Steigende Öl-und Gaspreise: Keine Gießkanne für alle
Öl und Gas werden teurer, doch ein Grund zur Panik ist das nicht. In Wahrheit war Energie bisher viel zu billig – vor allem für Wohlhabende.
G ehen in Deutschland demnächst die Lichter aus? Fest steht jedenfalls: Öl und Gas werden teurer; ihr Preis hat sich auf den Weltmärkten im Vergleich zum vergangenen Jahr bereits verdoppelt. Und wenn erst die Heizungen im Winter laufen, dürfte es noch schlimmer kommen. Also werden Ängste wach, dass sich die Ölpreisschocks von 1973 und 1979 wiederholen könnten. Man erinnert sich: 1973 blieben sogar die Autos sonntags stehen.
Doch so schlimm wird es nicht kommen. Bei aller Panik geht unter, dass die Energiepreise keineswegs auf ihren Höchstständen angekommen sind. 2010 und 2011 war Gas ähnlich teuer.
In Wahrheit war Energie bisher viel zu billig. Die SUVs sind Zeugen: Diese Monsterautos kurven nur umher, weil Diesel so günstig ist. Sonst würde niemand auf die Idee kommen, 2,5 Tonnen Material zu bewegen, damit eine Person zur Arbeit kommt.
Trotzdem werfen die Turbulenzen an den Energiemärkten Fragen auf. Erstens: Sollen die Staaten jetzt ihre Energiesteuern senken, um die steigenden Preise zu kompensieren? Dies hat die EU-Kommission bereits vorgeschlagen. In Deutschland machen die Steuern derzeit 24,6 Prozent des Gaspreises aus, sind also durchaus erheblich. Trotzdem wäre es falsch, auf diese staatlichen Einnahmen zu verzichten, denn Energie muss teuer sein, sonst wird sie verschwendet. Siehe SUVs.
Bedürftige zielgenau fördern
Klimaschutz gelingt nur, wenn wir aus den fossilen Energien aussteigen. Da kann man Gas und Öl nicht zu Ramschpreisen verschleudern, sondern muss auf erneuerbare Energien setzen.
Aber was ist mit den armen Haushalten? Städtetag und Verbraucherschützer haben gefordert, sie staatlich zu unterstützen. Zu Recht, denn der Hartz-IV-Satz ist sowieso viel zu niedrig. Für die Ärmsten ist es schlicht unmöglich, die steigenden Energiepreise allein zu stemmen.
Die Bedürftigen muss man zielgenau fördern. Aber daraus sollte keine Gießkanne für alle werden, indem der Staat die Energiesteuern senkt. Davon würden vor allem jene profitieren, die am meisten Energie verbrauchen – also die Wohlhabenden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind