Strafen wegen zu hoher Emissionen: Klimalücke kostet Steuergeld
300 Millionen Euro: Weil Deutschland seine CO2-Reduktionspflichten nicht einhält, plant Finanzminister Scholz erstmals Strafzahlungen ein.
Das ist eine Art Strafzahlung, weil Deutschland den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie CO2 nicht schnell genug verringert. Am Mittwoch beschloss die Bundesregierung die Eckpunkte für die Haushalte 2020 bis 2023, die Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorlegt hatte.
Es geht um die Emissionen aus Verkehr, Landwirtschaft, Gebäuden und Gewerbe, die nicht wie die Abgase aus Industrie und Kraftwerken über den europäischen Emissionshandel (ETS) reguliert werden. Im sogenannten Non-ETS-Bereich soll Deutschland seinen Treibhausgasausstoß bis 2020 im Vergleich zu 2005 um 14 Prozent verringern.
Das jedoch wird wohl nicht gelingen. Besonders der Straßenverkehr verursacht zu viele Abgase. Die Bundesregierung muss die Reduktionslücke ausgleichen, indem sie beispielsweise Emissionszertifikate von EU-Staaten erwirbt, die ihre Verpflichtungen erfüllt haben. „Deutschland wird aller Voraussicht nach Emissionsrechte für die Jahre 2018 bis 2020 ankaufen müssen“, erklärte das Bundesumweltministerium.
Agora Energiewende hält höhere Kosten für möglich
Dabei stellen 300 Millionen Euro, auf drei Jahre verteilt, eine relativ kleine Belastung dar. Zum Vergleich: Allein der Bundeshaushalt 2020 soll 363 Milliarden Euro umfassen. Allerdings erscheint unklar, ob die 300 Millionen Euro ausreichen. Der Grund: Es wird rückwirkend abgerechnet, beispielsweise im Jahr 2020 für 2018. Augenblicklich ist allerdings noch nicht genau bekannt, wie viele Abgase die Heizungen der Gebäude 2018 ausgestoßen haben. Und den Preis der Zertifikate 2020 kennt man heute ebenfalls nicht.
Die Organisation Agora Energiewende hält deutlich höhere Kosten für möglich. Bis 2022 beziffert sie diese auf bis zu 2 Milliarden Euro. Bis 2030 könnten Aufwendungen von bis zu 62 Milliarden Euro entstehen – wenn der Klimaschutz in Deutschland nicht deutlich schneller vorankommt als bisher.
Die Strafzahlungen für 2020 bis 2022 will die Regierung aus dem Gesamthaushalt begleichen. Später sollen die Kosten den Etats der jeweiligen Ministerien zugerechnet werden. Beispielsweise das Bundesverkehrsministerium müsste dann die Zielverfehlung des Verkehrssektors finanzieren.
Insgesamt steigt nun der Druck auf die Bundesregierung, sich noch in diesem Jahr auf ein verbindliches Klimaschutzgesetz zu einigen, das Strafzahlungen künftig überflüssig macht. Am Mittwoch setzte die Regierung einen speziellen Kabinettausschuss für Klimapolitik ein, an dem unter anderem Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier, Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (beide CDU), Bauminister Horst Seehofer und Verkehrsminister Andreas Scheuer (beide CSU) teilnehmen werden.
Geringere Steuereinnahmen in Sicht
Die Haushaltsplanung für 2020 und Folgejahre steht im Zeichen der nachlassenden Wirtschaftsentwicklung und Steuereinnahmen. Die Verteilungskonflikte nehmen zu. So gab Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) eine Protokollnotiz zum Kabinettsbeschluss ab. Er bemängelte, dass sein Etat für kommendes Jahr auf dem diesjährigen Niveau von gut 10 Milliarden Euro eingefroren werde. Damit sinkt die Anteil der Entwicklungsausgaben im Vergleich zur Wirtschaftsleistung, obwohl er internationalen Zusagen zufolge steigen müsste.
Gleichzeitig beschweren sich mehrere Landesregierungen, dass Finanzminister Scholz ihnen weniger Mittel für die Integration von Flüchtlingen überweisen will. Und eine große Frage ist unbeantwortet: Woher sollen die ungefähr 5 Milliarden Euro pro Jahr kommen, die Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für die Finanzierung der geplanten Grundrente braucht?
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