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Sexualisierte Gewalt in der KircheMitspracherecht bei Woelki gefordert

Die Auszeit von Erzbischof Woelki endet Anfang März. Gläubige fordern vor seiner Rückkehr eine Befragung und dass die Reformbeschlüsse ernst genommen werden.

Erzbischof Rainer Maria Woelki auf dem Weg zur Priesterweihe im Kölner Dom im Juni 2021 Foto: Christoph Hardt/Future Image/imago

Köln afp/dpa | Angesichts der bevorstehenden Rückkehr des Erzbischofs Rainer Maria Woelki haben Katholiken in Köln eine Befragung der Gläubigen gefordert. „Teilhabe der Gläubigen ist in Köln das Gebot der Stunde“, sagte der Vorsitzende des Diözesanrats, Tim Kurzbach, dem Kölner Stadt-Anzeiger vom Montag. Wenn die jetzigen Verantwortlichen und die deutschen Bischöfe es mit den jüngsten Reformbeschlüssen des synodalen Wegs ernst meinten, müssten sie „die Gemeinden zu der Frage hören, ob es eine Zukunft mit Kardinal Rainer Woelki geben kann“.

Das Oberhaupt des Kölner Erzbistums ist noch bis Aschermittwoch, der in diesem Jahr auf den 2. März fällt, beurlaubt. Die Krise in der Diözese sei durch Woelkis Auszeit nicht beigelegt, mahnte Kurzbach. „Es sind derzeit nicht die geringsten Anzeichen erkennbar, dass nach dem 2. März etwas anders wird“, sagte er der Zeitung. Der Vatikan sei dafür verantwortlich, das Erzbistum „nicht sehenden Auges in die Kernschmelze laufen zu lassen“.

Die Reformbewegung Maria 2.0 forderte Woelkis Vertreter Rolf Steinhäuser dazu auf, seinen Lagebericht für den Vatikan und das Ergebnis einer geheimen Abstimmung im Beratergremium des Erzbischofs zu dessen Rückkehr offenzulegen. Sollte Kardinal Woelki zurückkehren, drohe „Agonie“, hieß es in dem Bericht.

Woelki werden schwere Kommunikationsfehler bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals im größten deutschen Bistum vorgeworfen, auch wenn er persönlich juristisch entlastet wurde. Papst Franziskus beließ ihn im Amt, der Kardinal nahm sich jedoch für vier Monate eine sogenannte geistliche Auszeit.

Erste Reformbeschlüsse bei der dritten Synodalversammlung

Am Wochenende war mit ersten konkreten Reformbeschlüssen die dritte Synodalversammlung zur Erneuerung der katholischen Kirche in Deutschland zu Ende gegangen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, wertete das dreitägige Treffen in Frankfurt am Main als „großen Erfolg“. „Wir verändern das konkrete Handeln der Kirche, und ich habe die große Hoffnung, uns gelingt der Durchbruch in eine veränderte Kultur: deutlich partizipativer, gerechter, in geteilter Verantwortung aller.“

Konkret habe die Synodalversammlung beschlossen, dass die Gläubigen eines jeden Bistums künftig stärker an der Berufung eines neuen Bischofs beteiligt werden sollten. „Ein Kulturwandel ist auch in der Gestaltung des kirchlichen Arbeitsrechts notwendig“, sagte Bätzing. Weit über 90 Prozent der Delegierten hätten sich dafür ausgesprochen.

Der Limburger Bischof verwies auf die aufsehenerregende Initiative #OutInChurch, in der sich kürzlich 125 kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu ihrem Queersein bekannt hatten. Derzeit müssen kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die etwa in homosexuellen Partnerschaften leben oder nach einer Scheidung wieder heiraten, mit Sanktionen rechnen, im schlimmsten Fall mit der Kündigung.

Auch die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, sagte: „Die Dritte Synodalversammlung war erfolgreich. Die Versammlung hat geliefert.“ Erstmals seien drei Reformtexte in zweiter Lesung und damit bindend verabschiedet worden. Dabei habe es auch klare Mehrheiten der Bischöfe gegeben.

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) sah nach der Synodalversammlung „deutliche Fortschritte“. Nun seien die Bischöfe mit rascher Umsetzung gefragt. „Das muss jetzt geschehen und es darf nicht erst auf eine Zustimmung oder Ablehnung aus Rom gewartet werden“, betonte der BDKJ-Vorsitzende Gregor Podschun, der selbst Delegierter der Synodalversammlung ist.

Positiv fiel auch die Bilanz der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland (kfd) aus. „Unsere Beharrlichkeit und unser Ringen der vergangenen Jahre haben sich endlich ausgezahlt. Die Versammlung hat gezeigt: Die Kirche – und die Mehrheit der anwesenden Bischöfe – will die Veränderung und hat jetzt die dringend nötigen Reformen in Gang gebracht“, sagte die stellvertretende Bundesvorsitzende Agnes Wuckelt.

Zuspruch gab es ebenso von den Reformgruppen, die den Synodalen Weg von außen begleiten: „Diese Versammlung hat gezeigt: Die Zeit der Angst und der Ausgrenzungen wie auch der Fixierung auf eine übergriffige Sexualmoral ist endlich vorbei“, hieß es in einer Stellungnahme von „Wir sind Kirche“. Allerdings seien auch die immer noch bestehenden Widerstände in Teilen der Deutschen Bischofskonferenz deutlich geworden. Vor allem der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hatte sich in seinen Redebeiträgen immer wieder gegen Reformen gestellt.

Missbrauchsbetroffene waren hingegen enttäuscht von der dritten Vollversammlung des Synodalen Wegs. Die Betroffenenorganisation „Eckiger Tisch“ sagte, dass bei den Gesprächen die Anliegen der Opfer keine Rolle gespielt hätten.

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4 Kommentare

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  • 4G
    47202 (Profil gelöscht)

    ".....eine Befragung der Gläubigen gefordert."

    Logisch! Eine Befragung der gesamten Bevölkerung fiele fatal aus.



    Nun versucht man sich so irgendwie durchzuwinden und den Anschein demokratischen Verhaltens zu zelebrieren. Verlogen, genau wie die gesamt Kirche eben auch ist.

  • "Die Dritte Synodalversammlung war erfolgreich. Die Versammlung hat geliefert.“



    Wie bitte? Der Journalist Benjamin Lassiwe stellte eine wichtige Frage auf der Pressekonferenz zur Dritten Synodalversammlung an Bischof Bätzing: „Halten Sie es für wünschenswert, dass Bischof Wölki seine Arbeit am Aschermittwoch wieder aufnimmt ?...“ Bischof Bätzing: „Die Frage ist nicht Teil des Synodalen Wegs…“.



    Quelle: www.youtube.com/watch?v=YYA4k_YJvVM



    Die harsche Antwortverweigerung von Bätzing ist nicht nachvollziehbar, denn wie kann die Bewertung der zentralen Frage, ob einer der umstrittensten deutschen Bischöfe seine Arbeit wieder aufnehmen soll, nicht Teil des Erneuerungsdiskurses auf der Synode gewesen sein. Es hätte eine Nachfrage der Journalisten auf der PK zu dem Sachverhalt geben müssen, zumal aus der Antwort auf die Frage des ZDF-Journalisten Erbacher hervorging, dass es Enttäuschung und Wut unter den Teilnehmern der Synode gegeben hatte. Welche Personen äußerten Wut und Enttäuschung? Und warum? Aus der Presse ist darüber nichts zu erfahren.



    Noch einmal: Bischof Bätzing vermeidet bis heute eine klare Stellungnahme zur Rückkehr von Erzbischof Woelki und drückt sich damit um seine Verantwortung in Bezug auf die eklatanten Fälle von Missbrauch im Kölner Bistum. Mit seiner vagen Kritik am Bistum Köln lässt Bätzing das "Spiel" laufen, nach dem Motto: mal sehen was passiert. Die im Artikel erwähnten katholischen Verbände wissen das, verhalten sich passiv und spielen das "Spiel" von Bätzing mit.



    Wo sind Reaktionen der katholischen Verbände in Bezug auf die Kritik des Eckigen Tischs, dass die Belange der Opfer auf der Konferenz des Synodalen Wegs keine Rolle gespielt hatten. Die Opfer stehen mal wieder komplett allein da. Auch in den Medien. Aber das ist ja nichts Neues.

  • Hö? Seit wann wir der Pöbel gefragt ?



    Und schon garnicht in der katholischen Kirche.

  • Ja wie! Lebt denn der alte Holzmichel noch?! 🙀😱