Streit über polizeikritischen Tweet: Rauswurf war rechtswidrig
Ein Tweet kostete Bahar Aslan im Mai ihren Lehrauftrag an der Polizei-Hochschule NRW. Zu Unrecht, urteilte ein Gericht jetzt in zweiter Instanz.
Bereits das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen sah die Dozentin im Recht. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt, doch das Oberverwaltungsgericht (OVG) wies diese nun zurück.
Zwar habe das Land nach einem Twitter-Beitrag (inzwischen X) von Bahar Aslan an deren Eignung für die Wahrnehmung des Lehrauftrags zweifeln können, so das Gericht. Bei dem Widerruf des Lehrauftrags habe das Land sich aber rechtswidrig auf „fehlerhafte Weise auf weitere – sachfremde – Umstände gestützt“ heißt es in der OVG-Mitteilung (Az: 6 B 1034/23).
Für den Lehrauftrag sei es nicht erforderlich gewesen, sich eine Nebentätigkeit genehmigen zu lassen. Deshalb könne damit nicht begründet werden, ihr den Lehrauftrag zu entziehen. Auch reichten Drohungen gegenüber der Hochschule nicht als Grund aus. Bereits das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte so argumentiert.
Herzrasen bei Polizeikontrollen
Aslan hatte auf der Plattform Twitter, die inzwischen X heißt, im Mai dieses Jahres geschrieben: „Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität, sondern die von vielen Menschen in diesem Land.“ Dafür war sie in Kritik geraten. Ihr Post und die Reaktion der Hochschule darauf hatten zu einer Debatte über Rassismus in der Polizei und Erfahrungen von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte geführt.
Aslan ist beamtete Lehrerin im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen. Seit 2022 lehrte sie nebenamtlich an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW zum Thema „Interkulturelle Kompetenz“. Nach ihrem umstrittenen Tweet im Mai dieses Jahres hatte die Hochschule den bereits erteilten Lehrauftrag für den Zeitraum vom Januar 2024 bis zum April 2024 widerrufen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Treibhausgasbilanz von Tieren
Möchtegern-Agrarminister der CSU verbreitet Klimalegende
Ägyptens Pläne für Gaza
Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen