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Streit um Atomabkommen mit IranIran weist US-Forderungen zurück

US-Außenminister Pompeo stellt zwölf Forderungen an Iran, sonst drohen harte Sanktionen. Kritik daran kommt nun auch aus der EU.

Die USA verlangen, dass Iran auch auf auf zivile Urananreicherung verzichtet Foto: dpa

Iran hat die zwölf weitreichenden ultimativen Forderungen und Sanktionsdrohungen, die US-Außenminister Mike Pompeo am Montag an die Führung in Teheran richtete, scharf zurückgewiesen. Auch aus Deutschland und der EU kam deutliche Kritik.

In einer Rede vor der konservativen Denkfabrik Heritage Foundation in Washington hatte Pompeo am Montag verlangt, das internationale Atomabkommen mit Iran, aus dem sich US-Präsident Donald Trump Anffang Mai zurückgezogen hatte, durch ein neues zu ersetzen. Im Unterschied zum derzeitigen Vertrag mit einer Laufzeit von 25 Jahren müsse ein neues Abkommen unbegrenzt gelten und den Kontrolleuren der Internationalen Atomenergieorganisation völlig uneingeschränkten Zugang nicht nur zu nuklearen Anlagen gewähren, sondern zu sämtlichen militärischen Einrichtungen Irans.

Zudem solle Teheran vollständig auf die Anreicherung von Uran verzichten – selbst auf jene zu nichtmilitärischen Zwecken der Energieversorgung und der medizinischen Versorgung.

Darüber hinaus verlangte der US-Außenminister, dass ein neues Abkommen Iran die Entwicklung ballistischer Raketen untersagt. Und schließlich müsse Teheran seine Militärberater und Soldaten in Syrien vollständig abziehen, jegliche Unterstützung für die Hisbollah im Libanon, die Hamas im Gazastreifen und die Huthi-Rebellen im Jemen einstellen. Sollte die iranische Führung diesen Forderungen nicht nachkommen, drohte Pompeo mit den „härtesten Sanktionen der Geschichte“.

Europäer vermissen Lösungsansätze

Der iranische Präsident Hassan Rohani verurteilte die Ansprache des US-Außenministers als „inakzeptabel“. Sein Außenminister Mohammed Dschawad Sarif bezeichnete die US-Diplomatie als „Schwindel“. Sein Land werde weiter mit den Europäern zusammenarbeiten, um Lösungen zu finden, schrieb Sarif auf Twitter. „Das iranische Volk muss zusammenstehen und es wird dem amerikanischen Außenminister eins hart aufs Maul geben,“ erklärte Ismail Kowsari, ein ranghoher Kommandeur der Revolutionsgarden.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini beklagte, Pompeo habe keine Lösungsansätze präsentiert. Er habe auch nicht gezeigt, wie eine Abkehr vom bestehenden Abkommen den Nahen Osten sicherer mache. Ähnlich äußerte sich der britische Außenminister Boris Johnson.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD), der dieser Tage zum Antrittsbesuch in Washington ist, will bei seinem Treffen mit Pompeo die Kritik an den von Washington angedrohten Sekundärsanktionen gegen im Irangeschäft tätige europäische Unternehmen bekräftigen. Pompeo dürfte das kaum beeindrucken. In seiner Rede hatte er bereits erklärt: „Ich weiß, unsere Verbündeten in Europa wollen den Atomdeal mit Iran aufrechterhalten. Sie wissen, wo wir stehen.“

Auch in Washington ist bekannt, dass die von der EU in Kraft gesetzte Verordnung, die europäischen Unternehmen die Befolgung der US-Sekundärsanktionen untersagt, in der Praxis nur geringe Auswirkungen haben wird. Denn die Ausfallzahlungen, die die EU den Unternehmen mit dieser Verordnung im Prinzip zugesagt hat, könnten im Ernstfall eine hohe dreistellige Milliardensumme ausmachen. Das übersteigt nach Einschätzung aller Experten die finanziellen Möglichkeiten der EU. Wahrscheinlicher ist daher, dass sich nach dem französischen Erdölkonzern Total weitere Unternehmen aus dem Irangeschäft zurückziehen.

Über kurz oder lang dürfte sich die EU einige der US-Forderungen an Iran zu eigen machen

Denn die EU und ihre Mitgliedsregierungen wollen nach allen bisherigen Aussagen auf die rechtswidrigen US-Sanktionen nicht in gleichem Umfang mit Sanktionen reagieren, weil – wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Dienstag erneut erklärte – bei einer Eskalation des transatlantischen Handelskonflikts „alle verlieren würden“.

Daher dürfte sich die EU über kurz oder lang zumindest einige der zwölf Forderungen Washingtons an Teheran zu eigen machen. Zumindest jene nach einer Einstellung oder zumindest Begrenzung des ballistischen Raketenprogramms sowie nach einem Ende der iranischen Unterstützung für die Hisbollah, Hamas, die Hutis und einem militärischen Rückzug aus Syrien.

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11 Kommentare

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  • Trump, Pompeo und Bolten haben im Hintergrund noch ganz andere Interessen, als die Sanktionen gegen den Iran!

    Wir werden sehen, dass auch das Gespräch mit Nord Korea entweder gar nicht erst stattfinden wird, oder aber von Trump gestoppt wird, denn auch dort geht es um etwas ganz anderes, als um die A - Bombe!

     

    Diese Leute, die Hartliner, wie so schön gesagt wird, wollen in erster Linie der Welt klar machen, dass die USA die absolute Macht über diesen Planeten erreichen wollen und die Aussichten stehen gut für die USA, dass zu erreichen, denn es gibt kein Land der Erde, außer vielleicht China, welches genug finanzielle Macht aufbringt, um dieses Ansinnen zu stören!

     

    Trump mag ein absoluter Idiot sein, aber er versteht die Wirtschaft dieser Welt und mit seinen beiden Kettenhunden hat er endlich die "Richtigen" gefunden, dies auch auszuspielen!

     

    Die EU ist eine sich selbst zerreißende Institution, welche nicht genug Einigkeit aufbringt, sich gegen die USA durchzusetzen! Man schaue sich die russische Gasleitung an, die nun unbedingt gebaut werdeen muss, aber unter Protest diverser Osteuropäischer Staaten, die sich nun übergangen fühlen, da das Gas nicht mehr ihr Land durchquert, sie also keine Tantiemen mehr bekommen können für die Durchleitung. Selbst die Ukraine muss, als nicht EU Mitglied berücksichtigt werden!

     

    Dieses klein auf klein der EU und ihrer Anrainerstaaten weiß Trump bestens auszunutzen um die EU zu schwächen!

     

    Die jetzt kommenden Sanktionen auf Alu und Stahl, mit Sicherheit auch noch auf die deutschen Autos, so wie die Strafen gegen den Handel mit Iran kann sich die EU nicht leisten, denn außer Deutschland, sind alle EU Mitglieder kaum finanzkräftig genug, auch nur eine kleine Weile durchzuhalten.

     

    Trumps Ziel ist es den Ländern dieses Planeten genau aufzuzeigen wie abhängig die Welt von den USA und dem Dollar ist, um seine und die Macht der USA genau zu definieren!

     

    Auch die (noch) Demokratie der Amerikaner wird Trump nicht stoppen, wenn er Erfolg hat!!!

  • "Zumindest jene nach einer Einstellung oder zumindest Begrenzung des ballistischen Raketenprogramms sowie nach einem Ende der iranischen Unterstützung für die Hisbollah, Hamas, die Hutis und einem militärischen Rückzug aus Syrien."

    Sollten diese Forderungen nicht eine Selbstverständlichkeit sein? Man kann sicher darüber diskutieren, ob man diese Themen mit dem Atomwaffenthema verbinden sollte, aber daß man prinzipiell diese Forderungen unterstützen sollte, daß müßte doch in der EU und generell unter demokraten konsensfähig sein.

    • @yohak yohak:

      "Selbstverständlichkeit."

       

      Unter der Voraussetzung, dass Trump der Gute und iranische Gottesstaatler die Bösen sind, ist das eine Selbstverständlichkeit.

       

      Wenn man die Rolle der USA, des Irans, Israel, SA, Türkei z.B. in Syrien vergleicht, stellt sich aber schon die Frage, wer stabilisiert und wer für Krieg und Chaos verantwortlich ist.

       

      Was haben eigentlich die USA - gegen den Willen der syrischen Regierung - in Syrien verloren?

       

      Der Iran ist zumindest in Syrien regionale Ordnungsmacht, die den Bürgerkrieg beenden kann. Alternativen dazu sind nicht ersichtlich.

    • @yohak yohak:

      Warum eigentlich?

       

      Gibt es denn schon Forderungen nach einer Begrenzung von Waffenkäufen für die Anti-Iran Koalition? Gibt es schon Sanktionen wegen der angriffe SA im Jemen? Warum sollte sich der Iran aus Syrien zurückziehen? Er ist dort schliesslich willkommen? Geben die USA denn auch die Militärbasen in Katar auf?

       

      All diese Fragen zeigen, wie weit daneben die Forderungen der USA sind. Da geht es nicht um eigene Sicherheit, sondern um Diktatur gegenüber anderen Ländern.

    • @yohak yohak:

      Natürlich kann man diese Forderungen stellen. Aber bestimmt nicht als Ultimatum unter Bruch eines bestehenden Abkommens. Warum sollte der Iran noch ein Abkommen mit Staaten schließen, die Abkommen nach Lust und Laune brechen? Das ist den Machthabern in Washington auch klar. Ihnen geht es darum, die iranische Regierung zu stürzen. Das wird zwar kaum gelingen, aber zu neuem Chaos führen. Um die Folgen solcher verantwortungslosen Handlungen dürfen wir uns dann wieder kümmern. Wenn z.Z Diskussionen über Sanktionen geführt werden müssen, dann gegen den Staat der Verträge zerreißt - die USA.

  • Ich sehe schon unseren Außenminister, von Dieter Dehm jetzt nur noch als Strichmännchen bezeichnet, wie er von seinen großmäuligen Sprüchen stetig Abstand nimmt und peu a peu die Forderungen Trumps übernehmen wird.

    Mit der neuen EU-Fahne, weiße Sterne auf weißem Grund, könnte er sich bestimmt rasch anfreunden.

    Und die Transatlantiker rüsten ja schon auf mit neuen Strategien. Soll denn jetzt wirklich Europa in Einklang mit China und Russland gegen die Interessen unserer "Schutzmacht" USA vertragstreu bleiben zugunsten des Regimes in Teheran?

  • So eine bullshit-Diskussion. Allen Beteiligten ist doch bewusst, dass bei ziviler Nutzung waffenfähiges Material abfällt. Nur deswegen ist die Entwicklung von Thoriumreaktoren vor knapp hundert Jahren eingestellt worden.

    • @KnorkeM:

      Ich habe bei den orderungen nichts von Verbot einer Wiederaufbereitung unter Kontrolle der Internationalen Atomenergiebehörde gelesen. Erstaunlich finde ich die Forderung alle Militärstützpunkte inspizieren zu wollen. Ja öffnen jetzt auch die USA alle ihre im inland liegenden Kasernen für Russland oder China?

    • @KnorkeM:

      Bitte erst informieren und dann schreiben.

  • Der letzte Teil des Artikels zeigt deutlich, dass die EU eine neue Fahne benötigt. Weiße Sterne auf weißem Grund.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Weisse Fahne genügt!

       

      Wir ergeben uns bedingungslos