Sparkurs im Berliner Kulturhaushalt: Ohne fachliche Expertise
Arm und unsexy: Berlin macht dem Rest der Republik gerade vor, wie Sparen in der Kultur auf keinen Fall organisiert werden sollte.
D ie Berliner Kulturszene ist aufgebracht. Sehr zu Recht. Berlin muss sparen. Auch in der Kultur. Doch das für sich ist gar nicht der Punkt. Dass gespart werden muss, wissen viele Mitglieder der Kulturszene selbst, auch wenn es schmerzt. In einer Situation, in der die Hauptstadt Schulbauten verschieben und die Mittel für Ersatzteilbeschaffung der Feuerwehr halbieren muss, muss auch der Kulturhaushalt seinen Beitrag leisten.
Aber die Art und Weise, wie das nun politisch organisiert wird, ist schon krass: an allen Institutionen vorbei, ohne fachliche Expertise, von oben herab. Zynisch gesagt: Berlin macht dem Rest der Republik gerade vor, wie es auf gar keinen Fall geht.
Man stelle sich vor: Eine Institution fragt vorsorglich bei der für sie zuständigen Behörde an, ob sie eine freie Stelle besetzen kann. Sie bekommt grünes Licht, besetzt die Stelle und erfährt am nächsten Tag aus der Zeitung, dass die ganze Institution abgewickelt werden soll. Anderes Beispiel: Eine Jury soll zusammenkommen, um über kulturelle Stipendien für 2025 zu entscheiden. 2025 ist bald. Doch die Jury weiß noch nicht einmal, wieviel Geld sie verteilen soll.
Solche Geschichten gehen um in Berlin. Von einigen Institutionen ist zu hören, dass sie der Kulturbehörde auf Aufforderung längst eigene Sparpläne vorgelegt haben. Nur um mit einer Sparliste konfrontiert zu werden, die von den Fraktionsspitzen der regierenden CDU-SPD-Koalition festgelegt worden ist. Offensichtlich mit dem Rasenmäher. An der Kulturbehörde vorbei.
Joe Chialo lässt sich über den Tisch ziehen
Und was macht der Berliner Kultursenator Joe Chialo, CDU? Bedauert dies und das. Erzählt aber vor allem, dass die Kulturinstitutionen sowieso auf mehr Eigeninitiative und Sponsorengelder setzen sollten. Nun kann man es tatsächlich problematisch finden, wie sehr nicht nur die Hochkultur, sondern auch die freie Szene der Hauptstadt von staatlichen Geldern abhängig ist.
Aber es sind in Berlin eben nicht mehr die Zeiten der billigen Mieten und der subkulturellen Zwischennutzungsorte mit Sofas vom Sperrmüll. Gerade die Entwicklung von tragfähigen Szenarios für mehr Eigenständigkeit der kulturellen Institutionen braucht sowieso Planungssicherheit und zumindest mittelfristig gesicherte Rahmenbedingungen.
Was hat man aber stattdessen jetzt in Berlin? Unsicherheit. Die Auskunft, dass in vielen Bereichen die konkreten Zahlen sowieso erst Mitte Dezember angesagt werden können, wenn die Haushaltsverhandlungen durch sind. Eine CDU und eine SPD, die offenbar bei allen Schilderungen, wie wichtig gerade für den Standort Berlin eine lebendige Kultur ist, weggehört haben. Und einen Kultursenator, der sich von ausgebufften Politprofis über den Tisch ziehen lässt.
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