Sexismus-Debatte über Riesen-Gemälde: Nackte Frauen unterm Kaiser

Vier Jahre lang war es zugemauert, jetzt zeigt die Hamburger Kunsthalle ein Gemälde Hans Makarts wieder. Und lädt zur Diskussion, ob das gut ist.

Auf einem opulent gemalten Gemälde stehen viele Menschen, in der Mitte reitet Kaiser Karl V. auf einem Pferd, um ihn herum stehen nackte Frauen

Umstrittener Koloss in der Kunsthalle: Hans Makarts „Der Einzug Karls V.“ in Antwerpen Foto: Foto: Elke Walford © Hamburger Kunsthalle/bpk

HAMBURG taz | Dass es riesig ist, das größte Bild der Hamburger Kunsthalle, darüber wird sich sogar auf Twitter schlecht streiten lassen: Neuneinhalb Meter breit und über fünf Meter hoch ist „Der Einzug Kaiser Karls V. in Antwerpen“ des Malers Hans Makart (1840–1884): ein kolossales, üppig-pathetisches Gemälde-Spektakel.

Sowas war damals schwer angesagt, Makart war, während der dann sogar „Makart-Zeit“ genannten 1870er-Jahre, ein Kunst- und Dekorations-Superstar. Üppig waren seine Bilder, rauschhaft-sinnlich und immer ein bisschen theatralisch, Historienmalerei ins Dekorative gewendet: Den Einzug des Kaisers hat Makart mit italienischer Opulenz à la Rubens und Tizian aufgepimpt, lässt ihn von einer Menschenmasse in bunten Kostümen aus den verschiedensten Epochen begleiten, nackte Frauen stellen nicht nur – wie damals durchaus üblich – am Rand Allegorien dar, sondern werden ins Zentrum gerückt und dem Kaiser regelrecht unterstellt.

Sexistischer geht’s nicht, historisch falsch war es ohnehin. Das war schon seinerzeit vielen zu viel faschingshaftes Volksfest und Künstler-Selbstmarketing und skandalträchtige Nacktheit. Ein Skandal auch: Makart malte die Wiener Gesellschaft und auch sich selbst in den Umzug hinein.

Auch in Hamburg, wo das Bild seit 1881 in der Kunsthalle hing, nachdem hiesige Kunstfreunde es teuer gekauft hatten, fiel Makart in Ungnade. Während des Zweiten Weltkriegs wanderte das Bild ins Depot und blieb dort erst mal, weil es jetzt als Kitsch galt. In den 1970ern wurde die zerknitterte Leinwand teuer aufgebügelt, renoviert hing sie wieder von 1981 und 2016, bis der Koloss im Zuge der Grundsanierung kurzerhand eingemauert wurde – was wiederum für Diskussionen übers Verdecken in Ungnade gefallener Bilder sorgte.

Zeitgemäß nur mit Triggerwarnung

Jetzt ist das Ding wieder zu sehen, seit Oktober im Rahmen der Ausstellung „Making History – Hans Makart und die Salonmalerei des 19. Jahrhunderts“ – bis mindestens 2023 und seit März auch online. Diskutiert wird dabei auch wieder, jüngst zeitgemäß via Hashtag #MakartNow, darüber, wie das Bild heute einzuschätzen ist: „Was sagt Ihr zu der unverhohlenen Zurschaustellung nackter Frauen zu Füßen des Kaisers? Wie sollten Museen Eurer Meinung nach mit Werken wie diesem umgehen?“

Nach ihrer Meinung hat die Kunsthalle im Vorfeld ausdrücklich auch „bekannte Autor*innen, Fe­mi­nis­t*in­nen und Kunstwissenschaftler*innen“ gefragt. Ein paar Rückmeldungen sind schon da, nachzulesen unter www.hamburger-kunsthalle.de/makartnow.

Eine der prägnantesten Positionen trudelte gerade erst ein, von Dr. Reyhan Şahin aka Lady Bitch Ray: „Hans Makarts Bild steht im wahrsten Sinne des Wortes für imperialistische, cis männliche Dominanz, und das auf 50 Quadratmetern. Wenn dieses Bild sprechen könnte, hätte es uns vielleicht gesagt: Well I’m Makart Me, I got bitches galore/ You may have a lot of bitches but I got much more wie einst der Rapper Easy E., aber der kam zumindest von unten und kannte es als Gangster-Rapper nicht anders.“

Kein Plädoyer fürs Abhängen oder Zumauern, aber für eine Triggerwarnung, „vielleicht mit der Aufschrift: Vorsicht, dieses Bild enthält sexistische, klassistische und kolonialistische Elemente!“

Weiter geht die Diskussion jetzt auf Twitter. So viel ist aber schon mal klar: Um noch mal richtig Kunst-Superstar zu werden, dafür mangelt es Typen wie Makart heutzutage einfach an Likes.

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