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Streit auf BSW-BundesparteitagHochpolitische Satzungsfragen

Kaija Kutter
Kommentar von Kaija Kutter

Interner Streit im BSW wirkt wie nerviges Kleinklein, offenbart aber viel über das Demokratieverständnis der Partei. Linkere Wähler könnte das abschrecken.

Unangefochtene Alleinherrscherin: BSW-Matriarchin Sahra Wagenknecht Foto: Martin Meissner/ap

D ie einen haben es ja schon immer gewusst. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sei ein unwählbares, rechtes Projekt. Aber guckt man zum Beispiel in Hamburg auf die Europawahl, verlor dort die Linkspartei gegenüber der letzten Landtagswahl mit vier Prozentpunkten fast so viele Stimmen, wie das gerade erst gegründete BSW erhielt.

Für das Themenangebot, wie das Ablehnen von Waffen für die Ukraine oder etwa die Aufarbeitung der Coronazeit, gab es offenbar eine Empfänglichkeit in diesem Wählermilieu. Und es gibt Menschen, die beim BSW mitmachen wollten und sich klar politisch als Linke verstehen, wie jene Partei-Rebellen Dejan Lazic und Norbert Weber in Hamburg. Kein Wunder, war es ja eine Abspaltung dieser Partei.

Doch Sahra Wagenknecht will eine „moderne konservative Partei“ und meint das ernst. Der Titel im Wahlprogramm „Sichere Grenzen, sichere Straße: Für einen Wechsel in der Migrationspolitik!“ macht auf undifferenzierte Weise Einwanderer zu Sündenböcken. So versalzt die Partei sich selbst die Suppe, denn für viele bisher Schwankende wird sie damit unwählbar.

Hinzu kommt: auch wenn der Streit um Satzungsfragen auf ihrem Bundesparteitag in Hamburg wie nerviges Kleinklein erscheint, ist auch dieser hochpolitisch. Eine Partei, die auf Dauer zentral „Top down“ von oben geführt und aufgebaut wird und keine Mitgliederaufnahme durch die Basis zulässt, widerspricht einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1952 anlässlich der damals verbotenen Sozialistischen Reichspartei (SRP). Es wäre, wie die Parteienrechtlerin Sophie Schönberger warnt, ein „autoritäres Projekt“. Böse Zungen sagen, die restriktive Mitgliederaufnahme sei im Interesse der wenigen Mitglieder, die (die eigene Absicherung und) Posten wollen.

Eine Gesinnungsfrage

Dass der BSW-Konflikt so eskalierte, dass gleich zwei Hamburger Landesverbände gegründet sind, die sich wahrscheinlich demnächst vor Gericht begegnen, ist auch Folge mangelnder Professionalität der Führungsebene. Konflikte lassen sich klären mit Mediation. Stattdessen gibt es Hausverbote und Parteiausschlüsse. Und keine offene Aussprache zur Migrationspolitik.

Die Kritiker ihrerseits scheinen entschlossen, gegen ihren Ausschluss und weitere angreifbare Handlungen des BSW juristisch zu Felde zu ziehen. Je nachdem, wie Menschen die Partei wahrnehmen – tatsächlich als autoritäres Projekt oder als immer noch einzige „Friedenspartei“ – werden sie mehr oder weniger begeistert davon sein.

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Kaija Kutter
Redakteurin taz-Hamburg
Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.
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13 Kommentare

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  • Kleine, sehr erfolgreiche Parteien sind sehr empfindlich gegen feindliche Übernahme. Gründer einer Partei erschaffen eine Marke mit Marktwert. Ihre Prominenz, ihre bisherigen Erfolge, hart erarbeitet, Ergebnis auch von Genialität. Wenn dann viele kommen mit vage ähnlicher Meinung, aber illoyale Trittbrettfahrer sind, wird diese Marke schrittweise verwässert und verändert. Die Verteidigung der Marke gegen innerparteiliche Gegner kostet die Gründer immer mehr Nerven, sie reagieren falsch, bis sie abgewählt werden. Das Problem haben und hatten viele Parteien: die Republikaner, die STATT - Partei, die Schill- Partei, die AfD.

  • Muhahahaha,



    da wundert sich jemand, dass man bei einer linken Splittergruppe mit teilweiser SED-Vergangenheit autoritär und nicht demokratisch vorgeht.



    Na, da konnte ja so niemand auch nur ansatzweise mit rechnen. Aber ich bin sicher, dass Sahra nur dem Volkswillen zur Entfaltung verhelfen will. Da sie den Volkswillen kennt, was soll man da Zeit vergeuden und blöde rumfragen?

  • Linke Wirtschaftspolitik mit konservativer Gesellschafts- und rechter Migrationspolitik zu verbinden ist doch genau das Konzept des BSW. Natürlich gehen da diejenigen Linken nicht mit, die offene Grenzen und mehr Identitätspolitik wollen.

    • @Descartes:

      Nö es gehen die Linken nicht mit die keine Lust auf Putin haben. Der Rest ist doch nur Ablenkung.



      Ohne russlandfreundliche und antiwestliche Aussagen hätte das BSW im Osten kaum so viele Stimmen bekommen.



      Nur das dass BSW damit im Westen nicht punkten kann und in der Versenkung verschwinden wird.

  • Wäre doch schön, wenn sich die Jungstalinisten selbst zerlegen...

    • @mlevi:

      Und die Altstalinisten gleich mit.

  • WER von der BSW Demokratie erwartet, glaubt auch an das gute in der AFD! Wie naiv kann man sein, schaut man sich nur das Aufnahmeverfahren an, könnte man schon an der Demokratiewürdigkeit zweifeln. Es ist , meiner Meinung, nach eine autoritär von 2 Personen gesteuerte Partei, die als Putin Freunde agieren. Russland überfällt Ukraine und die BSW Leute rufen "Ami go home".... geht es noch absurder?

    die Linke war wenigstens noch demokratisch, aber BSW......

  • Wer verlangt, keine Waffen in die Ukraine zu liefern, gleichzeitig aber beide Augen zudrückt, was Waffenlieferungen aus Iran und Nord-Korea betrifft, hat kein Vertrauen verdient. Und Wählerstimmen schon gar nicht. Der Platz der Doppelmoral ist ja schon besetzt, mehr davon brauchen wir nicht.

  • Wagenknecht und Lafontaine autoritär? Gott bewahre, wer hätte das wissen können?

    Autoritarismus liegt ja gerade im Trend. Bloß wie lange noch?

    Eines Tages schlägt das Pendel wieder zurück und die Leute haben wieder Spaß am Selberdenken.

    Das Ehepaar aus dem Saarland wird dann schon längst wieder vergessen sein. Wird höchstens als Beispiel dafür dienen, was passiert, wenn man das eigene Ego komplett ins Zentrum allen Handelns stellt. Man wird Gipfel erklimmen. Man wird Bewunderer finden. Es kann lange gut gehen. Aber irgendwann wird es nicht mehr gut gehen.

    • @Stavros:

      Soziale Medien saugen die Aufmerksamkeit und die soziale Kompetenz aus den Leuten. Das ist ein bislang ungebrochener Trend und so lange wir durch zentralisierte Konzerne gewinnmaximierte Versionen dessen nutzen, gibt es in meinen Augen kaum eine Chance, diese Trends aufzuhalten.

  • §1. Hier bestimme alleine ich, Sahra Wagenknecht.



    §2. Will jemand anders etwas bestimmen, tritt sofort §1 in Kraft.

    Diese Frau ist von Demokratie und Grundgesetz mindestens so weit entfernt wie Höcke - unwählbar.

  • Braucht man das BSW? EIn Mann- oder Frau-Veranstaltungen sind nicht Sinn und Zweck einer Partei. Das BSW ist das Abbild der Meinungen von Wagenknecht, links in der Sozialpolitik, rechts in der Innen- und Migrationspolitik. Da gehen einige Wähler mit, dennoch ist das Projekt in sich so widersprüchlich wie Wagenknecht selbst.

    • @Bambus05:

      BSW ist mehr eine neue Schill-Partei, ich denke nicht, dass es die in ein paar Jahren noch gibt.