Sozialabbau in Österreich: Daumenschrauben gegen Arme
Österreichs rechtspopulistische Regierung baut das Sozialsystem um. Für Geringverdiener und Migranten ohne gutes Deutsch wird es enger.
Begonnen wird mit der Neuregelung der Mindestsicherung, die ursprünglich als letztes Netz gegen Armut gedacht war, aber ohnehin schon in einigen Bundesländern durchlöchert ist. Nun soll bundesweit vereinheitlicht werden, auf niedrigerem Niveau. 863 Euro soll es künftig maximal für Inländer geben. Für Migranten nur dann, wenn sie Deutsch auf B1-Niveau beherrschen (das ist etwa das Niveau, das man beispielsweise nach 4 Jahren Französischunterricht am Gymnasium erreicht haben soll). Schafft man den Nachweis nicht, gibt es nur 563 Euro. Das gilt etwa für Asylberechtigte. Ob subsidiär Schutzberechtigte noch schlechter gestellt werden, ist unklar. Weitere Kürzung: Für das erste Kind gibt es noch 25 Prozent vom Regelsatz, aber für das dritte nur mehr 45 Euro. Dazu kommen Wartefristen für EU-Ausländer und so weiter.
Der Spin der Regierung zielt darauf ab, „unsere“ Leute gegen „die Einwanderer ins Sozialsystem“ auszuspielen. Tatsächlich betroffen sind letztlich wohl vor allem inländische Geringverdiener, die künftig nur noch bis zum reduzierten Regelsatz von 863 Euro aufstocken können.
Schon jetzt ist klar: Die Daumenschrauben für die als „Nichtstuer“ diffamierten Mindestsicherungsbezieher sind nur ein Ausblick auf weitere Einschnitte. Verschlechterungen beim Arbeitslosengeld und die Streichung der Notstandshilfe (bisher eine Art reduziertes Arbeitslosengeld nach längerer Bezugsdauer) sind bereits im Regierungsprogramm angekündigt.
All das betrifft potenziell alle Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt Probleme haben, seien sie schlecht qualifiziert oder jenseits der 50. Verkauft wird es von der Regierung mit einem Spaltungsdiskurs „Inländer“ gegen „Ausländer“ und „Fleißige“ gegen „Faule“.
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