Senatswahlen in Georgia: Der Demokratie zum Sieg verholfen
Stacey Abrams kämpft seit Jahren dafür, dass die Stimme armer und Schwarzer US-AmerikanerInnen gezählt wird. Das hat sich jetzt ausgezahlt.
Warum hat Joe Biden im November in Georgia gewonnen, aber in Florida oder North Carolina verloren, wo Wahlforscher ihm viel eher einen Erfolg zugetraut hätte? Für Paul Krugman, den bekannten Kolumnisten der New York Times, lässt sich das in zwei Worten erklären: Stacey Abrams. Sie hat aus einer bitteren Wahlniederlage die einzig richtige Konsequenz gezogen: Beim nächsten Mal setzen wir alles daran, so viele unserer UnterstützerInnen wie irgend möglich für die Wahl zu registrieren und dann auch zur Stimmabgabe zu bringen.
Die heute 47-jährige Demokratin war von 2011 bis 2017 Fraktionsvorsitzende der Demokraten im Repräsentantenhaus von Georgia. 2018 trat sie als erste Schwarze Kandidatin für das Gouverneursamt in diesem Bundesstaat an. Und das mit einer progressiven Agenda, die sie in feurigen Reden propagierte: mehr soziale Gerechtigkeit vor allem für die Schwarze Bevölkerung, mehr Bildung und eine Reform eines Strafrechts, das überproportional Schwarze hinter Gitter brachte.
Sie scheute sich auch nicht, für das Recht von Frauen zu streiten, über ihren Körper selbst zu bestimmen. Kurz: Sie bot dem eher konservativen Mainstream und allem, wofür Präsident Trump in Washington und seine Anhängerschaft in Georgia standen, die Stirn.
Am Ende verlor sie denkbar knapp, mit 48,8 zu 50,3 Prozent gegen den konservativen Republikaner Brian Kemp. Kemp war vor der Wahl Secretary of State in Georgia, ein wichtiges Amt, in dem er für die Vorbereitung und Durchführung von Wahlen zuständig war. Ihm wurde vorgeworfen, vor der Wahl, in der er selbst kandidierte, ohne triftigen Grund 340.000 Menschen aus den Wählerlisten gestrichen zu haben. 50.000 Registrierungen vor allem Schwarzer WählerInnen habe er nicht bearbeitet.
Der Kampf hat sich gelohnt
Stacey Abrams nannte diese politischen Tricks „eine Erosion unserer Demokratie“ und gründete daraufhin Fair Fight Action. Ziel der Organisation war, ein Netzwerk von Gleichgesinnten zu knüpfen, um Hindernisse im Wahlrecht und im Wahlprozess zu beseitigen, die vor allem Ärmeren und Schwarzen die Stimmabgabe erschweren.
Vor allem wollte Fair Fight Action die Registrierung dieser Bevölkerungsgruppen zur Wahl mit Hochdruck vorantreiben. Dazu wurde ein Heer von Freiwilligen von Haus zu Haus geschickt. Viele an der progressiven Basis der Demokraten waren so von Stacey Abrams’ politischem Geschick angetan, dass sie sie gern als Kandidatin für Bidens Vizepräsidentschaft gesehen hätten.
Vor der Präsidentenwahl 2020 weitete Fair Fight Action ihre Arbeit auf 20 Bundesstaaten aus. In Georgia zahlte sich Stacey Abrams’ Beharrlichkeit aus: 800.000 neue WählerInnen wurden dort registriert und trugen zu einer Rekordwahlbeteiligung und am Ende einem knappen Vorsprung von 11.000 Stimmen für Joe Biden bei.
Auf Twitter schrieb Abrams: „Georgia, lasst uns all jene feiern, die sich die Füße wundgelaufen und den Wandel möglich gemacht haben.“ Das gilt jetzt auch für die Siege der neuen Senatoren Raphael Warnock und John Ossoff.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich