „Nur mit einem Kohleausstieg lassen sich die Klimaziele realisieren“, hielt der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir dagegen. Dem verweigere sich die Bundesregierung.

Hendricks will mit dem Klimaschutzplan aufzeigen, wie Deutschland bis 2050 den Netto-Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen Richtung null bringen kann. Der Auftrag dazu kommt aus dem Koalitionsvertrag von Union und SPD. Ein verbindliches Klimaschutzgesetz ist der Plan aber nicht. Vor allem die Ministerien für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft waren mit einer ersten Fassung, die Hendricks im April vorgelegt hatte, nicht einverstanden.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace nannte das vorläufige Scheitern des Konzepts eine „Bankrotterklärung“ für den Klimaschutz in Deutschland. Gabriel habe seine Umweltministerin verraten, sagte Klimaexperte Karsten Smid. Es sei „jämmerlich“, dass er nicht einsehe, dass Klimaschutz ohne Kohleausstieg nicht möglich sei.

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6 Kommentare

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  • Anscheinend hat Herr Gabriel aus dem Schlamassel der letzten Zeit nichts gelernt.

    Kein Wunder, dass die Leute gefrustet sind, wenn die linken Parteien selbst bei so dringenden Themen, bei denen Deutschland ja angeblich eine Vorreiterrolle einnehmen soll, den Lobbyisten dermaßen nach der Pfeife tanzen. Gerade die Automobilbranche hat sich das ja in der letzten Zeit nicht gerade verdient.

    Die SPD müsste das jetzt im Hinblick auf die kommende Bundestagswahl langsam mal begreifen, sonst sieht es düster aus. Die Linken parteien müssen angesichts dessen, was da gerade über uns hereinbricht, endlich mal den Arsch hochbekommen.

  • Sigmar Gabriel = der deutsche Trump: Ich mach einfach was ich will, die Realität interessiert mich nicht.

    • 1G
      1714 (Profil gelöscht)
      @Jürgen Schleucher:

      Nein, er macht nicht was er will, er tut das was die Lobby ihm sagt.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Erst musste er TTIP fallen lassen, dann mit Mühe am Verfassungsgericht vorbei, CETA durchdrücken, dann hat er warscheinlich in China ein paar Ohrfeigen abbekommen, sein Freihandelsvorschlag für die ganze Erde ist mit Kopfschütteln aufgenommen worden, sein Bundespräsidentenvorschlag klappt auch nicht so richtig und jetzt braucht der dicke Siggi wieder was neues und opfert gleich noch die tüchtige Umweltministerin aus 'seiner' Partei.

    Ich würde einen Besuch bei einem Psychiater vorschlagen.

  • Was für ein Eigentor der SPD. Zunächst beschuldigt die Umweltministerin öffentlich die CDU/CSU geführten Ressorts, ruft nch der Kanzlerin und jetzt wird ein eilig gestrickter Kompromiss vom SPD Chef boykottiert. Zeit für einen Rücktritt, sehr geehrte Frau Hendricks.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Gabriel verrät für ein Linsengericht die gesamte Bevölkerung. Nur: er wird dieses Linsengericht nicht mal bekommen. Eine so blinde (nicht mal kurzsichtige) Politik führt geradezu in die Sackgasse. Alle Welt hat begriffen um was es geht, nur der Grätenlose ist zu dumm dazu. Seine Tochter wird -wie Millionen anderer Kinder in der Welt- die Folgen zu spüren bekommen. Nur weil der Vater auf ein paar hundert Stimmen geschielt hat...