Segelregatta in Hamburg: Frauenpower an Bord

Der Helga Cup ist der weltweit größte Wettbewerb nur für Frauen. In einem männerdominierten Sport soll er ein Schritt zu mehr Selbstverständlichkeit sein.

Vier Frauen auf einem Segelboot

Reine Frauensache: Setzen des Gennakers beim Runden der Luvboje Foto: Sven Jürgensen

Sie heißen „Not only boy toy“, „Blond“, „Goldelsen“, „Kielbomben“, „Südseeperlen“, „Piraten Bräute“, „Sahneschnitten“ oder „Schleiperlen“. 62 Frauenteams – aus ganz Deutschland und je zwei aus Österreich und den USA – haben am Wochenende auf der Hamburger Außenalster mit der wohl weltgrößten Segelregatta für Frauen Geschichte geschrieben. Die ­Bo(o)tschaft: Wer segeln bisher vor allem als Sport mehr oder weniger kerniger Männer wahrgenommen hat, ist nicht auf der Höhe der Zeit.

Je vier bis fünf Frauen pro Team sind auf modernen Kielbooten vom Typ J70 und Seascape 24 auf drei Bahnen gleichzeitig um den ersten Helga Cup gesegelt. Wie bei der vor wenigen Jahren etablierten Segelbundesliga traten immer sieben (Seascape) oder acht (J 70) Teams auf gestellten identischen Booten gegeneinander an. Danach wurde reihum getauscht.

Als es am Freitag los ging, machte zunächst der kaum vorhandene Wind Probleme. Ohnehin ist die Außenalster mit ihren stark böigen und drehenden Winden ein extrem tückisches Revier. Am Samstag und Sonntag wehte der Wind aber stetiger. Die einzelnen Rennen sind nur 10 bis 15 Minuten lang. Gute Starts sind damit besonders wichtig. Danach eine solide Taktik und möglichst fehlerfreie Manöver. Dabei ist das reibungslose Zusammenspiel der vier- bis fünfköpfigen Besatzung die größte Herausforderung.

Nach insgesamt 72 Wettfahrten oder acht pro Team kam es Sonntagnachmittag zum großen Finale der sieben besten Teams. Bis dahin hatte das Team der 2. Bundesliga vom Hamburger Segel Club (HSC), das allein sechs seiner acht Wettfahrten gewonnen hatte, geführt. Doch über den Gesamtsieg entscheidet allein die Platzierung im Finalrennen.

Mit 32 blauen Flecken

Und hier gewann der Kader II des Deutschen Segler-Verbandes, also etablierte Leistungsseglerinnen aus anderen Bootsklassen, die bis dahin an sechster Stelle gelegen hatten. Ein sehr guter Start, eine sauberer erster Kreuzkurs und danach eine taktisch solide Verteidigung der Führung bei guter Bootsgeschwindigkeit bis zum Ziel. So war der Sieg Svenja Weger, Susann Beucke, Ann Kristin Goliaß und Nadine Böhm nicht mehr zu nehmen.

Natürlich sind Frauen schon immer gesegelt. Nur: „Der Helga Cup macht sie sichtbarer“, sagt Mona Küppers. Die 64-jährige Verwaltungsangestellte der Universität Duisburg-Essen ist seit November 2017 die erste Präsidentin in der hundertjährigen Geschichte des Deutschen Segler-Verbandes. Für Küppers, die auch Vorsitzende des Deutschen Frauenrates ist, macht der Helga Cup deutlich, „wie viele Frauen da sind“. In den männerdominierten Segelvereinen würden Frauen jetzt durch den Helga Cup mit neuer Selbstverständlichkeit betrachtet, so Küppers.

Mona Küppers

„Der Helga Cup macht die Frauen im Segelsport sichtbarer“

Benannt nach einem Boot, das den Vornamen einer Sponsorin trägt, hatte die erst vor wenigen Monaten – von einem Mann – entwickelte Idee des Helga Cups eine Dynamik entfacht, die alle überrascht hat. Erstaunlich viele Frauen im Alter von 17 bis 70 schlossen sich zu Teams zusammen, um Pinne und Schot ohne Männer in die Hand zu nehmen. Von der Ostsee bis zur Adria hatten sie die letzten Wochen für das immer größer werdende Event trainiert.

Anfängerinnen, Fahrtenseglerinnen, reaktivierte frühere Seglerinnen, Hochseecrews, aber auch Frauen aus der Segelbundesliga oder dem deutschen Olympiakader waren mit Begeisterung, Humor und Selbstironie dabei. „Hurra, wir kommen – mit 32 blauen Flecken, und auf jeden sind wir stolz!“, lautet etwa das Motto der Berliner „Gesinen“. Der FC St. Pauli gründete als erster deutscher Fußballklub eine Segelabteilung und meldete gleich zwei Teams (Sailing Paulas & Sailing Paulinas) zum Helga Cup. Motto: „Unser Herz schlägt backbord“.

Große Solidarität

Beeindruckend ist die Hilfsbereitschaft unter den Teams. So veröffentlichte das erfahrende HSC-Frauenteam Videotutorials, in denen die Manöverabläufe an Bord erklärt werden. Wie können sich die Frauen beim Halsen, Setzen oder Bergen des Gennakers koordinieren und mit kleinen Tricks ihre Performance verbessern?

Der veranstaltende Norddeutsche Regatta Verein hatte eigens schon im Februar zu einem Seminar geladen, bei dem die Wettfahrtregeln, die Psychologie von Segelwettkämpfen wie auch die Unterschiede zwischen den beiden Bootstypen erklärt wurde.

Am Sonntag nach der Preisverleihung wurde dann das siegreiche Team, wie auch bei männerdominierten Regatten üblich, ganz traditionell ins Wasser geworfen.

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