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Streit über polizeikritischen TweetRauswurf war rechtswidrig

Ein Tweet kostete Bahar Aslan im Mai ihren Lehrauftrag an der Polizei-Hochschule NRW. Zu Unrecht, urteilte ein Gericht jetzt in zweiter Instanz.

Das Land hätte an Bahar Aslans Eignung zweifeln, aber sie nicht rauswerfen düfren Foto: privat

Münster/Gelsenkirchen dpa/epd | Die nordrhein-westfälische Polizeihochschule hätte der Dozentin Bahar Aslan nicht ihren Lehrauftrag entziehen dürfen. Das hat das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in einem Eilverfahren entschieden und am Montag mitgeteilt. Der Beschluss vom 15. Dezember ist nicht anfechtbar.

Bereits das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen sah die Dozentin im Recht. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt, doch das Oberverwaltungsgericht (OVG) wies diese nun zurück.

Zwar habe das Land nach einem Twitter-Beitrag (inzwischen X) von Bahar Aslan an deren Eignung für die Wahrnehmung des Lehrauftrags zweifeln können, so das Gericht. Bei dem Widerruf des Lehrauftrags habe das Land sich aber rechtswidrig auf „fehlerhafte Weise auf weitere – sachfremde – Umstände gestützt“ heißt es in der OVG-Mitteilung (Az: 6 B 1034/23).

Für den Lehrauftrag sei es nicht erforderlich gewesen, sich eine Nebentätigkeit genehmigen zu lassen. Deshalb könne damit nicht begründet werden, ihr den Lehrauftrag zu entziehen. Auch reichten Drohungen gegenüber der Hochschule nicht als Grund aus. Bereits das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte so argumentiert.

Herzrasen bei Polizeikontrollen

Aslan hatte auf der Plattform Twitter, die inzwischen X heißt, im Mai dieses Jahres geschrieben: „Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freun­d*in­nen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität, sondern die von vielen Menschen in diesem Land.“ Dafür war sie in Kritik geraten. Ihr Post und die Reaktion der Hochschule darauf hatten zu einer Debatte über Rassismus in der Polizei und Erfahrungen von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte geführt.

Aslan ist beamtete Lehrerin im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen. Seit 2022 lehrte sie nebenamtlich an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW zum Thema „Interkulturelle Kompetenz“. Nach ihrem umstrittenen Tweet im Mai dieses Jahres hatte die Hochschule den bereits erteilten Lehrauftrag für den Zeitraum vom Januar 2024 bis zum April 2024 widerrufen.

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20 Kommentare

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  • Danke für den Einblick, @LOWANDORDER!

  • Hat sich die Polizeihochschule bei ihrer Entscheidung vielleicht vom Universalgelehrten Rainer Wendt ("DPolG") beraten lassen? Der hätte möglicherweise nur ein Foto und den Namen von Frau Aslan gebraucht, um hier sein Urteil raus zu posaunen.

  • Frau Aslan lehrt zum Thema »Interkulturelle Kompetenz« und hat in einem Tweet deutlich gemacht, welche Gefühle der braune Dreck bei den Sicherheitsbehörden bei ihr ausgelöst werden.



    Dass die Behörde das nicht so gern haben will - geschenkt. Das sie Frau Aslan den Lehrauftrag entzieht, ist deutscher Stumpfsinn gepaart mit beleidigter Bockigkeit.



    Gut, dass sie sich das nicht gefallen lässt und drangeblieben ist. Gratulation 🎉

  • Ein Sieg für unseren Rechtsstaat, eine Schande für die Polizeihochschule! Vielleicht sollten die Herrschaften dort man zuhören, statt mit Entlassung zu reagieren.

  • "Bei dem Widerruf des Lehrauftrags habe das Land sich aber rechtswidrig auf „fehlerhafte Weise auf weitere – sachfremde – Umstände gestützt“"

    soll das jetzt heißen, wenn sie nur das "Richtige" in die Begründung geschrieben hätten, hätten sie sie entlassen dürfen??

    • @Brombeertee:

      Naja darüber hat das Gericht keine Aussage getroffen, ob die Kündigung in dem Fall durchgegangen wäre, wenn sie die Wahrheit in die Begründung geschrieben hätten.

      Ich glaube es aber nicht. Wenn es doch so wäre, dann wäre das das Gesetz das wir uns gegeben haben. Dann wäre es halt so. Dann gäb sicher nen guten Grund dafür. Oder man müsste das Gesetz ändern.

      Irgend einen anderen legalen Kündigungsgrund findest Du natürlich immer. Der entspricht aber selten dem wahren Kündigungsgrund.

      Wie man es dreht und wendet, viele Polizeihochschulen sind ein pubertär-naiver brauner Sumpf, weis ich aus erster Hand - und wie man sieht versuchen sie auch nicht unbedingt es zu verheimlichen. Schlimm genug. Aber fraglich ob es besser wäre sie würden es verheimlichen. Denke nicht.

    • @Brombeertee:

      Richtig auf den Punkt gebracht.

      Mein Eindruck: Das haben viele andere Kommentatoren nicht verstanden.

      Wobei es wohl so ist, dass sie als Freiberuflerin nur einen Lehrauftrag hatte und somit nicht entlassen werden kann.

      Deshalb war auch die Argumentation mit der Nebentätigkeit Quatsch.

  • Frau Aslan hat einfach nur Tatsachen ausgesprochen und dabei niemanden beleidigt.



    Es ist nun mal erwiesen, dass es rechtsradikale Beamte gibt.



    NSU als einer von vielen Beispielen sollte reichen.

  • Ok, der zentrale Punkt war der Twitter-Beitrag, und den hält das OVG Gelsenkirchen für geeignet, an der Eignung Frau Aslans für die Wahrnehmung des Lehrauftrags zu zweifeln.

    Durchaus ein Schag für Frau Aslan.

    • @rero:

      Nein, das ist kein Schlag für Aslan. Sie hat vollkommen recht mit ihrem Tweet. Diese Erfahrungen kann man jeden Tag auf unseren Straßen machen und DAS sollte man mal ernsthaft und vor allem NEUTRAL prüfen.

  • Klatsch, klatsch, klatsch.



    Da sind die Ohren rot.

    Wäre sicher besser gewesen, die nordrhein-westfälische Polizeihochschule hätte da mal Fachleute gefragt.

    Zumal etwas wie eine nordrhein-westfälische Polizeihochschule ja wohl per se einen gewissen juristischen Sachverstand haben sollte.

    Wenn man schon nicht kritikfähig ist, sollte man wenigstens in den Entscheidungen sattelfest sein.

    Oder sollten da idiologische Gründe der Hauptantrieb gewesen sein ?

  • \o/

    Als Erstes, Glückwunsch und danke dafür, dass Sie drangeblieben sind.

    Als Zweites...

    "Zwar habe das Land nach einem Twitter-Beitrag (inzwischen X) von Bahar Aslan an deren Eignung für die Wahrnehmung des Lehrauftrags zweifeln können..."

    ...verstehe ich das Gericht hier nicht. Entweder will die Polizei was lernen, dann braucht sie ganz dringend die andere Perspektive (die eigene haben sie ja schon) -- oder sie will nichts lernen: wozu aber dann Hochschule und Gedöns?

    • @tomás zerolo:

      Als alter “Dienstrechtler“ a. D.;) helfe gern:

      “Es dürfte zwar aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sein, aus der auf X (vormals Twitter) geposteten Kurznachricht der Antragstellerin ("der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden") auf Mängel in Bezug auf ihre Eignung für die Wahrnehmung des Lehrauftrags zu schließen. Die Widerrufsentscheidung ist aber rechtswidrig, weil die Hochschule sie in fehlerhafter Weise auf weitere - sachfremde - Umstände gestützt hat. So hätte der Antragstellerin nicht zur Last gelegt werden dürfen, dass sie nicht über eine Nebentätigkeitsgenehmigung für die Wahrnehmung des Lehrauftrags verfügt, weil eine solche nicht erforderlich ist. Ferner hätte der Widerruf nicht darauf gestützt werden dürfen, dass Dritte der Hochschule gegenüber infolge des Tweets Drohungen ausgesprochen haben sollen.

      Der Beschluss ist unanfechtbar.

      Aktenzeichen: 6 B 1034/23 (VG Gelsenkirchen 4 L 1374/23)“



      www.ovg.nrw.de/beh...2_231218/index.php

    • @tomás zerolo:

      "Entweder will die Polizei was lernen, dann braucht sie ganz dringend die andere Perspektive (die eigene haben sie ja schon) -- oder sie will nichts lernen: wozu aber dann Hochschule und Gedöns?"

      --> Der Rausschmiss von Frau Aslan schließt nicht aus, eine andere Perspektive zu wollen.

      Es geht vielmehr darum, wie man diese Perspektive vermittelt: Mit Beleidigungen oder mit Didaktik. Frau Aslan hat - offenkundig - für Ersteres entschieden.

      Es gibt aber schon einen Grund, warum die Schulpädagogik den Rohrstock, den gezielten Schlüsselwurf, das In-die-Ecke-Stellen von Schülern, wie auch das Schreiben von 100x "Ich darf das nicht." mittlerweile jedem Lehrer untersagt hat. Der Grund ist nicht nur, dass die Erniedrigung (und hier Beleidigung der eigenen Studenten) gegen das Recht verstößt, es führt auch pädagogisch zu nichts.

      Das sollte eine (verbeamtete) Lehrerin eigentlich wissen. Wenn sie es nicht weiß, ist sie inkompetent. Wenn sie es weiß und den Tweet trotzdem raushaut sogar noch schlimmeres.

      Nicht umsonst hätte das OVG die Kündigung wegen des Tweets wohl durchgewunken:

      "Zwar habe das Land nach einem Twitter-Beitrag (inzwischen X) von Bahar Aslan an deren Eignung für die Wahrnehmung des Lehrauftrags zweifeln können, so das Gericht. Bei dem Widerruf des Lehrauftrags habe das Land sich aber rechtswidrig auf „fehlerhafte Weise auf weitere – sachfremde – Umstände gestützt“ heißt es in der OVG-Mitteilung (Az: 6 B 1034/23)."

      Der Rauswurf scheiterte also nicht, weil der Tweet berechtigt oder auch nur in Ordnung war, sondern weil die Hochschule nicht das Rückgrat hatte Frau Aslan exakt wegen des Tweets zu entlassen und eine (sachfremde) Alternativbegründung gesucht hat.

      Mit dem Urteil im Rücken, würde ich (als Hochschule) einfach nochmal mit der richtigen Begründung (dem Tweet) kündigen und das würde (wohl) gerichtlich halten.

      • @Kriebs:

        Die Schlüsse, die du aus dem Urteil ziehst, funktionieren in der jusristischen Realität halt so auch nicht.



        Das OVG hat keineswegs gesagt, dass eine Kündigung, wenn sie nur mit dem Tweet begründet würde, rechtmäßig wär.



        Dies wäre einfach ein neuer Rechtsstreit und auch dieser würde sehr wahrscheinlich wieder für Frau Aslan ausgehen. (Denn wegen eines einzelnen privaten Tweets ein befristetes Arbeitsverhältnis kündigen ist völlig unangemessen und außerhalb jeder Verhältnismäßigkeit)

        Ich denke, die Peinlichkeit kann man sich auf seiten des Landes NRW dann durchaus ersparen und zahlt ihr die notwendige Entschädigung.

        • @TeeTS:

          anschließe mich - grundsätzlich - ja -



          “auf Mängel“ - deutet darauf hin.



          Vor allem aber - in Frage steht eine Pressemitteilung! - was der Senat im einzelnen zur Begründung ausführt - wissen wir nicht.

        • @TeeTS:

          Das sehe ich anders und scheinbar auch das OVG:

          "Es dürfte zwar aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sein, aus der auf X (vormals Twitter) geposteten Kurznachricht der Antragstellerin ("der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden") auf Mängel in Bezug auf ihre Eignung für die Wahrnehmung des Lehrauftrags zu schließen. Die Widerrufsentscheidung ist aber rechtswidrig, weil die Hochschule sie in fehlerhafter Weise auf weitere - sachfremde - Umstände gestützt hat." (www.ovg.nrw.de/beh..._231218/index.php).

          Ich übersetze mal: Hätte die Hochschule die richtige Begründung für die Kündigung gewählt (mangelnde Eignung für die Ausbildung der Polizei aufgrund innerer Ablehnung von Polizisten) wäre die Kündigung wohl rechtmäßig gewesen. Die Hochschule hat aber die falsche Begründung (den sachfremden Unfug zur fehlenden Freigabe der Nebentätigkeit) gewählt, die erkennbar nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun hat.

          Heißt: Die Kündigung wegen fehlender Eignung wäre wohl durchgegangen.

    • @tomás zerolo:

      Da haben Sie recht. Aus eigener leidvoller Erfahrung kann ich sagen, dass man sobald man auch nur die andere Perspektive andeutet, schnell von einem geschätzten Gesprächspartner zur unerwünschten Person wird. Der Grundtenor, wenn auch nicht explizit ausgedrückt, lautet immer: "Wir sind unfehlbar."

  • Man fragt sich, wer im Land für die Polizei zuständig ist. Es gab diese rechtsradikalen Chat-Gruppen, was auch zu Konsequenzen führte. Doch wie in Hessen und anderswo wurden diese rechts-populistischen Vorkommnisse weitgehend unter den Teppich gekehrt und Verfahren stillschweigend eingestellt. Anders hier, wo dieses radikale Verhalten offen angesprochen wurde. Das klingt nach Maulkorb, wo es doch Maßnahmen gegen den Korpsgeist bedurft hätte. Ich erwarte eine Entschuldigung seitens der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW.

  • Toll, der Rechtsstaat funktioniert also.