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Der Mekong beim Dorf Huoy Deua, in das die vom Stausee vertriebenen Anwohner umgesiedelt wurden Foto: Nick Reimer

Staudamm in LaosDie Batterie Südostasiens

Laos will mit der Wasserkraft des Mekong-Flusses die Wirtschaft antreiben. Damit stellt das Land das Ökosystem ganz Südostasiens auf den Kopf.

Nick Reimer
Von Nick Reimer aus Luang Prabang

D er Fortschritt ist gelb, dreht sich im Kreis und trägt eine Schaufel: Kurz hinter dem Dörfchen Houay Gno steht ein riesiger Bagger mitten im Fluss. Energisch greift die Schaufel in einen Geröllhaufen, dreht sich mit mächtigem Geheul zur Flussmitte, um dort einen provisorischen Damm aufzuschütten. Noch fließt der Mekong hier wild und unbändig, aber das soll sich bald ändern, die Laotische Revolutionäre Volkspartei (LRVP) will hier eine riesige Staumauer errichten lassen. Um dafür die Fundamente gießen zu können, soll der Bagger vom Typ „Caterpillar“ den Mae Nam Khong umleiten, wie der Mekong auf Laotisch heißt: „Die Mutter aller Flüsse“.

Laos ist eines der ärmsten Länder der Welt, das durchschnittliche Monatseinkommen liegt bei 175 Euro, wobei sehr große Unterschiede zwischen Stadt und Land bestehen. Es gibt fast keine Industrie im Land, und der Bergbau steckt noch im Anfangsstadium. Lediglich ein Rohstoff ist reichlich vorhanden: die Wasserkraft.

Der Mekong ist der wasserreichste Fluss Südostasiens, mehr als 5.300 Höhenmeter überwindet er von seiner Quelle in Tibet auf dem Weg ins vietnamesische Delta. Auch viele Nebenflüsse eignen sich zur Stromproduktion, Laos will zur „Batterie Südostasiens“ werden und seine Nachbarn China, Thailand und Vietnam mit klimafreundlicher Elektrizität versorgen. 43 Wasserkraftwerke sind schon in Betrieb, weitere 53 befinden sich im Bau oder in der Planung.

Wie der Fortschritt aussieht, kann man am Damm Xayaburi betrachten. Vor zehn Jahren begannen die Bagger hier im nordwestlichen Laos einen provisorischen Damm zu errichten – so wie der „Caterpillar“ jetzt weiter flussaufwärts kurz hinter dem Dörfchen Houay Gno. Die Staumauer des Xayaburi ist ein gigantischer Betonriegel, 32 Meter hoch und 820 Meter lang, das Betriebsgelände großflächig abgesperrt und von einer Wachmannschaft gesichert. Der wild sprudelnde Mekong ist hier „angehalten“ und zu einem See verwandelt, mit wunderbar klarem Wasser; die Sedimente, die den Mekong sonst braun färben, haben sich abgesetzt. Rund 60 Kilometer flussaufwärts liegt die alte laotische Königsstadt Luang Prabang, doch selbst dort ist der Mekong noch zu einem 300 Meter breiten Staubecken aufgestaut.

„Was nutzt dir aber ein Kühlschrank, wenn du die Stromrechnung nicht bezahlen kannst?“

Tan Lau, Reisbauer

„Fortschritt? Was denn für Fortschritt“, schimpft Tan Lau, ein Reisbauer vom Volk der Khmu. Da, wo im Dorf Ban Koktom früher sein Haus stand, ist heute der Stausee. Die Xayaburi-Betreibergesellschaft hat es ihm abgekauft und dafür hier im neu gegründeten Dorf Huoy Deua ein neues gebaut. „Doch, doch, das neue Haus ist besser“, sagt Tan Lau, anders als früher hat seine Familie jetzt einen Stromanschluss und besitzt einen Kühlschrank, was das Leben erheblich erleichtert. „Was nutzt dir aber ein Kühlschrank, wenn du die Stromrechnung nicht bezahlen kannst?“

Drei Jahre lang hatte die Betreibergesellschaft des Xayaburi-Damms seine Stromkosten übernommen, jetzt muss er die etwa 10.000 Kipp monatlich selbst bezahlen, umgerechnet etwa 60 Cent. „Unser Land hat man uns nicht ersetzt“, schimpft Tan Lau, auch das sei im Stausee verschwunden, er kann fast nichts mehr anbauen. „Das, was wir ernten, reicht gerade für uns selbst, wir können nichts verkaufen“, erklärt seine Frau Nan Liang. Die Kinder, zum Arbeiten in die Stadt gezogen, würden manchmal etwas Geld schicken. Bleibt das aber aus, gibt es keinen Strom.

Herr Suk hat es etwas besser getroffen, auch er ist Reisbauer, unter seinem Dach steht eine Reisschälmaschine. „20.000 bis 30.000 Kipp müssen wir monatlich für unseren Strom zahlen, je nach Verbrauch“, sagt der 65-Jährige. Auch sein Haus wurde vom Stausee überspült, auch er von der Dammgesellschaft hierher umgesiedelt. „Das Problem ist: Meine Felder liegen bei dem alten Dorf“, sagt Suk, und das liegt gut anderthalb Stunden Fußmarsch entfernt. Auch er wurde für seine überschwemmten Felder nicht entschädigt, „guck dich doch um, hier am neuen Siedlungsplatz kannst du keine Landwirtschaft betreiben“. Der Untergrund ist felsig, Wasser so rar, dass in der Trockenzeit dem neuen Dorf sogar das Trinkwasser ausgeht.

Das neue Haus, das die Dammgesellschaft für die Umgesiedelten errichtete, ist aus Stein, alle Häuser im Dorf sehen gleich aus. Ihre alten Häuser waren aus Holz, auch Suk gibt zu: „Das neue Haus ist schöner. Aber was nutzt es dir, wenn du darin unglücklich bis?“ Vor zehn Jahren hatte die Dammgesellschaft – neben dem neuen Haus und der drei Jahre übernommenen Stromkosten – versprochen, neue Schulen zu bauen, neue Straßen, neue Jobs zu schaffen und dafür zu sorgen, dass der Fischfang im Stausee sehr viel einfacher werde.

Reisbauer Tan Lau und seine Familie Foto: Nick Reimer

Tatsächlich gibt es eine Asphaltstraße, aber die beginnt kurz hinter dem Dorf und hört kurz davor wieder auf. Auch seine drei Kinder sind in die Stadt gezogen, um dort Geld zu verdienen, aber der Weg dahin ist anders als versprochen eben immer noch eine steinige Piste, die kein Bus befahren kann. Die Enkelkinder leben bei ihnen, Suk findet das unhaltbar, Kinder sollten bei den Eltern sein. „Und Fischen ist eine Katastrophe: Du fängst im stehenden Wasser so gut wie nichts.“

Vor zehn Jahren waren die Menschen vom Volk der Khmu hier noch Goldschürfer, vor allem die Frauen saßen mit Bambushüten zum Schutz vor der sengenden Sonne am Wasser und spülten winzige Goldpartikel aus ihren Waschpfannen. Die marxistische Volkspartei hatte damals eine Kampagne gestartet und vor Ort erklärt, wie sich das Leben verändern werde, wenn der Damm erst einmal gebaut ist, wie er aussieht, der Fortschritt, mit Elektrizität, Schulen und geteerten Straßen. Und mit dieser Vision tatsächlich erreicht, dass sich die Menschen für den Fortschritt begeistern.

Davon ist wenig übrig geblieben. Frau An zum Beispiel wurde nicht umgesiedelt, die 42-Jährige wohnt mit ihrer Familie auf der anderen Seite des Staubeckens im Dorf Ban Talan, das nur zur Hälfte im Wasser versank. Hier gibt es tatsächlich eine geteerte Straße und einen Bus in die nächste Stadt, die Bauern können jetzt ihren Reis oder Manjok dort auf dem Markt verkaufen. „Aber guck, dort drüben: die typischen Hausbauten für Umgesiedelte! Früher war das unser Land, sie haben uns enteignet, keinen einzigen Kipp dafür gezahlt!“ Auf dieser Seite des Flusses wurden die Häuser für die Umgesiedelten auch auf fruchtbarem Land gebaut.

An macht gar nicht die Xayaburi-Damm-Gesellschaft verantwortlich für ihre Misere, „die waren ja bei uns und haben das Land geschätzt“. Nein, die Gelder, die zur Verfügung standen, seien nicht gerecht verteilt worden, mutmaßt An. „Manche im Dorf sind sehr schnell reich geworden, andere haben alles verloren.“ Will sie damit etwa behaupten, die Mitglieder der Kommunistischen Partei hätten sich mit dem Geld der Unternehmen auf ihre Kosten bereichert? An schüttelt den Kopf und bricht ab. Öffentliche Kritik an der Partei ist gefährlich im autoritären Einparteienstaat.

„Panikmacher haben sie uns 2013 genannt, dabei ist alles schlimmer gekommen als befürchtet“

Marc Goichot, WWF

Trotzdem wird solche Kritik an der Parteiführung lauter in Laos. Im Februar ist Premierminister Sonexay Siphandone deshalb in die Provinz Khammuan gereist, um dort das Wasserkraftwerk Nam Theun II zu besuchen. Das Mitglied des Politbüros soll „Verbesserungen des Lebensstandards der Menschen im Distrikt“ gefordert haben, wie die regierungstreue Vientiane Times schrieb: „Er forderte die Beamten auf, die Verwaltung des von den Staudammbetreibern bereitgestellten Entwicklungsfonds zu überprüfen, um sicherzustellen, dass das Geld so effektiv wie möglich verwendet wird.“ Man könnte das auch als Aufforderung lesen, dass von dem Geld etwas bei den Betroffenen ankommen muss.

Das Wasserkraftwerk Nam Theun II besitzt eine Leistung von 1.070 Megawatt, der Strom wird überwiegend nach Thailand exportiert. Ko-finanziert wurde es 2005 von der Weltbank, die mit dem Damm neue Umwelt- und Sozialstandards für derlei Projekte etablieren wollte. Allerdings scheint dies gründlich missraten zu sein, wie eine Recherche der Journalisten Bruce Shoemaker und William Robichaud nahelegt. Soziale und ökologische Versäumnisse beim Dammbau sind darin genauso dokumentiert wie die Folgen für die Anwohner.

Der Xayaburi-Staudamm Foto: Nick Reimer

Frau An am Xayaburi-Damm etwa geht jetzt auf die Maniokplantage der Chinesen. Mit der Straße kamen die Investoren, der vor zehn Jahren noch üppige Regenwald wurde abgebrannt, Maniok, Teakholz oder Kautschuk angebaut. „7.000 Kipp verdiene ich am Tag; wenn es gut läuft, 8.000“, sagt An empört. Umgerechnet sind das 36 oder 41 Cent. Zudem habe der Regenwald Wasser gespeichert, aber die Plantagen verbrauchen sehr viel Wasser, „bei uns wird es immer knapper“.

Und Suk von der anderen Seite des Stausees empört sich über seinen Stromlieferanten: „Unser Strom kommt gar nicht aus dem Kraftwerk hier, Xayaburi liefert zu 100 Prozent nach Thailand. Wir bekommen viel teureren Strom von einem ganz anderen Wasserkraftwerk in Laos.“ Tatsächlich ist die Xayaburi Power Co. Ltd., die Betreibergesellschaft des Damms, zu 100 Prozent in thailändischem Besitz, weshalb der Strom von hier zu 100 Prozent auch nach Thailand exportiert wird.

Besonders verheerend sind die Auswirkungen auf das Ökosystem, der Xayaburi-Damm hat ganz Südostasien auf den Kopf gestellt. „Als Panikmacher und Schwarzmaler haben sie uns vor zehn Jahren hingestellt“, sagt Marc Goichot vom WWF, „dabei ist alles viel schlimmer gekommen als von uns befürchtet“. Seit 22 Jahren leitet Goichot das „Living Mekong“-Programm des WWF, vor zehn Jahren warnte er vor Artenschwund und Hunger, „der Mekong ist das produktivste Fischreservat der Welt: Proteinquelle für 60 Millionen Menschen.“

Diese Produktivität verdanke der Fluss seinen Eigenheiten – der Fließgeschwindigkeit, den Sedimenten, dem Wechsel zwischen Regen- und Trockenzeit. „Die Wildfischfänge sind stark zurückgegangen“, konstatiert Marc Goichot zehn Jahre später und erklärt auch, warum: Der Damm hält die Sedimente zurück. „Wir wissen, dass Nährstoffe an Sedimente gebunden werden und so in die Überschwemmungsgebiete, Flussmündung und an die Küste gelangen, wo sie sowohl die Flora als auch die Fauna ernähren – nicht unbedingt direkt die Fische, aber die Wirbellosen, von denen sich die Fische ernähren.“ Da die Sedimentfracht des Mekongs erheblich abgenommen hat, ist auch sein Nährstoffgehalt dramatisch zurückgegangen.

Der Reisbauer Suk Foto: Nick Reimer

Der Xayaburi habe so Auswirkungen in fremden Ländern, sagt Marc Goichot: Flussabwärts in Kambodscha speiste der Mekong in der Regenzeit früher den Tonle Sap, den größten See Südostasiens – und ließ ihn über die Ufer treten. Doch seit der Xajaburi den Wasserstand kontrolliert, wird der Beginn der Überschwemmungen verzögert. „Wir wissen, dass die Produktivität der Wild­fischerei mit den Überschwemmungen zusammenhängt: Eine kürzere Hochwassersaison bedeutet weniger und kleinere Fische.“

Weil dem Fluss die Sedimente fehlen, schneide er sich zudem immer tiefer ein, zwischen Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh bis zur Mündung seien es stellenweise bereits bis zu drei Meter. „Nicht einmal mehr halb so viele Sedimente erreichen das Mekong-Delta in Südvietnam noch – verglichen mit der Zeit ohne Damm. Infolgedessen sinken weite Teile des Mekong-Deltas fünf- bis zehnmal schneller, als der Meeresspiegel steigt“, sagt der auf Flüsse spezialisierte Geograf.

Vor zehn Jahren hatte der WWF exakt dieses Szenario vorhergesagt – und von „die Menschenrechte missachtenden und die Umwelt gefährdenden“ Geschäften der österreichischen Andritz AG gesprochen, die die Turbinen für das Projekt lieferte. Dänische Wissenschaftler kamen in einer Untersuchung nun zu dem Schluss, dass die Reisproduktion im Mekong-Delta, der Reiskammer Südostasiens, drastisch zurückgehen wird.

Die „Mutter aller Flüsse“, der Mekong, ist ein Hotspot der Biodiversität, 800 verschiedene Säugetiere leben hier, 2.800 verschiedene Vogelarten sind nachgewiesen, dazu 1.300 verschiedene Fischarten. In den letzten zwei Jahren wurden 380 Arten neu entdeckt, darunter 19 neue Fische und 46 Reptilien. „Ich fürchte, dass wir nicht genug Zeit haben, sie zu verstehen und zu erhalten“, sagt ­Truong Q. Nguyen, Professor an der vietnamesischen Akademie der Wissenschaften. „Die Artenvielfalt im Großraum Mekong steht unter enormem Druck durch die wirtschaftliche Entwicklung und das Bevölkerungswachstum, was zu Entwaldung, Umweltverschmutzung und Übernutzung natürlicher Ressourcen führt und durch die Auswirkungen des Klimawandels noch verstärkt wird.“

Zudem bewirken die Regenzeit und tropische Monsune immer wieder kleine bis große Katastrophen. Die bislang größte ereignete sich im Sommer 2018 in der südöstlichen Provinz Attapqeu, als nach starkem Regen der Xe-Pian-Xe-Namnoy-Damm unweit der Grenze zu Kambodscha brach und sich 5 Milliarden Kubikmeter Wasser ergossen, ungefähr so viel, wie der Chiemsee und der Starnberger See zusammen fassen. Acht Dörfer wurden überschwemmt, 1.300 Menschen verloren ihr Hab und Gut, es gab Dutzende Tote.

Trotzdem hält die kommunistische Regierungspartei an ihren „Batterie-Plänen“ fest. „Luang Prabang“ heißt das Projekt, wo sich derzeit die Bagger im Fluss vorarbeiten, es liegt eine Stunde Bootsfahrt oberhalb der namensgebenden Stadt, die das religiöse Zentrum in Laos ist. In den Berg ist eine riesige Arbeitersiedlung geschlagen worden, die Infrastruktur bietet Stromtransformatoren, Tanklager, Wasseraufbereitungsanlagen. Durchs Flusstal hallt der Lärm von Schlagbohrern und Dampfwalzen, Laster transportieren Geröll und Gestein, der provisorische Damm wächst sichtlich. Unterschrieben ist der Vertrag zur Lieferung der Turbinen – wiederum mit dem Konzern Andritzbereits, die Österreicher wollen sieben Maschinen mit einer Leistung von insgesamt 1.470 Megawatt liefern – mehr als ein großes deutsches AKW. Damit wird das Kraftwerk oberhalb von Luang Prabang dann das größte in Südostasien, die Inbetriebnahme ist für Ende 2029 geplant.

Frau An aus dem Dorf Ban Talan Foto: Nick Reimer

Benannt ist das Projekt nach der alten laotischen Kaiserstadt. Luang Prabang liegt eine Bootsstunde flussabwärts an der Mündung des Nam Khan in den Mekong – ungefähr auf halber Strecke bis zum Xayaburi. Jeden Morgen ziehen hier ab halb sechs hunderte buddhistische Mönche orange gewandet durch die Stadt, murmeln Gebete, um von den Gläubigen Almosen zu erbitten. An der höchsten Stelle der Stadt, dem Felsen Phou Si, kann man Buddhas Fußabdruck bestaunen, Luang Prabang ist mit seinen vielen Tempeln, Stuppas und Klöstern selbstverständlich Weltkulturerbe.

„Der Xayaburi ist wunderbar“, sagt Herr Samor, der in Luan Prabang ein Tourismusunternehmen betreibt. Da ist zunächst der Hochwasserschutz: „Der Damm hilft uns, endlich die schrecklichen Fluten während der Regenzeit besser zu kontrollieren.“ Früher sei der Mekong oft meterhoch über die Ufer getreten, das konnte das Wassermanagement der Dammbetreiber zuletzt fast gänzlich unterbinden. Außerdem bietet er auf dem Stausee jetzt Bootsfahrten „into the sunset“ an. „Das wird sehr nachgefragt bei den Touristen – und es ist ja auch wirklich schön“, sagt Samor. Drittens schließlich werde das Sediment, das hier in dem Stausee zu Boden sinkt, von den Dammbetreibern abgezogen und als Baustoff auf dem Markt angeboten. „Jeder weiß, wie knapp Sand wird“, sagt Samor. „Deshalb ist es gut, wenn wir hier den Rohstoff nutzen und ihn nicht nach Vietnam rauschen lassen.“ Der Tourismusmanager meint damit das Mekong-Delta, wo die Sedimente Millionen Jahre lang eines der fruchtbarsten Schwemmländer der Welt geschaffen haben, das bis zu drei Reisernten pro Jahr ermöglichte.

Stören ihn als Tourismusmanager die Auswirkungen des Xayaburi auf die Natur nicht? „Ach, die Leute denken, das war hier schon immer so“, sagt Samor in gebrochenem Deutsch. In den 80er Jahren studierte er in der DDR, sein Büro bewirbt Veranstaltungen „in deutscher Sprache“. Samor sagt: „Das ist der Fortschritt: Wir haben heute wesentlich seltener Stromausfall als vor dem Bau des Xayaburi.“ Damals mussten in den Hotels und Res­taurants immer teure Dieselgeneratoren einspringen. „Es ist doch klimafreundlich, das ist der Fortschritt“, sagt der Manager. Um dann eine interessante Frage zu stellen: „In Deutschland gibt es doch auch keinen Fluss mehr, der nicht angestaut, begradigt oder ausgebaut ist?“

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