„Sex and the City“ bekommt Neuauflage: Künftig nur noch als Dreier
SATC kommt zurück mit neuem Namen und Besetzung. Wir blicken nostalgisch auf die Kultserie zurück und mit gemischten Gefühlen auf das Reboot.
Es ist die Serien-Nachricht des Jahres: „Sex and The City“ kommt zurück. Für die Fans der Serie, die zwischen 1998 und 2004 lief, ist das eine große Freude: Endlich können sie wieder Carrie (Sarah Jessica Parker), Miranda (Cynthia Nixon) und Charlotte (Kristin Davis) durch ihr Leben in New York begleiten. Doch eine wird fehlen: Samanta (Kim Cattrall) wird nicht dabei sein. Und das ist nicht die einzige Änderung, die der Streaminganbieter HBO MAX bekannt gab. Künftig soll die Serie „And Just Like That“ heißen. Die zehn halbstündigen Episoden ab Frühling in New York gedreht werden sollen. Wir erinnern uns zurück an die Kultserie der 90er und sind gespannt was das Reboot zu bieten hat.
Nostalgie allein reicht nicht
Reboots haben es in der Regel schwer: Neue Zuschauer:innen locken sie nur selten an und die alten Fans sind meistens enttäuscht, weil nicht alles wie früher ist. Bei „Sex and The City“ wird das nicht anders sein: Bis heute können viele Fans die lustigsten Zitate auswendig mitsprechen, die wenigsten haben die Serie nur einmal gesehen. Doch wenn SATC heutzutage Erfolg haben will, muss sie sich radikal ändern. In den 90ern galt vieles, was in SATC gezeigt wurde, als Tabubruch. Schließlich ging es um Frauen, die über 30 Jahre alt waren (!), unverheiratet (!) und Sex aus Lust an der Freude oder eher aus Freude an der Lust (!) hatten – ohne sich dafür zu schämen.
Heute sind wir im Feminismus glücklicherweise etwas weiter, wodurch beim Rewatch der Serie schmerzlich auffällt, wie rückständig diese ist.Denn in 94 Episoden wird eine romantische Zweierbeziehung mit einem starken Mann als Ideal hochgehalten, rückständige Schönheitsideale werden propagiert und der Cast ist eigentlich komplett weiß, cis und hetero. Kommen LGBTIQ- oder BPoC-Charaktere vor, dann nur als Stereotype. Wie in der dritten Staffel, als Samantha in einer Episoden den Schwarzen Musikmogul Chivon (Asio Highsmith) datet. Der Sex ist gut, die Gespräche sind es auch – wäre da nur nicht seine Schwester, die nicht möchte, dass ihr Bruder eine weiße Frau datet. Samanthas ignorante „I Don’t See Color“-Attitüde wird jedoch am Ende nicht bestraft, sondern sie gewinnt gegen die Schwester, die lediglich als „Angry Black Woman“-Stereotyp fungiert.
Wenn das SATC-Reboot das gleiche Potenzial haben will wie in den 90ern und nicht nur aus Nostalgiegründen funktionieren soll, darf so etwas nicht mehr passieren. Stattdessen braucht es einen diverseren Cast, Erzählungen frei von Stereotypen und muss schließlich doch zurück zum Ursprung kommen. Nämlich: Freundinnenschaften feiern. Carolina Schwarz
Doch nicht so offen
Ja, SATC war für die Neunziger krass. Vier unabhängige Großstadtfrauen, die Sex haben und darüber gerne und viel sprechen. Carrie, Charlotte, Samantha und Miranda reden über Analverkehr, über Sex zu dritt, über Blowjobs, wie sich das kaum eine Serie damals traute. In SATC tauchten ganz selbstverständlich heterosexuelle und schwule Charaktere (leider ziemlich stereotyp) auf. Allerdings: Mit Bisexualität hatte man ein Problem.
In Staffel drei datet Carrie den zehn Jahre jüngeren Sean. Er ist ein fabelhafter Küsser und kann sogar Schlittschuhlaufen. Als sich Carrie und Sean über vergangene Beziehungen unterhalten, berichtet Sean ihr von Marc.Als sich Carrie am nächsten Tag mit ihren Freundinnen darüber unterhält, wird Seans Bisexualtät zum großen Problem gemacht. Carrie behauptet, Bisexualität existiere überhaupt nicht und sei nur ein Zwischenstopp auf dem Weg nach „Gaytown“. Am Ende, so schlussfolgert Carrie, landen die Männer immer bei Männern. Charlotte sieht in Bisexualität sogar eine große Bedrohung. Denn sie seien dafür verantwortlich, dass es keine verfügbaren Männer mehr in New York gebe. Selbst Samantha sieht in Bisexualität lediglich Experimentierfreudigkeit.
Wenigstens etwas: In einem Interview mit dem Wall Street Journal gab Hauptdarstellerin Sarah Jessica Parker 2018 zu, dass vieles an der Serie nicht so gelungen war. Heute wäre es eine „ganz andere Show“, sagte sie. Wir werden bei der neuen Staffel ganz genau hinschauen. Erica Zingher
Allen wollten Carrie sein – außer ich
Damals, als alle SATC guckten, gab es nur eine Frage: Und, wer bist du? Carrie, Miranda, Charlotte oder Samantha? Dabei war die Antwort eh klar: Alle wollten Carrie sein. Mit meinen blonden Locken und einigen Skills, die meine, höhö, Carrieere begünstigten – Modestudium, Rauchen, Kolumnen schreiben –, hörte ich jahrelang unzählige Carrie-Vergleiche, und das nervte mich beinahe so sehr wie die Hauptfigur selbst.
Denn ich wollte nie Carrie sein. Miranda, unbedingt, Samantha, ja bitte, Charlotte, meinetwegen, aber Carrie? Die jeden zweiten Satz mit „I couldn’t help but wonder...“ begann und mit Mr. Big eine ewige toxische Beziehung führte? Nein, danke. Da halfen auch ihre extravaganten bunten Kleider nicht, Carries Charakter blieb blass. Trotzdem liebe ich „Sex and the City“, und das liegt an den Nebenfiguren.
Man kann an der Serie rückblickend viel kritisieren: Zu unfeministisch, zu oberflächlich, zu beziehungsfokussiert. Aber die Szenen, die auch heute noch in Erinnerung bleiben, sind genau die, die dieses Muster aufbrechen. Als Miranda wütend abrauscht, weil ihre Freundinnen mal wieder nur über Männer sprechen, sie aber echte Probleme hat. Als die auf ihre Wirkung bedachte Charlotte sich ernsthaft auf Harry einlässt, obwohl er eigentlich überhaupt nicht ihr Typ ist. Als Samantha sich von Richard trennt, weil sie merkt, dass sie an der Beziehung zugrunde geht („Ich liebe dich, aber ich liebe mich mehr“). In der neuen Staffel wird Samantha nicht dabei sein. I couldn’t help but wonder wie das funktionieren soll. Franziska Seyboldt
Sex Wars
Wenn meine Freundin es sich nach einem harten Arbeitstag mit Warmgetränk und Snacks in unserem Bett gemütlich macht, um sich alte SATC-Folgen auf dubiosen Sendern reinzuziehen, dann ist für mich der Moment gekommen, eine dickes Buch, etwa über die Ethnogenese der Bajuwaren im fünften nachchristlichen Jahrhundert aus dem Regal zu holen und meinen Platz neben ihr zu beanspruchen. Ich richte es beim Niederlegen so ein, dass meine Freundin den Titel meines Buches lesen kann, sie stöhnt genervt auf und steckt sich widerwillig Kopfhörer rein; und ich tue so als ob ich lese.
In Wirklichkeit schaue ich natürlich rüber. Ich kann mich der so stummen wie nicht enden wollenden Suche nach einem merkwürdigen Mister Nice, die die Serie zu strukturieren scheint, einfach nicht entziehen. Und irgendwann halte ich es nicht mehr aus, ich will mithören, ich sage zu meiner Freundin, ich sei müde, sie könne jetzt ruhig auf laut schalten, das störe mich überhaupt nicht beim Einschlafen.
Aber ich schlafe natürlich nicht. Ich höre und sehe, wie Frauen, die beim Sex grundsätzlich ein Oberteil anbehalten, sich angeregt über den Geschmack von Sperma unterhalten. „Wie realistisch“, murmle ich, meine Freundin klappt den Laptop entschlossen zu und erinnert mich daran, dass wir in unserer Wohnung über ein sehr gemütliches Gästesofa verfügen.
„Sei doch nicht so empfindlich“, sage ich dann vielleicht und denke an die US-Talkshow, in der Skywalker-Darsteller Mark Hamill seine liebste Harrison-Ford-Anekdote von den Dreharbeiten zu Star Wars erzählt: Der junge Hamill machte sich Sorgen, ob nicht wenigstens sein Haar ein wenig verwuschelt sein müsste, nachdem er sich doch gerade aus einer dreckigen Raumschiffmüllpresse gerettet hat. Harrison Ford darauf mit Grabesstimme: „Hey kid – it ain’t that kind of movie. If people are looking at your hair, we’re all in big trouble.“
Und dann irgendwann schlafe ich tatsächlich wohlig ein. Und mein letzter Gedanke ist, wie ich beim Frühstück möglichst beiläufig frage, wie die Folge denn nun ausgegangen ist. Ambros Waibel
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