„Spiegel“ baut Relotius-Ressort um: Özlem Gezer wird „Reporter“-Chefin

Nach dem Fälschungsskandal wird das Relotius-Ressort im „Spiegel“ umgebaut. Keine eigenen Seiten mehr, neuer Name – und neue alte Chefin.

Özlem Gezer 2014 in der Talkshow "Günter Jauch"

Gezer soll diejenige gewesen sein, die Relotius zum Gestehen brachte. Foto: dpa

BERLIN taz | Sie soll diejenige gewesen sein, die den betrügerischen Reporter Claas Relotius zum Reden brachte. Özlem Gezer sei in der Nacht zum 13. Dezember 2018 zu Relotius gefahren und habe ihn gestellt. So erzählt es der 17-seitige Relotius-Bericht vom Mai. Zu diesem Zeitpunkt war Gezer Stellvertretende Ressortleiterin „Gesellschaft“.

Dieses Ressort wird sie nun alleine leiten, wie der Spiegel am Mittwoch mitgeteilt hat. Nur wird es anders heißen: „Reporter“. Das ist nicht nur treffender – es handelte sich schon immer um ein Reportageressort –, sondern auch ein nötiger Imagewechsel. Spiegel-“Gesellschaft“, das wird immer Relotius sein. Aber wie viel ändert sich mit neuem Namen und neuer, alter Spitze?

Özlem Gezer kommt 2012 zum Spiegel, als Redakteurin im Deutschlandressort in Berlin, vorher hat sie für den Stern und das ZDF in Istanbul gearbeitet. 2014 wechselt sie ins Gesellschaftsressort. Dieses ist aus dem 2001 eingestellten Magazin Spiegel Reporter hervorgegangen und nimmt in der Redaktion eine Sonderstellung ein. „Gesellschaft“ kapselte sich ab, arbeitete wenig mit anderen Ressorts zusammen, war nicht besonders empfänglich für Kritik von außen. So steht es in der hauseigenen Rekonstruktion des Relotius-Skandals, die dem Ressort eine Mitschuld gibt.

Gezer war seit 2017 stellvertretende Ressortleiterin unter Matthias Geyer. Matthias Geyer musste im Frühjahr die Ressortleitung wegen des Relotius-Skandals abgeben, die Untersuchungskommission hatte ihm vorgeworfen, die Aufklärung des Falls nur zögerlich vorangetrieben zu haben. Seitdem leitete Özlem Gezer das Ressort kommissarisch weiter. Nun wird sie also offiziell Leiterin.

Nestbau aufbrechen

Mit dem neuem Namen „Reporter“ werde das Ressort auch inhaltlich verändert, heißt es vom Spiegel-Verlag. Die Seiten in der Mitte des Heftes sollten der „Platz für Reportagen, Porträts, Reports und große Rekonstruktionen“ bleiben, doch werde dieser künftig auch von Kollegen aus den anderen Ressorts bespielt.

Damit verliert das Ressort die Hoheit über eigene Seiten – das war einer der Vorschläge aus der Untersuchungskommission gewesen, um die Nestbau-Struktur des Ressorts aufzubrechen. Ein anderer Vorschlag war gewesen, das Ressort komplett aufzulösen. In diesem Sinne sind die „Reporter“ und Özlem Gezer noch glimpflich davongekommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.