Sieg gegen Holstein Kiel in der 2. Liga: St. Pauli entwirrt sich
Gegen starke Kieler gelingt dem FC St. Pauli ein 5:1-Befreiungsschlag. Die zuletzt verpflichteten Stürmer wurden dafür nicht gebraucht.
Eine Dynamik, die St. Pauli zur Genüge kennt: In der Vorsaison endete sie mit Abstiegsplatz 17 zum Ende der Hinrunde und dem Aus für den beliebten Trainer. Ein Hauch von Déjà-vu zog in den vergangenen Wochen durchs Stadion am Millerntor, zuletzt verstärkt durch die schwere Bänderverletzung, die sich Antreiber Jackson Irvine im Einsatz für Australiens Nationalteam zuzog.
Und dann kam Holstein Kiel ans Millerntor, jene Überraschungsmannschaft, die nach durchwachsener Vorsaison komplett umgekrempelt wurde. Nach vier Siegen aus fünf Spielen hätten die Kieler, begünstigt durch den Ausrutscher des HSV beim Aufsteiger Elversberg, Tabellenführer werden können. Stattdessen platzte bei St. Pauli nicht nur ein Knoten, nein, die ganze Wuhling löste sich auf in Wohlgefallen. Nach sieben Minuten stand es schon 2:0 durch Connor Metcalfe und Eric Smith. Die Heim-Fans hatten gut lachen: Als es aus dem Gästeblock „Scheiß St. Pauli, Scheiß St. Pauli, hey!“ schallte, stimmten sie mit ein.
Wochen der Nervosität enden
Als auch noch Flügelstürmer Oladapo Afolayan sein Tor machte, der in den Vorwochen unter anderem als Aushilfs-Mittelstürmer Frust geschoben hatte, war die Welt auf St. Pauli wieder in Ordnung. Wie groß vorher die Nervosität im Club gewesen sein muss, zeigte der Blick auf die Ersatzbank: Dort saß mit dem 32-jährigen Simon Zoller der echte Mittelstürmer, den St. Pauli kurz vor Transferschluss verpflichtet hatte, neben dem noch ein Jahr älteren Neuzugang Andreas Albers; der in den vergangen Wochen im Sturmzentrum glücklos geblieben ist.
Wie im Vorjahr tut St. Pauli sich schwer, den Abgang des besten Torschützen zu kompensieren. Der Verein, nach jahrzehntelangem Chaos so erzseriös geführt wie die Sparclubs in den Kneipen rund ums Stadion, stopft mit seinen Transfererlösen vor allem Löcher, die die Pandemie gerissen hat. Er scheut das Zahlen hoher Ablösesummen und bekommt deshalb kaum Stürmer, die sofort helfen und längerfristige Perspektiven haben. Stattdessen werden entwicklungsfähige Stürmer geholt – und obendrauf alte Haudegen, die ihnen nicht langfristig im Weg stehen. Innerhalb eines Jahres kamen so schon sieben neue Stürmer ans Millerntor. Das kann gutgehen, wenn auch mal Mittelfeldspieler treffen – wie nun Lars Ritzka zum 4:1 und Marcel Hartel zum 5:1.
Dass Holstein stark mitspielte, gute Chancen hatte und zwischenzeitlich zum 1:3 kam, spielte da schon keine Rolle mehr. Es macht diesen ersten Heimsieg für St. Pauli vielleicht sogar noch kostbarer.
Im Text hatte es zunächst geheißen, Kiel habe vier Spiel in Folge gewonnen. Dazwischen lag aber eine Niederlage gegen Magdeburg. Wir haben die Textstelle entsprechend geändert.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören