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Soziale Gerechtigkeit bei KlimaschutzWir fahren zusammen

Gastkommentar von Lea Koff

Klimaschutz und gute Arbeitsbedingungen können zusammen durchgesetzt werden – wenn die Richtigen zur Kasse gebeten werden.

Globaler Klimastreik am 19. März 2021 in Frankfurt am Main Foto: Ralph Peters/imago

S eptember 2020, 4 Uhr morgens. Es ist noch dunkel, als wir als Fridays-for-Future-Ak­ti­vis­t*in­nen unsere Häuser verlassen und uns auf den Weg machen. Heute streiken bundesweit die Bus- und Bahn­fah­re­r*in­nen. Für uns Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen steht außer Frage, dass wir sie und ihre Forderungen nach einem guten, flächendeckenden Tarifvertrag unterstützen.

Wir wollen zu den Betriebshöfen der lokalen Bus- und Straßenbahnunternehmen fahren und gemeinsam streiken für eine sozialökologische Verkehrswende. An den Betriebshöfen werden wir freudig begrüßt. Wir kennen die Kol­le­g*in­nen mittlerweile, wir haben uns monatelang vernetzt. Wir haben viel voneinander gelernt und verstanden: Gute Arbeitsbedingungen und Klimaschutz: das geht nur zusammen.

Für mich als Klimaaktivistin geht kein Weg daran vorbei, den Verkehrssektor in den kommenden Jahren massiv umzustrukturieren. Nicht nur, dass er einer der Sektoren mit den höchsten CO2-Emissionen ist. Er ist auch der Sektor, in dem der CO2-Ausstoß noch zugenommen hat. Wenn wir von einer Umstrukturierung des Verkehrssektors sprechen, heißt das insbesondere: weg vom Individualverkehr und massive Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr. Das erfordert besonders gute Arbeitsbedingungen für die Bus- und Bahnfahrer*innen, denn wenn wir in Zukunft niemanden mehr haben, der*­die diesen Job machen möchte, sieht es für die Verkehrswende schlecht aus.

Die Erfahrungen im vergangenen Jahr haben deutlich gemacht: Die Erzählung von dem großen Widerspruch zwischen Klimaschutz und Arbeitsbedingungen ist eine Legende, die vor allem davon ablenkt, diejenigen zur Kasse zu zwingen, die die Klimakrise zu verantworten haben. Wir können und werden auch zukünftig unsere Kämpfe mit den Beschäftigten verbinden hin zu einer gemeinsamen, sozial gerechten Bewegung gegen die Klimakrise. Ja, es braucht sofortigen Klimaschutz, aber dieser darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. #wirfahrenzusammen

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6 Kommentare

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  • „diejenigen zur Kasse zu zwingen, die die Klimakrise zu verantworten haben“

    Sorry für die schlechte Nachricht, aber „diejenigen“ das sind wir alle zusammen.

    Wenn man sich den Primärenergieverbrauch der Welt anschaut dann wird völlig klar, dass die Ernährung von fast 10 Milliarden Menschen im Moment nur über fossile Energieträger funktioniert.

  • Mag ja sein aber die Klimabewegung ist an sich doch eine ziemlich asoziale Mittelschichtsbewegung die sich nicht für schlechter gestellte Menschen interessiert

    • @Oskar:

      Ganz im Gegenteil. Passt nur nicht ins Weltbild, hab ich recht?



      Die, die dem Klima schaden, schaden damit auch der Gesellschaft und darunter leiden immer die ärmeren, nie die reichen. Die ganze Energiewende ist nur so teuer, weil die Energiekonzerne dabei so viel Profit wie möglich machen wollen, ohne selbst zu investieren. Das sieht man beispielsweise am Kohleausstieg, der künstlich über Jahre hinausgezögert wird und (durch unseriöse Berechnungen) um ein vielfaches überbezahlt werden soll.



      Wer zahlt das am Ende? Sicher nicht die RWE und co.

      Hätten wir in den 70ern schon angefangen, regenerative Energien auszubauen, wäre es heute nicht so dringend und teuer. Wenn wir es heute nicht machen, kostet es die kommenden Generationen umso mehr. Und auch dann wird es nicht die Reichen treffen.

  • Im Bus- und Bahnverkehr der CO2-freien Zukunft wird das Fahrpersonal überflüssig. Fahrpersonal ist doch allenfalls noch eine Transistionserscheinung.

  • @FLY

    Wieso? Poschardt hat doch was von Strassenmaut gebruddelt.

    Das sollten mal die Grünen aufnehmen. Mal sehen, wie sein Co-Kläffer aufjault :-)

  • Das Gegenstück zum Poschardt-Interview.

    Nur nicht so kurzweilig. ÖPNV halt.