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Solidemo für Iwan GolunowSpaltung der Opposition

In Moskau und Berlin solidarisieren sich Menschen mit dem mittlerweile freigelassenen Journalisten Golunow. Doch die Unterstützer sind gespalten.

Über 510 Demonstranten wurden in Moskau festgenommen, manche nur wegen T-Shirt-Aufschriften Foto: ap

Berlin taz | Zwischen den beiden Protestaktionen liegen etwa 1.650 Kilometer. Und obwohl es um dieselbe Sache geht – Solidarität mit dem zeitweise festgenommenen Journalisten Iwan Golunow –, scheint es tatsächlich, als fänden sie in zwei verschiedenen Welten statt. Während in Berlin die Stimmung fast feierliche ist, gibt es in Moskau schwere Konfrontationen mit der Polizei.

Über 510 Demonstranten wurden nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Owd-Info am Mittwochnachmittag in Moskau festgenommen, als sie bei einem Protestmarsch gegen Polizeiwillkür demonstrierten. Mehrere davon wurden von den Polizisten aus der Menge scheinbar wahllos herausgezogen – in einigen Fällen nur, weil sie T-Shirts mit der Aufschrift „Ich/wir (sind) Iwan Golunow“ trugen.

Der Protestzug war ursprünglich als Solidaritätsveranstaltung für den russischen Enthüllungsjournalisten und Mitarbeiter des Nachrichtenportals Meduza geplant. Dann wurde der Journalist überraschend freigelassen, die Demonstration untersagt. Trotzdem versammelten sich am Dienstag laut Medienschätzungen rund 2.000 Demonstranten zur Unterstützung von Golunow.

Einige Stunden später lief eine ähnliche Protestaktion am Brandenburger Tor in Berlin – hier war die Stimmung fast feierlich. In der Gruppe, die aus maximal 50 Menschen bestand, kannten sich manche schon von früheren Kundgebungen und freuten sich aufs Wiedersehen. Es herrschte ein Gefühl der Solidarität.

Willkürliche Festnahmen dank des „Volksparagrafen“

„Auch in Russland wollte ich zu solchen Aktionen gehen, hatte aber große Angst davor, dafür an der Uni zwangsläufig exmatrikuliert zu werden“, sagt Elina Shorokhova, die in Berlin als Musikerin und Fotografin tätig ist. Mit „solchen Aktionen“ meint sie Proteste gegen Korruption, die unter anderem von Oppositionspolitiker Alexei Nawalny im März 2017 organisiert wurden. In einem der Nachtclubs von Rostow am Don, wo sie vor ein paar Jahren Musik gemacht hat, hat Elina eine Drogenrazzia der russischen Sonderpolizei OMON miterlebt.

Die Beamten drückten die Anwesenden mit dem Gesicht zu Boden und durchsuchten ihre Hosentaschen, erzählt sie. „Meins auch, obwohl ich gesagt hatte, dass ich dort Musik mache. Ich hatte Angst, dass sie mir Drogen unterschieben.“ Jetzt fordert sie – „mindestens teilweise“ – eine Entkriminalisierung des Artikels 228 des russischen Strafgesetzbuchs. Dieser Artikel bezieht sich auf Erwerb, Besitz, Transport und Herstellung von Rauschgift. Er ist auch als „Volksparagraf“ bekannt, weil auf ihm, laut Experten, rund ein Viertel aller Urteile in Russland beruht.

Auch die Strafverfolgung von Golunow basierte auf diesem Artikel. An dem Tag, an dem der Enthüllungsreporter freigelassen wurde, hieß es plötzlich aus der russischen Staatsduma, dass die Strafe für den Besitz von Drogen ohne Verkaufszweck gemildert werden könnte.

Golunow ist nur einer von vielen

Eine andere Teilnehmerin der Berliner Demo, die wissenschaftliche Journalistin Irina Yakutenko, mutmaßt über die möglichen Absichten der plötzlichen Freilassung von Golunow. Eine davon wäre: die Opposition zu destabilisieren und zu spalten.

Tatsächlich haben die Unterstützer von Golunow unterschiedlich reagiert. Die Chefs des Medienportals Meduza riefen zusammen mit anderen Journalisten dazu auf, nicht an dem Protestmarsch teilzunehmen, solange dieser nicht genehmigt sei. Sie wollen erst am 16. Juni mit offizieller Genehmigung auf die Straße gehen. So finden zwei Demonstrationen statt, auf der jeweils weniger Menschen anwesend sind.

„Der Versuch, die Opposition zu spalten, ist leider gelungen“, so lautet die Einschätzung von Yakutenko aus Berlin. Am Brandenburger Tor sind sich die Protestierenden jedoch weitgehend einig. Die Meisten betonen, dass für sie der Fall Golunow erst mit der Freilassung von anderen politischen Gefangenen abgeschlossen sein wird.

Es geht um die ukrainischen Geiseln in der russischen Gefangenschaft, um die Krimtataren und um die Zeugen Jehovas, sagte Journalist und Dramatiker Mikhail Kaluzhsky. „Ich glaube, dass es sogar wichtiger ist, für sie zu demonstrieren, als eine einzelne Person zu unterstützen.“

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1 Kommentar

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  • Die „Junge Welt“ ist absolut nicht mein Leib- und Magenblatt. Aber dem Beitrag www.jungewelt.de/a....html?sstr=Golunow zur Justizfarce um Iwan Golunow kann ich nur zustimmen. Erstaunlich, denn üblicherweise nimmt die JW die Zustände in Putins Russland gegen jegliche Kritik in Schutz!