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Reformen in der Katholischen KircheMenschenrechte als Maßstab

Kommentar von Daniela Ordowski

Die Signale des Synodalen Wegs lassen auf umfassende Reformen hoffen. Es ist an den Bischöfen, schon jetzt umzusetzen, was machbar ist.

Regenbogenfarben bei der Synodalversammlung: Viele sprechen sich für eine Homoehe aus Foto: DBK

H offnung auf eine reformierbare Kirche. Wie sehr wir daran glauben wollen, zeigt die Euphorie der Re­for­me­r*in­nen. Die vergangenen Tage können sicherlich als Hoffnungsschimmer gedeutet werden. Was diese Kirche jetzt braucht, ist, jedoch weiterhin kritisch und wachsam zu bleiben.

Die in der Öffentlichkeit gefeierten Beschlüsse sind noch nicht final im Gepäck. Immerhin wurden die sogenannten heißen Eisen, wie die Aufhebung des Pflichtzölibats, das Diakonat und das sakramentale Amt für Frauen, Neubewertung von Homosexualität, Segnungsfeiern und die Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts, angesprochen.

Die sehr guten Nachrichten sind, dass die Texte zu all diesen Themen mit großer Mehrheit durch die erste Lesung gekommen sind und damit in den Synodalforen weiter behandelt werden dürfen. Allein das ist erstaunlich, blieb doch lange unklar, wie viele besonders unter den Bischöfen Reformwillen zeigen. Für einen Beschluss braucht es jedoch noch eine zweite Lesung.

Synodaler Weg ist eine Chance

Und dann ist da noch Rom. In seiner Rede macht Nuntius Eterović, der Beobachter aus Rom, deutlich, dass der Papst das letzte Wort hat. Umso wichtiger ist es, dass die deutschen Bischöfe nun Ernst machen und ihren Worten Taten folgen lassen. Viele der Forderungen können bereits jetzt umgesetzt werden. In wenigen Wochen steht die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz an und mit ihr die Möglichkeit zu beweisen, dass die Beteuerungen der letzten Tage ernst gemeint waren.

Die Bischöfe sollten zeitnah umsetzen, was möglich ist. Wichtig ist jetzt, deutlich zu machen, dass der Synodale Weg eine Chance ist, nicht nur von Veränderungen zu ­sprechen, sondern auch klare Entscheidungen für die Umsetzung zu treffen und die strukturellen Begünstigungen für Missbrauch zu beseitigen. Und wir müssen deutlich machen, dass wir all diese Veränderungen nicht anstreben, weil sie uns die Kirchenbänke wieder füllen, sondern weil wir Missbrauch verhindern müssen.

Es ist unsere Verantwortung, die Menschenrechte als Maßstab zu sehen und nicht hinter ihnen zurückzufallen.

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4 Kommentare

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  • Joseph Ratzinger war schon unter Pabst Joh. Paul II. Vorsitzender der "Heiligen" Inquisition, also der zentralen und wichtigsten Behörde im Vatikan seit 1542, die heute beschönigend "Glaubenskongregation" genannten wird.



    Zur Erinnerung:



    Die Inquisition hat neben Tausenden von Prozessen und Verurteilungen sowie der Ermordung von "Hexen" und "Häretikern" (ua. Protestanten) auch die von Galileo Galilei und Giordano Bruno zu verantworten.

    In dem Ratzinger dieses Amt seit 1982 bis zu seiner Pabstberufung im April 2005 als Hardliner in strenger Auffassung gegen alle Frauen-, Homo- u. Minderheitenrechte, gegen Abtreibung und Sterbehilfe ausfüllte, war er ebenso verantwortlich den Umgang der Kirche mit sexualisiertem Missbrauch. Er war über 20 Jahre oberster Sittenwächter der Kirche in einer Zeit, als die Kirche, wg der zwischenzeitlichen Liberalisierungen im weltlich-politischen Bereich, stark unter Druck geriet. Keine Kleinigkeit!



    Da wiegt der heute skandalisierte Münchener Fall eher wenig im Vergleich.

    • 4G
      40401 (Profil gelöscht)
      @Konrad Born:

      Die Heilige Inquisition hielt sich aus den Hexenprozessen nahezu vollständig heraus. Einer der bekanntesten Inquisitoren, Bernard Gui, hat penibel Buch über die Prozesse führen lassen: bei ihm endeten 5% der Verfahren mit einer Verurteilung zum Tod, bei ca. 66% der Verfahren wurde der Beschuldigte freigelassen. Bei den Hexenprozessen der weltlichen Gerichte dürfte die Zahl anders ausgesehen haben.



      Galileo Galilei starb friedlich 11 Jahre nach seinem Prozess. Bruno wurde von der Kirche wegen Häresie verurteilt und an ein weltliches Gericht überstellt mit der Bitte: "dieser möge die Strenge des Gesetzes mildern und keine Strafen gegen Leib oder Leben verhängen." Das mag eine Floskel sein, das Todesurteil sprach aber der Gouverneur von Rom.

  • "Menschenrechte als Maßstab" (Titel) wären natürlich schön.



    Aber wer sich die lange Geschichte der vatikanischen Kirche ansieht, kann nicht so naiv sein, daran "zu glauben".

    Stattdessen ist es dringend nötig, sich das Ausmass der bereits untersuchten (und sogar in Hollywood-Filmen aufgegriffenen) Kirchen-Strategie, bewusst zu machen, massenhaften globalen Missbrauch systematisch zu Verschleiern!

    Ein bekannter Spielfilm auf gesicherter Faktenbasis ist z.B. "Spotlight" (2015), in dem die bis heute gebräuchliche Taktik des Täterschutzes durch die Kirche dargestellt wird. Die Opfer werden von der Kirche nicht menschenwürdig behandelt, sondern juristisch bedroht! Und aufgeflogene, missbrauchende Priester werden in andere Gemeinden versetzt, wo sie weiter Kinder, Jugendliche und andere Schutzbefohlene missbrauchen können -- oft wird diese Versetzungspraxis über Jahr(zehnt)e wiederholt. Der Bostoner Fall, der durch investigativ arbeitende Journalisten publiziert wurde, ist nur einer, der schweren Missbrauchsfälle, die global allein seit Anfang des Jahrtausends bekannt wurden.



    2019 brachte Arte die Doku "Gottes missbrauchte Dienerinnen", in der der systematische sexualisierte Missbrauch von Nonnen durch Priester und die vatikanische Komplizenschaft mit den Tätern in seinem weltweiten Ausmass dokumentiert wurde.



    Zahlreiche weitere Skandale gehen alle paar Jahre durch die Presse, sei es in Frankreich, USA, Irland, in der BRD, Afrika, im Vatikan oder wo auch immer...

    Tun wir also nicht so, als wäre irgendwer überrascht, dass die hierarchisch-patriarchale Machtstruktur der Kirche solche Täter geradezu anzieht und ausbildet. Sie werden vielmehr geschützt, um diese Mitarbeiter und das "gute" Ansehen der Kirche nicht zu verlieren.



    Das Ansehen einer Kirche, die sich so lange sie nur konnte, gegen jegliche Frauen-, Menschenrechte und dDemokratie gestellt und nicht zuletzt den europäischen Faschismus in Italien, dem Deut. Reich, Spanien und Kroatien an die Macht gebracht hat...

    • 4G
      40401 (Profil gelöscht)
      @Konrad Born:

      Deutsche Katholiken wählten vor 1933 überwiegend die Zentrumspartei. Erst 1933, als der Strassenterror von rechts und links zu groß wurde, knickten die Wähler, z.B. in Bayern ein.