Staatsstreich in Mali: Unterstützung bleibt wichtig
Nach dem Putsch sollten die EU und Deutschland ihre militärische Zusammenarbeit mit Mali nicht aufgeben. Waffen dürfen nicht in falsche Hände fallen.
D ie Machtübernahme des Militärs mittels Putsch in Mali klingt undemokratisch, weshalb dieser auf internationaler Ebene scharf verurteilt wurde. Gerade die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas hat in den vergangenen Wochen immer wieder betont, dass Präsident Ibrahim Boubacar Keïta „demokratisch gewählt“ sei und man an ihm festhalte. Zu der Äußerung beigetragen hat sicher die Sorge, dass es in den ebenfalls von Gewalt und Unruhe betroffenen Nachbarstaaten mit schwachen Regierungen zu ähnlichen Entwicklungen kommt.
Dass es dennoch zum Staatsstreich gekommen ist, dazu hat die Regierung selbst eifrig beigetragen, sei es durch Partybilder von Keïtas Sohn Karim, der Abgeordneter ist, Menschenrechtsverletzungen durch die Armee im Zentrum des Landes, weiterhin mächtigen Terrorgruppen im Norden oder wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit. Bei der Aussicht auf drei weitere Jahre im Stillstand oder sogar einer möglichen Verschlechterung – Keïtas Mandat ging offiziell bis August 2023 – schien der Putsch der letzte Ausweg. Bereits bei Keïtas Wiederwahl 2018 war die Frustration zu spüren. Zwar wurde der Amtsinhaber mit wenig Begeisterung wiedergewählt. Doch das lag auch daran, dass die Opposition mit Soumaïla Cissé ebenfalls nur die alte, abgenutzte Politikerriege zu bieten hatte.
Anstatt Mali nun alle Hilfe zu versagen, ist es wichtig, die Putschisten beim Wort zu nehmen. Halten sie sich an ihre Aussage, „wir wollen keine Macht, aber wir wollen die Stabilität des Landes“? Wird es zügig einen Fahrplan geben, um aus der Krise zu kommen? Kommen dabei alle Interessenvertreter*innen zu Wort? Kann es gelingen, Akteur*innen zu finden, die nicht der alten Machtclique angehören?
Für die Putschisten spricht erst einmal der unblutige Staatsstreich. Bestätigen sich diese ersten Eindrücke in den kommenden Tagen und Wochen, gilt auch auf militärischer Ebene, dass die Zusammenarbeit nicht eingestellt werden darf. Das Risiko, dass sich in diesen Tagen Terrormilizen im Norden weiter ausbreiten, ist real. In diesem Zusammenhang besteht die Gefahr, dass Waffen, etwa der EU-Ausbildungsmission, in die falschen Hände geraten. Eine Weiterführung der zahlreichen Missionen, an denen auch die Bundeswehr beteiligt ist, bleibt gerade deshalb wichtig.
Über Jahre haben die EU und Deutschland auch aus geopolitischen Interessen heraus eine korrupte und Vetternwirtschaft betreibende Regierung unterstützt, die ihr Land nicht vorangebracht hat. Jetzt gilt es, Mali und die Region nicht weiter ins Chaos abgleiten zu lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier