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Stellenabbau bei LufthansaCoronakrise ausgenutzt

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Das Management der Lufthansa schafft sich mit dem angedrohten Stellenabbau neue Verhandlungsmasse. Die Gewerkschaften sollten darauf nicht reinfallen.

In der Luftfahrt ist Klima- und Beschäftigungsschutz nur mit Mühe unter einen Hut zu bringen Foto: Boris Roessler/dpa

J etzt ist passiert, was nach der milliardenschweren Staatshilfe ohne Auflagen für die Lufthansa absehbar war: Das Management schüchtert die Beschäftigten ein. Die Herren schaffen neue Verhandlungsmasse gegenüber den ArbeitnehmervertreterInnen, indem sie plötzlich statt von 10.000 von 22.000 Stellen sprechen, die über die akute Krise hinaus bedroht sind. So kriegt man auch knallharte VerhandlerInnen klein, wie das Angebot der Pilotenvereinigung Cockpit zeigt, auf 45 Prozent des Gehalts zu verzichten.

Hoffentlich lassen sich die Gewerkschaften Verdi und Ufo nicht auf so etwas ein. Ihre Mitglieder verdienen sehr viel weniger als die PilotInnen. Selten hat es Beschäftigten etwas gebracht, auf Lohn zu verzichten. Denn das ist meistens nicht der entscheidende Faktor, ob ein Unternehmen eine Krise übersteht. Entscheidend dafür ist, ob das Geschäftsmodell taugt.

Die Bundesregierung hätte den Beschäftigten die Drohkulisse ersparen können, wenn sie der Lufthansa klare Auflagen zur Beschäftigungs­sicherung gemacht hätte. Und die hätte es ebenfalls zum Klimaschutz geben müssen – auch wenn das zu einem Dilemma führt. Denn Beschäftigungs- und Klimaschutz sind in Branchen wie der Luftfahrt nicht das Gleiche. Jeder Mensch, der Angst um seinen Arbeitsplatz hat, verdient Respekt und Mitgefühl. Das gilt auch für Wirtschaftszweige, die wie die Luftfahrt aus ökologischen Gründen schrumpfen sollten. Arbeitszeitverkürzung kann ein gutes Instrument sein, um für Beschäftigte den Wandel annehmbar zu machen – wenn es nicht zu Mini-Löhnen führt.

Damit der ökologische Wandel der Wirtschaft gelingen kann, ist entscheidend, den Menschen die Angst zu nehmen, zu den VerliererInnen dieser Veränderung zu gehören. Dazu ist vor allem eins wichtig: die soziale Absicherung jeder und jedes Einzelnen. Wer fürchten muss, nach einer kurzen Zeit der Arbeitslosigkeit in die Hartz-IV-Mühle zu geraten und zu verarmen, der ist wenig veränderungsbereit. Ein bedingungsloses Grundeinkommen in angemessener Höhe wäre der richtige Weg, um diese Furcht zu bannen.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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12 Kommentare

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  • Die "Rettung" der Lufthansa war ein weiteres Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte: Einem Konzern, der sich durch Tochterfirmen in Steueroasen aus seiner sozialen Verantwortung stiehlt ohne Auflagen bezüglich Beschäftigungssicherung oder ökologischen Zielen Milliarden in den Rachen zu werfen, war eine denkbar dumme Entscheidung.



    Sinnvolle politische Gestaltung sieht anders aus.

    • @Celtic:

      Sie wären verwundert wie viele kleine Mittelständler, die Sie kennen, über eine Holding oder andere Wege Steuern in Deutschland vermeiden.

      Danach dürften wir wohl in erster Näherung niemand hier helfen...

  • Fliegen ist im Moment ein Risiko, weil man nicht weiß, ob man am Fernziel festsitzt, wenn dort Corona zuschlägt. Langfristig ist Fliegen eine aussterbende Art der Fortbewegung, wenn wir nicht wollen, dass uns der Planet unter den Füßen wegschmilzt. Diesel in Sibirien? Methan aus tauendem Permafrostboden? Die wenigen Jahre dazwischen, die Unverbesserliche nutzen wollen, um noch die Sehnsuchtsreisen ihres Lebens zu machen, sollte man nutzen, um die Piloten, das Kabinenpersonal und die Fluglotsen umzuschulen, wenn sie es wollen. Von dem Geld, das der Lufthansa in den Rachen geschmissen wird, könnte man die "freigesetzten" Angestellten wahrscheinlich sogar in Frührente schicken, mit vollem Lohnausgleich. Die Umwelt würde es uns danken.

    • @Patricia Winter:

      Die Kredite und rückzahlbaren Staatsbeteiligungen sind NICHT zur Erhaltung aller Arbeitsplätze und Privilegien gedacht, sondern schlicht dafür, die Lufthansa „in der Luft“ zu halten.



      Das „in Lohn&Brot halten“ läuft momentan überwiegend über Kurzarbeit, wie bei den meisten Firmen, die von Corona getroffen sind.



      Wenn es jedoch schiefgeht und die LH abschmiert, reden wir nicht mehr über 20-25.000 Mitarbeiter, sondern über 138.000 Arbeitslose.



      Plus noch etwa genau so viele bei Zulieferern und Systempartnern.

      Die ausstehende Lohnsumme der LH-Mitarbeiter bis Rente beläuft sich bei Durchschnittsalter 45 auf konservativ ca. 140 Milliarden Euro

    • @Patricia Winter:

      Jep. Ich habe es (s.u.) gerade überschlagen. Nicht nur die freigesetzten, sondern /alle/ Angestellten der LH könnten für eine Weile gut von leben.

      Der Regierung geht es lediglich darum, den Aktionär*innen den Arsch zu retten, sonst um nichts.

      • @tomás zerolo:

        Nein, es geht darum das Unternehmen nicht pleite gehen zu lassen.

        Und wer weis, vielleicht hat auch meine Lebensversicherung oder meine Betriebliche Altersvorsorge in Lufthansa investiert? Vielleicht bin auch ich Aktionär? Aktionär != Millionär

        • @danny schneider:

          "Vielleicht bin auch ich Aktionär?"

          Ja, und das halte ich für eine der grössten Schwächen unserer Wirtschaft: die Absicherung der Menschen von Spekulationsgewinnen abhängig zu machen ist eine... schlechte Idee.

  • Wie wärs einfach mal mit Realitätssinn:



    wenn ich für die kommenden Jahre 200-250 Flugzeuge still lege und für jedes dieser Flugzeuge 100-150 Leute direkt oder indirekt auf der Lohnliste stehen, was soll man machen? die Leute aus Großzügigkeit ohne Gegenleistung einfach bei vollem Gehalt weiter bezahlen?

    Bevor man so Kommentare verfasst wäre ein Realitätscheck und eine Auffrischung der ersten 4 Jahre Mathe doch angebracht oder?

    • @danny schneider:

      Calculemus (so oder ähnlich soll Leibnitz gesagt haben).

      Das Rettungspaket der Regierung für die Lufthansa beträgt 9 Milliarden EUR. Besagte Lufthansa hat (Stand Dezember 2019) 35221 Mitarbeiter*innen. Eine einfache Division ergibt 255529 und ein paar Zerquetschte EUR/Mitarbeiter*in.

      Genug für jede/n von ihnen, ein neues Leben anzufangen.

      Wo Sie's gerade von Mathe haben.

      • 9G
        95309 (Profil gelöscht)
        @tomás zerolo:

        Erschreckend auf welchem Niveau hier gedacht wird.

      • @tomás zerolo:

        Stimmt die Kredite für die Flugzeuge, Kontrakte für Sprit, Kosten für Gebäude, Parkfläche, Einkauf von Leistungen wie Wasser/Abwasser, Catering,...

        all das vergessen wir mal, Nein wir nehmen einfach die Staatshilfen und geben sie den Mitarbeitern. Wie Robin Hood.

        Super Idee. Wie lange überlebt man hierzulande anständig mit 250k€? 4-5 Jahre?

        der Sinn der Staatshilfen ist das die Lufthansa auch noch in 50Jahren existiert und Leute ernähren kann. Und außerdem müss ja auch wieder Geld erwirtschaftet werden das man sich so Scherze wie diese 9 Milliarden in der nächsten Krise wieder leisten kann.

        Wie gesagt, ein Minimum von Realitätssinn schadet nicht wenn man über diese Probleme nachdenkt

        • @danny schneider:

          "Wie lange überlebt man hierzulande anständig mit 250k€? 4-5 Jahre?"

          Sie unterstellen, dass alle der 35k Leute diese Kohle einfach "konsumieren". 250kEUR ist aber ein ansehnliches kleines Startkapital. Tun sich noch ein paar davon zusammen, dann kann auch eine schöne kleine Kooperative entstehen.

          Es ist nicht ausgemacht, aber möglicherweise ist das effizienter als das Stützen einer sterbenden Industrie (und die Renditeerwartungen der Investoren auch noch zu bedienen).