piwik no script img

Streit um Gasbohrungen im MittelmeerGefährliche Eskalation

Ein türkisches und ein griechisches Kriegsschiff sind kollidiert. Der Zwist ist am Freitag Thema für die EU-Außenminister.

Eine griechische Soldatin beobachtet eine griechisch-französische Militärübung am 13. August Foto: Greek Ministry of Defence/reuters

Istanbul taz | Vor der heutigen Sondersitzung der EU-Außenminister zu Belarus und dem griechisch-türkischen Streit um Gasbohrungen im Mittelmeer ist es nach türkischen Angaben zu einer Kollision zwischen einem türkischen und griechischen Kriegsschiff gekommen. Was der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Donnerstagabend in einer öffentlichen Rede nur andeutete, war nach türkischen Presseberichten eine gefährliche Eskalation im Streit mit Griechenland.

Danach hätte ein griechisches Kriegsschiff versucht, das türkische Explorationsschiff „Oruç Reis“ vom Kurs abzubringen, und sei daraufhin von einem türkischen Kriegsschiff fast gerammt worden. Die Schiffe hätten sich touchiert, die griechische Fregatte „Limnos“ hätte sich dann aber zurückgezogen.

In den griechischen Medien wird ebenfalls von einer Kollision zweier Kriegsschiffe berichtet. Der griechische Außenminister Nikos Dendias erklärte am Freitagmorgen, er werde seinen EU-Kollegen bei der heutigen Sondersitzung über den Zwischenfall unterrichten. Griechenland fordert, dass die EU wegen der aus ihrer Sicht illegalen Aktionen der Türkei Sanktionen gegen den Beitrittskandidaten verhängt.

Seit vergangenem Montag kreuzt das türkische Forschungsschiff „Oruç Reis“ in Gewässern zwischen der türkischen Küste nahe der griechischen Insel Rhodos und Zypern und nimmt dort seismische Messungen vor. Diese sollen klären, ob sich Gasvorkommen unter dem Meeresboden befinden.

Illegaler Einsatz

Nach griechischer Auffassung, die von der UN-Seerechtskonvention gestützt wird, gehört dieses Meeresgebiet allerdings zur ausschließlichen Wirtschaftszone Griechenlands, der Einsatz des türkischen Forschungsschiffes sei deshalb illegal. Die Türkei behauptet dagegen, sie suche völlig zu Recht im Bereich ihres 200 Meilen umfassenden Festlandssockels.

Das türkische Forschungsschiff wird von mittlerweile fünf Kriegsschiffen begleitet. Auch Griechenland hat immer mehr Kriegsschiffe in die Region entsandt. Seit Donnerstag sind zur Unterstützung Griechenlands auch zwei französische Kriegsschiffe aufgetaucht.

Die Situation ist deshalb hochgefährlich und kann jederzeit eskalieren. Zwar betont der türkische Präsident Erdoğan,er wolle verhandeln. „Wir suchen keine Abenteuer“, sagte er. Zugleich beschuldigte er Griechenland, „infam“ zu handeln. Der griechische Ministerpräsident Mitsotakis sagte, er sei ebenfalls für Gespräche offen, allerdings sei Griechenland im Recht. Auch er wolle keine Eskalation, die Situation könne jedoch durch einen „Unfall“ jederzeit aus dem Ruder laufen.

Die EU-Außenminister müssen sich nun dazu verhalten. Sie haben bereits einmal in einer ähnlichen Situation im Streit um die Gewässer um Zypern Sanktionen gegen die Türkei beschlossen, allerdings waren diese mehr symbolischer Natur.

Jetzt will Griechenland mehr. Unterstützt wird Mitsotakis vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron, während Bundeskanzlerin Angela Merkel versucht zu vermitteln. Sie sprach am Donnerstagabend sowohl mit Erdoğan als auch mit Mitsotakis.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare