Soziale Herkunft von Start-up-Gründern: Das Kapital reproduziert sich
Gründer*innen haben laut einer Bertelsmann-Studie besonders häufig Unternehmer*innen als Eltern. Dadurch haben sie entscheidende Vorteile.
Denn viele Gründer*innen haben Eltern, die selber bereits Unternehmer*innen oder Selbstständige sind beziehungsweise waren. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die Bertelsmann-Stiftung und der Start-up-Verband am Dienstag veröffentlichten. Sie befragten dafür 1.800 Gründer*innen über ihre soziale Herkunft.
Das Ergebnis: Bei 38 Prozent der Gründer*innen war mindestens ein Elternteil selbstständig tätig, bei 24 Prozent beschäftigten die Eltern Angestellte. Zum Vergleich: Insgesamt liegt der Anteil der Unternehmer*innen an allen Beschäftigten hierzulande bei vier Prozent.
Auch kommen Gründer*innen überproportional häufig aus akademischen Familien. Sechs von zehn haben mindestens einen Elternteil mit akademischem Abschluss. Nur vier Prozent der befragten Gründer*innen gaben hingegen an, aus einer Arbeiterfamilie zu stammen.
Eltern sind oft Türöffner
„Ein familiärer unternehmerischer Hintergrund ist ein wichtiger Treiber für Start-up-Unternehmer*innen. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass die Hürden für Innovator*innen ohne diesen Zugang ungleich höher sind“, sagt Julia Scheerer, Wirtschaftsexpertin der Bertelsmann-Stiftung. Denn Eltern geben ihren Kindern nicht nur das „richtige Mindset“ mit. Sie dienen häufig auch als Türöffner. So gaben zwei Drittel der Gründer*innen an, die aus Unternehmerfamilien stammten, über ihre Familie viel Kontakt zu anderen Unternehmer*innen erhalten zu haben. Bei Gründer*innen, deren Eltern etwa Angestellte oder Beamte sind, waren es nur 14 Prozent.
Dieses bessere Netzwerk macht sich auch bei der Finanzierung des Start-ups bemerkbar. So bekommen Kinder von Unternehmer*innen deutlich häufiger Kapital von sogenannten Business Angels, also reichen Einzelpersonen, die neben dem Kapital häufig wichtige Branchenkenntnisse und Kontakte mitbringen.
Auch helfen Unternehmer*innen häufiger ihren Kindern bei finanziellen Engpässen aus. Während 14 Prozent der Gründer*innen aus Arbeiterfamilien angaben, in einer schwierigen Situation eine Finanzspritze von ihren Eltern bekommen zu haben, bejahten 70 Prozent der Unternehmerkinder diese Frage. Das Kapital reproduziert sich sozusagen selbst. Das ist aber keine Garantie fürs Gelingen.
„Ich bin Kapitalist. Ich will Geld verdienen und mir Segeljachten kaufen von meinen Dividenden und so was“, rief einst auch Verena Bahlsen aus und sorgte damit für viel Furore. Ihr Restaurant Hermann’s musste im April 2020 jedoch schließen. Im Familienkonzern, wo sie zwischenzeitlich als „Chief Mission Officer“ tätig war, konnte sie offenbar auch nicht Fuß fassen. Mittlerweile bezeichnet sich Bahlsen auf der Karriere-Onlineplattform Linkedin unter anderem als „Freelance Brand Strategist“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg