Streit über Antisemitismus: Linke will Trennlinie zur Hamas
Der Antisemitismus-Streit in der Linken hat ein Parteiausschlussverfahren zur Folge. Der Neuköllner Palästina-Aktivist Ramsy Kilani soll gehen.
Kilani hatte in den sozialen Netzwerken wiederholt den Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober verteidigt. Öffentliche Aufmerksamkeit erlangte er im Zuge des Parteitags der Berliner Linken Mitte Oktober, als er den Streit um eine Antisemitismus-Resolution hämisch kommentierte. Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau schrieb daraufhin, er wolle die Partei „zerstören“. Vorwürfe einer nicht eindeutigen Grenzziehung innerhalb der Partei gegenüber Antisemitismus, die auch zum Austritt von Klaus Lederer und anderen führten, hatten sich in der Folge an Kilani entzündet.
Gestellt wurde der Antrag vom Ex-Chef der Bundespartei, Martin Schirdewan, und der ehemaligen Berliner Landesvorsitzenden Katina Schubert, wie letztere der taz auf Anfrage bestätigte. Kilani selbst sagte im Gespräch mit der taz, dass er bereits Ende Oktober per Brief informiert worden sei. Bis zum 20. November habe er nun Zeit, sich gegenüber der Landesschiedskommission schriftlich zu äußern, danach folge eine mündliche Anhörung.
Kilani, der nach eigenen Angaben seit etwa fünf Jahren Parteimitglied ist, sagte, er behalte sich zwar vor, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Zugleich kritisierte er aber das „administrative Verfahren“ und forderte eine „öffentliche Debatte“. Schubert wollte sich zur Motivation für ihren Ausschlussantrag nicht äußern – aus Rücksicht auf die Schiedskommission.
„Antikolonialer Befreiungskampf“
Laut Kilani werde ihm „parteischädigendes Verhalten“ vorgeworfen. Dabei gehe es um seine Positionen zu einer „Einstaatenlösung“ in Nahost sowie eines „völkerrechtlich verbrieften Rechts auf Widerstand gegen eine Besatzung“. Kilani hatte zum Jahrestag des 7. Oktober in einem Tweet von „palästinensischen Guerilla-Kämpfern“ und ihrem Ausbruch aus dem „Freiluftgefängnis“ geschrieben und auch sonst mehrfach den angeblichen „antikolonialen Befreiungskampf“ verteidigt.
Er sei ein „Kopf der Palästina-Bewegung“, so Kilani zur taz, ein „Hamas-Versteher“ sei er dagegen nicht, da er als „nicht-religiöser Sozialist“ für „andere soziale Vorstellungen als die Hamas steht“. Ignoriert werde, dass er bei Angriffen auf Gaza im Jahr 2014 seinen Vater sowie fünf Halbgeschwister verloren habe – „koordiniert aus Militärbasen, die am 7. Oktober auch angegriffen wurden“.
Der Vorstand der Linken Neukölln hatte sich zuletzt pauschal „gegen alle Versuche, die inhaltliche Klärung durch Repression und Ausschlussanträge lösen zu wollen“, ausgesprochen und Vorwürfe gegenüber Mitgliedern als „Hetzkampagne mit Verleumdungen und Falschbehauptungen“ bezeichnet. Daher stünde man „solidarisch an der Seite der betroffenen Genoss*innen“.
Dagegen hatte der Landesvorstand der Berliner Linken nach dem Parteitag in Anlehnung an einen Beschluss der Bundespartei in einer Resolution festgehalten: „Unsere Solidarität endet aber dort, wo das Massaker des 7. Oktober als Akt des Widerstandes gefeiert wird oder die Kriegsverbrechen der israelischen Armee bejubelt werden.“
Nun teilten die Landesvorsitzenden Franziska Brychcy und Maximilian Schirmer auf Anfrage der taz mit: „Es ist unsere gemeinsame Aufgabe in der Partei, diese Grenzen zu verteidigen und unsere Beschlüsse umzusetzen.“ Der Ball liege bei der Schiedskommission, die „ihre Arbeit machen und den Sachverhalt gründlich prüfen“ werde.
In den vergangenen vier Jahren gab es sechs Ausschlussverfahren in der Berliner Linken, zwei endeten mit dem Ausschluss von Parteimitgliedern. Um Antisemitismus ging es dabei in keinem der Verfahren.
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